Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Ilja Röthlisberger und Olivia Pulver
Dienstreise nach Spanien. Die Extremadura ist eine Region in Spanien. Sie liegt südöstlich von Madrid, grenzt an Portugal. Und sie ist das Reiseziel von Lucas Oechslin und Marco Tessaro. Die Inhaber der Online-Metzgerei Luma Delikatessen wollen stets ganz genau wissen, woher ihr Fleisch kommt und wie es produziert wird. Deshalb reisen sie immer wieder mal nach Spanien und besuchen ihre Produzenten. Diesmal haben sie vor allem ein Ziel vor Augen: Pata Negra. Es gilt als das beste Schweinefleisch der Welt. Die Art und Weise, wie die Tiere gezüchtet werden, ist aussergewöhnlich und beeindruckt die Fleischexperten immer wieder aufs Neue.
Fast «Wildschweine». Lucas und Marco reisen über Madrid nach Badajoz. Die Stadt zählt 150’000 Einwohner. Doch das Gebiet drum herum besteht aus weiten Ebenen, besetzt mit unzähligen Steineichen. «Wir beziehen unser Fleisch über ein Schlachthaus in der Region. Dieses Schlachthaus wiederum bezieht das Fleisch von verschiedenen Kleinbauern», erklärt Lucas Oechslin. Auf ihrer Dienstreise nach Spanien besuchen sie den Hof der Familie Mendez Boza. Die Schweine leben nicht in einem Stall, sondern in den Eichelhainen. «Auf einer Fläche von 300 Hektaren leben vielleicht 100 Schweine», stellt Oechslin beeindruckt fest. «Irgendwo hat es schon einen Zaun, aber darin können sie sich frei bewegen. Sie leben fast wild.»
Strenge Kontrollen. Damit sich die Tiere wohl fühlen, brauchen sie Platz, ein Wasserloch, um sich zu suhlen, und die richtige Nahrung. Dass die Iberico-Schweine unter den Eichen gezüchtet werden, kommt nicht von ungefähr. «Die Eicheln sind das Hauptnahrungsmittel der Schweine, das Fleisch kriegt dadurch diesen unvergleichlichen, nussigen Geschmack», sagt Oechslin. Natürlich gibt es bei der Qualität grosse Unterschiede. Und gerade für die höchste Qualitätsklasse Ibérico de Bellota gelten besonders hohe Standards, die streng kontrolliert werden. Mindestens 40 Prozent ihres Körpergewichts müssen sich die Schweine durch Eicheln anfressen. «Jedes Jahr kommt ein Kontrolleur und begutachtet die Eichen und wie viele Eicheln sie produzieren. Je nach Ertrag dürfen mehr oder weniger Schweine auf die Fläche», haben Oechslin und Tessaro gelernt.
Im Einklang mit der Natur. José Manuel Mendez Boza ist fast mehr ein Förster als ein Schweinezüchter. Er kümmert sich vor allem um die Bäume und sorgt so für einen hohen Ertrag. «Aber eigentlich haben die Pata-Negra-Züchter gar keinen Drang, den grossen Profit zu machen. Sie leben sehr einfach und im Einklang mit der Natur. Man hat fast den Eindruck, die Zeit sei hier stehengeblieben», sagt Oechslin – und meint das nicht im geringsten negativ. Die Schweine selbst brauchen nicht so viel Aufmerksamkeit wie unsere Hausschweine, müssen nicht jeden Tag gefüttert werden – das machen sie ganz alleine. «Die Iberico Schweine sind bei José trotzdem sehr zutraulich. Wenn er ruft, kommen sie sofort angerannt. Bei uns waren sie eher noch etwas verhalten», so Oechslin.
Pluma & Secreto. Bellota-Schinken vom Iberico-Schwein ist weltweit bekannt. In der Online-Metzgerei von Luma gibt es noch viele weitere Stücke. Oechslin verrät seine Favoriten: «Ich empfehle Pluma, einen Cut aus der Schulter. Das Secreto ist ein Stück, das man hier noch kaum kennt, aber in Spanien oft gegessen wird. Der Hals vom Pata Negra hingegen eignet sich hervorragend als Braten.» Weil die Iberico-Schweine so viele Eicheln fressen, weist das Fleisch einen hohen Fettgehalt auf. Der Schmelzpunkt ist sehr tief. Pata Negra ist auch viel dunkler als herkömmliches Schweinefleisch. «Man darf das auf keinen Fall durchbraten, das Fleisch muss innen noch rosa sein», sagt Oechslin. Optimale Kerntemperatur: zwischen 54 und 60 Grad.