Text: Kathia Baltisberger, David Schnapp, Daniel Böniger, Max Fischer
Daniel Amrein alias «Eigenbrötler» gehört quasi zum Inventar an der GaultMillau Garden Party. Jedes Jahr bringt er seine besten Brote zum Probieren mit. Die Loyalität geht so weit, dass er für die Ausgabe 2023 sogar seine Ferien abbricht. «Das macht mir gar nichts aus. Die Party ist ein Highlight. Hier treffe ich alle Köche, viele sind ja meine Kunden», sagt Amrein, der vor wenigen Tagen noch in den Weinbergen von Vully flanierte. Der Bäcker setzt nicht auf Altbewährtes, sondern entwickelt jedes Jahr ein Brot nur für die Party. «Neu habe ich ein Rotkornweizen und ein Gelbkornweizen-Ciabatta dabei, beide aus sehr alten Weizensorten.» Am Markt in Luzern, wo Amrein ein Star ist, verkauft er jede Woche 2000 Laibe Brot. Nach Bad Ragaz bringt er 30 Kilo Brot. Jedes ist mit Sauerteig gefertigt, einige brauchen noch «eine homöopatische Dosis Hefe». Damit alles frisch nach Bad Ragaz gelangt, muss man früh aufstehen. «Mein Sohn ist schon um 1 Uhr nachts aufgestanden. Ich bin etwa um 5 Uhr in die Backstube gekommen.» Diesmal musste er sogar noch etwas Zeit für eine Extra-Aufgabe einberechnen: «Ich habe mit einem Laser die Logos von GaultMillau und Eigenbrötler in die Brotlaibe eingraviert.» Grosses Bild oben: Das GaultMillau-Brot, Vater Rolf und Tochter Muriel Beeler am Käsestand.
Never change a winning Team. Unmittelbar neben dem «Eigenbrötler» hat Maître Fromager Rolf Beeler seine Käselaibe aufgestapelt. Zusammen mit Tochter Muriel und seinem Team präsentiert er eine Auswahl an Markt-Rennern sowie Neuheiten. «Mein Appenzeller darf natürlich nicht fehlen. Der ist fünf Jahre alt und wird aus Voll- und Rohmilch gemacht. Das schmeckt ganz anders als ein herkömmlicher Appenzeller», erklärt der Käse-Affineur. Zu den Neuheiten gehört zum Beispiel der Wiesenberg Ticino Style von Res Gut. Der Käser macht Sbrinz für Beeler, aber eben auch diese neue Delikatesse. «Der Käse hat eine graue Rinde aus Schimmel, weil er nicht gewaschen wird. So machen es die Käser im Tessin.» Apropos Schimmel: auch Schweizer Stilton führt Beeler im Sortiment. «Willi Schmid hat den Jersey Blue für mich etwas umfunktioniert und einen Stilton aus Rohmilch gemacht. In ganz England gibts keinen Rohmilch-Stilton.» Wer Käse von Rolf Beeler abseits der Garden Party möchte, sollte es auf einem Wochenmarkt versuchen. Beeler bietet seine Spezialitäten in Luzern, Zürich, Lenzburg, Aarau und Wettingen feil. Er selbst ist allerdings nur noch etwa einmal pro Woche auf dem Markt. «Ich werde nächstes Jahr 70!», sagt Beeler. Und wir notieren: Käse hält ganz offensichtlich jung.
Sebastian Titz ist der Mann für das «schwarze Gold» in Bad Ragaz. Kaviar von Oona aus Frutigen steht gut gekühlt und kiloweise im Kühlschrank bereit – acht Kilo werden am Ende des Tages gegessen worden sein. Oona Oscietra vom russischen Stör gibt es pur und als besondere Attraktion wird den Gästen um 14.30 Uhr auch noch «No 101 Limité» serviert – eine Rarität, die nur zwei bis drei Prozent der gesamten Oona-Produktion ausmacht. Dafür werden die Störe nach Grösse und Farbe sorgfältig selektioniert. Die dritte Sorte Kaviar – die Sorte Nummer 103 – serviert Sebastian Titz auf seinem Party-Klassiker, einer knusprigen Waffel mit Eigelbcreme. «Ich habe 600 Waffeln voraus produziert und dann nochmals 100 nachgebacken, damit es sicher genügend hat.» Aber Ausdauer hat Sebastian Titz. Seit der Pandemie läuft er Marathon, kürzlich hat er in Davos ein Rennen über 42 Kilometer, zwei Pässe und 1400 Höhenmeter gemacht: «Der schnellste Läufer war in drei Stunden im Ziel, ich habe sieben Stunden gebraucht, aber bin angekommen», sagt der Neo-Runner.
