Text: David Schnapp | Fotos: Thomas Buchwalder
Termin im Tunnel. Morgens um neun Uhr fährt Guy Ravet in einen geheimnisvollen Tunnel im Gewerbegebiet von Martigny VS – die Zufahrt zum Fleischverarbeiter Mérat. Die Firma beliefert Gastronomiebetriebe, und der Koch aus der Romandie arbeitet schon lange mit den Profis aus dem Unterwallis zusammen. Der Tunnel ist die Zufahrt für Lieferfahrzeuge der Metzgerei, und Guy Ravet will uns heute interessante kulinarische Persönlichkeiten der Region vorstellen: Die erste davon ist der gut gelaunte Metzgermeister Joël Suter. Seit 2007 ist Suter «Directeur» von Mérat in der Romandie und ausserdem Erfinder von «Swiss Grand Cru». Damit wird Fleisch bezeichnet, das in Martigny nach allen Regeln der DryAgeTechnik reift. Dafür hat der enthusiastische Fleischfan einen eigenen «Trésor» – eine Kältekammer, in der Stücke vom Rind, Schwein und Kalb bei einer Temperatur von 1,5 Grad und 80 Prozent
«Konstant hohe Qualität.» Was dabei passiert, zeigt sich hier beispielhaft: Sind die Fleischstücke zu Beginn noch zartrosa gefärbt, liegen im «Trésor» am Ende des Prozesses Rindsnierstücke oder Kalbskoteletts in Reih und Glied wie sorgsam eingeordnete Bände in einer Bibliothek. Die Fettschicht ist in der Zwischenzeit fest geworden und hat sich gelblich verfärbt, das Fleisch schimmert dunkelviolett im matten Licht der eisigen Kältekammer. Sein Ziel sei eine «konstant hohe Qualität», sagt Joël Suter. Diese erreicht er natürlich durch den langsamen Reifeprozess, aber zuvor auch schon durch die Selektion: «Für Grand Cru verwenden wir nur weibliche Rinder. Deren Fasern sind zarter», erklärt der Chefmetzger.
Neuer Karriereabschnitt. Guy Ravet hat bis vor Kurzem mit seiner Familie das 19-Punkte-Restaurant Ermitage des Ravet in VufflensleChâteau VD geführt und übernimmt im Januar 2023 die kulinarische Leitung im SwissDeluxe Haus Grand Hôtel du Lac in Vevey VD. Lieferanten, die konstant beste Qualität in ausreichender Menge garantieren, sind für den Koch und Ambassador von Mercedes-Benz unverzichtbare Grundlage seiner Arbeit: «Auch bei einem grossen Unter nehmen kann ich Spitzenqualität bekommen, wenn es einen Joël Suter gibt, der sich intensiv darum kümmert.»
Steile Hänge. Mit dem legendären Mercedes-Geländewagen G63 geht es aus dem Mérat-Tunnel wieder hinaus und hinrauf zur Domaine Gérald Besse in Les Rappes VS. Die Familien Besse und Ravet verbindet eine langjährige Partnerschaft – eine Verbindung zwischen Keller und Tisch, wenn man so will. Im Betrieb, der seit Kurzem Biozertifiziert ist, hat mittlerweile Tochter Sarah die Verantwortung für die Weine übernommen. Die Domaine wird von GaultMillau zu den 150 besten Weingütern der Schweiz gezählt, und die 35-jährige Önologin zeigt uns in den steilen Hängen mit insgesamt 88 Kilometern Trocken mauern über Martigny, worauf es bei ihrer Arbeit ankommt.
«Alles Handarbeit.» «Bei einer Steigung von 40 bis 55 Prozent müssen wir fast alles in Handarbeit machen», sagt Sarah Besse. Auf den Granitböden entstünden dann feine, elegante Weine wie eine Petite Arvine mit einem trockenen, fast salzigen Aroma, «das sehr gut zum Essen passt». Aus insgesamt 30 Traubensorten keltert die Familie Besse 28 verschiedene Weine, beispielsweise einen ausgezeichneten Syrah, für den die Winzerin ein raffiniertes Reifesystem anwendet: «Ich arbeite mit verschiedenen älteren und jüngeren Eichenfässern, das ist für mich sehr wichtig. Die Weine liegen ein Jahr lang in den Barriques, danach entsteht die Assemblage, die vor der Abfüllung nochmals für ein Jahr im Stahltank bleibt. So kann sich der Geschmack in aller Ruhe verbinden und entfalten», sagt Sarah Besse.
Weiter nach Saillon. Mit zwei Flaschen Syrah Martigny 2019 «Les Serpentines» von der Domaine Gérald Besse geht es im Mercedes AMG G63 in der Sonderfarbe Classicgrau uni aus der G-Manufaktur weiter durchs Unterwallis nach Saillon VS. Im pittoresken mittelalterlichen Dorfkern an der alten Schlossmauer liegt das gemütliche Lokal «Le Nouvo Bourg» (16 Punkte). Küchenchef Grégoire Antonin war zuvor die rechte Hand des früheren 19-Punkte-Kochs Didier de Courten. In Saillon hat er ein neues Zuhause gefunden, wo er mit «vorwiegend lokalen und saisonalen Produkten» arbeite, wie er sagt.
Klischees im Wallis. Es mag ein (Deutschschweizer) Klischee sein, aber irgendwie scheint im französischen Teil des Wallis alles mit allem und jeder mit jedem auf sympathische Art verbunden zu sein. Antonin ist Mitglied von Les Grandes Tables de Suisse. Präsident der Vereinigung ist seit 2020 Guy Ravet. Das Entrecôte, das der «Nouvo Bourg»Küchenchef jetzt scharf anbrät, bevor er ihm ausreichend Ruhezeit gönnt, stammt natürlich aus dem «Trésor» von MératMetzgermeister Joël Suter. Ein Mittagessen ohne ein Glas Wein können sich in dieser Landesgegend nur Gäste aus Zürich erlauben. Zum Rindfleisch mit Topinambur, «Bouchon»Kartoffeln und Steinpilzsauce wird Syrah aus der Domaine Besse in Martigny ausgeschenkt.