Fotos: Olivia Pulver
Das regionale Halbfinale. Es ist eng in der Schulungsküche im «Das Morgen» in Vitznau. Dutzende Menschen versuchen einen Blick auf die zehn Talente zu werfen, die bei der aktuellen Ausgabe von «S.Pellegrino Young Chef» teilnehmen. Es ist das regionale Halbfinale mit teilnehmenden Köchinnen und Köchen aus der Schweiz, Belgien und Luxemburg. Zehn Chefs, aber nur einer oder eine wird es am Ende an das grosse Finale in Mailand schaffen.
Storytelling first. Der Kochwettbewerb, der alle zwei Jahre von S.Pellegrino durchgeführt wird, ist etwas anders als andere Wettbewerbe. Hier zählt nicht nur der Geschmack. Storytelling wird unglaublich grossgeschrieben. S.Pellegrino hat sich «Sustainability» auf die Fahne geschrieben. Aber nicht nur. «Es geht auch um Kreativität, Personality und die angewandten Techniken», sagt Manon Schenck von «La Table de Manon». «Das Marketing für das eigene Gericht ist viel wichtiger als bei anderen Wettbewerben. Wir bewerten die Talente ab dem Moment, wenn sie vor uns stehen und ihre Gerichte präsentieren», ergänzt Christian Nickel, Executive Chef im Park Hotel Vitznau
Schwierige Aufgabe. Schenck und Nickel sind nicht die einzigen, die die Gerichte bewerten müssen. Mit ihnen in der Jury sind auch Franck Giovannini, 19-Punktechef im Restaurant de l'Hôtel de Ville de Crissier, Silvia Manser, 17-Punktechefin in der «Truube» in Gais und Thijs Vervloet, 2-Sternechef im «Maison Colette» in Belgien. Die Aufgabe, die ihnen bevorsteht, ist keine einfache. Franck Giovannini kämpft sich zwischen den Kochstationen durch. «Es ist sehr schwierig, jetzt schon zu erkennen, wer Favorit ist. Die Kandidaten sind frei in der Wahl der Gerichte. Das macht es für uns sicher noch schwieriger zu bewerten», so der Starchef, der auch bei anderen Wettbewerben in der Jury ist.
Inspiration. Die Veranstalter von «S.Pellegrino Young Chef» wollen den Teilnehmenden bewusst keine Vorgaben machen. Sie sollen sich und ihre Überzeugungen frei ausdrücken können. Emmanuel Sargenti Rojas vom «Orsini» in Zürich lässt sich von seiner Mutter und seiner Grossmutter inspirieren. Clementine Perradin von der «Pinte des Mossettes» holt sich nicht nur die Ideen aus der Natur, auch die Zutaten sind aus dem Restaurant-Garten. Der Luxemburger Davide Calabrese liess sich offenbar vom Frühling inspirieren. Er serviert der Jury ein Gericht mit Spargel und Rhabarber – und das im November. «Rhabarber im November zu bestellen, ist gar nicht so einfach», sagt Christian Nickel, der für die Organisation der Produkte verantwortlich ist.
«Muss man aushalten.» Doch egal, woher die Köche und Köchinnen ihre Inspiration oder ihre Produkte haben, in der Küche schaut zunächst alles wie gewohnt aus. In den Töpfen blubbert es. Hier werden Fonds angesetzt, Saucen einreduziert, Pilze geraffelt und blanchierte Kohlblätter auf die perfekte Grösse geschnitten. Der Unterschied: Man steht unter ständiger Beobachtung. Influencer filmen mit ihren Handys in die Töpfe, Köchinnen und Köche beäugen das Tun der Nachwuchsköche und Journalisten und Journalistinnen wagen es, auch in brenzligen Situationen noch Fragen zu stellen. «Das muss man aushalten und ein Stück weit auch ausblenden», sagt Silvia Manser.
Vegi, vegi und eine Taube. Aushalten muss man auch das Urteil der Jury. Das ist zwar überwiegend wohlwollend, doch manchmal auch kritisch. Einige Gerichte sind der Jury zu simpel, andere zu bitter oder überwürzt. Auffallend ist: Es wird so wenig Fleisch verwendet wie noch selten an einem Wettbewerb. Als Tamas Czegledi (Olivo Luzern) seine Taube serviert, bemerkt 2-Sternechef Thijs Vervloet trocken: «Schön, dass wir zwischendurch auch mal ein Stück Fleisch kriegen.» Am Ende stellt sich aber die Frage: Welches Gericht und welche Geschichte dahinter hat die Jury am meisten überzeugt?
Mahler & Garcia. Diese Frage wird in gewohnter S.Pellegrino-Manier genüsslich hinausgezögert. Erst durften 18-Punktechef Patrick Mahler («Focus») und sein ehemaliger Schützling Raul Garcia (Finalist 2023) den geladenen Gästen ein Vier-Gang-Menü servieren – Raul kochte sein Finalgericht Zander, Artischocke und Muscheln. Erst ganz am Ende wurde der Sieger verkündet: Theo Kopp aus Luxemburg gewinnt das regionale Finale mit einem einfachen Gericht: Potée Lorraine – ein Eintopf mit allem, was das Schwein so hergibt. «Es war eine sehr klare Entscheidung», sagt Christian Nickel. Interessant: Kopp kocht noch gar nicht so lange. Ursprünglich ist er nämlich Ingenieur und entschied sich vor drei Jahren auf Reisen mit dem Kochen zu beginnen. Solche Geschichten werden eben nur beim «S.Pellegrino Young Chef» geschrieben.