Dreierlei Lachs brachte Ronald Herculeijns von Swiss Lachs in Lostallo GR mit: «Von jeder Sorte sieben Kilogramm.» Die grosse Überraschung war der «Hot smoked spicy salmon» mit Cajun-Sauce. Alle wollten probieren. Er passe hervorragend zu einem Salat, sagt Herculeijns: «Anstelle von Thunfisch kann er bestens in einem Salat Niçoise verwendet werden.» Zudem servierte Swiss Lachs die traditionell kalt-geräucherte Variante und einen Graved Lachs. Nicht aus Norwegen oder Schottland: Alles 100 Prozent Swiss-made – ohne Antibiotika und Chemie. Und ohne Hormone und Mikroplastik. Und das Schönste: Er schmeckt ausgezeichnet! Gezüchtet wird der Lachs im bündnerischen Misox. Die Aquafarm ist einer der nachhaltigsten und saubersten Fischfarmen der Welt überhaupt. Das Wasser wird siebenfach filtriert, der Lachs wächst in frischem Bergwasser auf. Er belastet weder Umwelt noch Ökosysteme, er schädigt weder Meeresflora noch Meeresfauna. Und: Die geschlossene Kreislaufanlage von Lostallo schont die Ressourcen im besonderen Ausmass. Sie reduziert den Bedarf an Frischwasser auf lediglich noch zwei Prozent.
Der grosse Moment von Thomas Schreiner, dem Vice President des Champagnerhauses Laurent-Perrier in Deutschland, Österreich und der Schweiz, kommt schon am Morgen – noch vor dem offiziellen Party-Start. Nach dem Gruppenfoto mit allen Starchefs schenkt Schreiner allen Köchen ein Glas Grand Cuvée Itération 26 aus. Der Prestige-Champagner, der aus drei verschiedenen Jahrgängen von Chardonnay und Pinot Noir komponiert wird, hat erstmals überhaupt 100 Punkte im Wein-Rating von James Suckling erhalten. «Seither werden wir mit Bestellungen zugedeckt», erzählt Schreiner sichtlich erfreut. Die besondere Qualität dieses Weins sei unter andrem das intensive Aroma, «welches ohne die Verwendung von Barriques als Geschmacksverstärker zustande kommt.» Freude hat Schreiner aber auch an seinen beiden Botschaftern: «Mit Silvio Germann und Christian Kuchler arbeiten wir aktiv zusammen, denn der Grand Siècle ist unser wichtigstes Thema für die nächsten Jahre.»
Mineralwasser und stilles Wasser in Flaschen aus der ganzen Welt importieren – das war gestern. Das innovative Lausanner Unternehmen BE WTR zaubert aus jedem lokalen Hahnenwasser erfrischend kaltes Wasser mit und ohne Kohlensäure. «Das ist nachhaltig und erst noch gesund», sagt Sales- und Marketing-Manager Marc Kälin. «Wir filtern mit unserem System Mikroplastik und Pestizide heraus.» Der Frischekick: Das Wasser rauscht nach dem Filtern durch den Hahn, wo 18 Mikrodüsen und eine Turbine für den gleichen Effekt wie beim Herabstürzen eines Wasserfalles sorgen. Für die Garden Party haben die Daniel Düsentriebs von BE WTR im Grand Resort 600 0,75dl-Flaschen ohne und 900 mit Sprudel abgefüllt. BE WTR gibt es erst seit drei Jahren – doch bereits 250 Restaurants und Hotels in der Schweiz servieren ihren Gästen das besondere Wasser. Auch der «Bernerhof» in Gstaad: «Das Wasser ist lokal, sehr erfrischend und wir schonen die Umwelt», sagt Chef Thomas Frei an der Garden Party. Bald werden die Lausanner im Grand Resort Bad Ragaz zwei Anlagen installieren. Der Clou: Die Anlage sieht erst noch stylish aus. Designer ist Antoine Cahen, bekannt von Nespresso.
Die fruchtig-würzigen Biere aus dem belgischen Kloster Grimbergen waren bei den Rekordtemperaturen in Bad Ragaz besonders gefragt. «Vor allem weil sie hervorragende Begleiter zu exquisiten Gerichten sind», sagt Bier-Sommelier Claude Preter. Zum Zitronen-Risotto von Rico Zandonella empfahl er den Gästen ein «Blanche» – mit seinen Koriander- und Bergamotten-Aromen die ideale Ergänzung. Zur Curry-Wurst von Markus Stöckle passe ein «Rouge» – ein fruchtiges Bier mit dem Geschmack von Erdbeeren, Johannisbeeren und Cranberries. Die Grimbergen-Biere haben es auch Mike Wehrle angetan. «Wir werden das Blonde in unser Angebot aufnehmen», verspricht der Corporate Culinary Director of the Bürgenstock Collection an der Garden Party. Es passe hervorragend zu den asiatischen Gerichten im «Spices». «Es sorgt für einen Cut und bereitet auf den nächsten Biss vor», fiindet er. An der Garden Party schenkte Grimbergen gegen 200 Liter Bier aus – Spitzenreiter waren «Rouge» und «Blanche».
Zwei Schweizer Unternehmen mit weltweiter Bekanntheit sorgten bei den Gästen für kleinere und grössere Genusspausen zwischendurch und haben den gleichen Botschafter: Heiko Nieder vom «Dolder Grand» in Zürich. Nespresso, der Kaffeeproduzent aus der Westschweiz (an der Party mit dabei: Commercial Director Hervé Bellin) offerierte neben zahlreichen Espressi auch «Iced Coffees» – was perfekt zur sonnigen Witterung passte. Und fast noch beliebter: Die auf Kaffee basierenden Cocktails namens «Ness Colada» oder «Espresso Tonic mit Wassermelone», welche Barkeeper Hassouna Mejri effektvoll im Shaker mixte. Davidoff hatte den grossen Humidor im Gepäck – und verteilte an interessierte Genussraucher köstliche Zigarren. Auf Wunsch mit Schere oder mit Bohrer präpariert. Gefragt waren laut den Mitarbeiterinnen von CEO Beat Hauenstein am späteren Nachmittag zunehmend die «Stundenzigarren», für die man sich etwas mehr Zeit nimmt. Wann findet eigentlich Starchef Heiko Nieder, Botschafter für beide Häuser, die Musse für eine gemütliche Rauchpause? Er geniesse Zigarren gerne in den Ferien: «Und dann nimmt meine Frau gern auch mal den einen oder anderen Zug davon.»
Den heissesten Job des Tages hat Christian Kuchler gefasst: Hinter dem Azado-Grill, der mit glühender Holzkohle gefüllt ist, wird es gefühlte 50 Grad heiss. Mit feuerfester Schürze geschützt legt der 18-Punkte-Chef aus dem «Schäfli» im thurgauischen Wigoltingen nun sein Piri-Piri-Poulet auf den massiven Rost. «Die Maispoularden-Brust marinieren wir mit Chili, Paprika und Knoblauch, dann wird sie sous-vide gegart und schliesslich auf dem Grill fertiggebraten», erklärt Kuchler. Der zweite Grillmeister des Tages steht an einem «Oklahoma Jack», dem klassischen texanischen Smoker: Renato Wüest, langjähriger Executive Chef im Grand Resort Bad Ragaz, hat 25 Kilogramm Rindsfilet und «300 Chiliwürste von meiner Hausmetzgerei Kalberer in Wangs SG» bereitgelegt und bereitet sie jetzt auf dem Dampflok-artigen Grill zu. «So bekommt das Fleisch ein schönes Grillaroma», sagt der Küchenchef, der demnächst in Pension geht.
Das Beste kommt zum Schluss. Und beim Dessert wird an der GaultMillau Garden Party nicht gespart. Lisa Oestreich ist im «Igniv» im Grand Resort die Frau fürs Süsse. Und auch auf dem Grün läuft die gelernte Bäckerin und Pâtisserie-Autodidaktin zu Höchstform auf. Sie serviert ein Erdbeer-Tartar mit einem Mousse und einer Sauce aus Holunderbeeren. Dazu gibts Perlen aus Sauerklee. Sie richtet allerdings nicht selbst an. «Ich habe meine Arbeit abgegeben», sagt sie und lacht. Und zwar an Joël Ellenberger, ihren Chef im «Igniv». «Ich arbeite gerne in der Pâtisserie», sagt Ellenberger. «Aber zwei bis drei Wochen reichen mir auch.» In den letzten zwei Wochen musste das «Igniv»-Team vermehrt das Tages-Mise-en-Place für Lisa stellen. «Ich war ununterbrochen mit dem Candy Store beschäftigt», sagt sie. Und ein Blick nach rechts bestätigt: Der Aufwand für diesen Wagen voller Süssigkeiten ist beeindruckend. Und noch einen Schritt nach rechts wurde die Schlange immer länger. Am Glace-Stand von Kalte Lust herrschte am Nachmittag Grossandrang. Auch dieses Jahr gibt's neue Highlights aus Olten. «Die Kornelkirschen wachsen wild und überall. Wir haben eine Frau, die sie sammelt und uns bringt», sagt Florian Stähli von Kalte Lust. Die Garden Party ist auch Ort für Networking. «Vor einem Jahr habe ich Dominik Hartmann vom «Magdalena» kennengelernt. Daraus ist eine Kooperation entstanden»: Sanddorn-Aprikosen-Sorbet mit Miso-Karamell!
>> Fotos: David Künzler, Thomas Buchwalder, Olivia Pulver, Adrian Bretscher