Text: GaultMillau Schweiz I Fotos: Severin Bigler, HO

Klinik mit Restaurant. Das gab’s noch nie in der Schweiz: eine Klinik für Dermatologie und plastische Chirurgie, die ein eigenes Gourmetrestaurant betreibt. Das «Skin’s» auf dem Gelände der früheren Konservenfabrik Hero in Lenzburg ist eine bemerkenswerte Neueröffnung, ein Restaurant von zeitgemässer Eleganz, in Grün- und Schwarztönen gehalten und mit dem konservierten Charme der Industrieatmosphäre. Die Küche ist gross und sauber wie ein Operationssaal.

Skin's – the Restaurant in Lenzburg, In der Küche

Geschmackliche Perfektion: Chef Kevin Romes und sein Team überzeugen im «Skin's».

Gericht: Bao Bun mit Bimi und Mini-Shrimps

Einflüsse aus aller Welt: Bao-Buns mit Krustentier-Mayonnaise und knusprigen Mini-Shrimps.

Seltene Perfektion. Chef Kevin Romes hat auf der halben Welt bei Starchefs gearbeitet, auch sein kleines Team kommt aus Top-Häusern. Das Ergebnis eine selten gesehene technische und geschmackliche Perfektion bei einem Premiere-Menü. Schon die ersten Kleinigkeiten – Häute von Rind, Huhn und Zuckerschote, kraftvoll gefüllt und belegt – sind Preziosen moderner Kochkunst. «Einflüsse aus aller Welt» werden versprochen, das Ergebnis ist teilweise aber eine etwas wahllose Beliebigkeit. Zur zart-süssen Languste aus Brasilien, gibt es eine harmonische japanische Bouillabaisse mit Miso, eine Gemüserolle mit wildem Broccoli und à part einen Bao-Bun mit Krustentier-Mayonnaise und knusprigen Mini-Shrimps. So gut das alles im Einzelnen ist, inhaltlich wirkt es – abgesehen vom weiten Begriff «asiatische Küche» – etwas unentschlossen.

Blick ins neu eröffnete Restaurant "Skin's" bei Skinmed AG in Lenzburg, am 20. Mai 2022.

Zeitgemässe Eleganz: Das «Skin's» auf dem Gelände der ehemaligen Konservenfabrik überzeugt mit der Küche und mit Charme.

Aargauer Karotte und Saibling. Die geschmorte Kartotte – Willkommen im Aargau! – wird begleitet von einer knusprigen Kugel mit asiatischer Nudelsalat-Füllung, einem Rüeblitatar und Kräutercreme und auch hier fehlt der Zusammenhang. Stimmiger ist der Saibling aus Bremgarten: gerollt, flüssig gebeizt, und kombiniert mit Apfel-Meerrettich-Eis und einer kraftvollen Tomaten-Kräuter-Sauce. Dass man im ersten Menü keine zu grossen Risiken bei der Zubereitung eingehen will, ist nachvollziehbar. Dennoch wirken manche Gerichte schon fast zu steril und perfekt. Die Anstrengungen gehen vor allem in die makellose Präsentation, gekocht wird «auf Sicherheit». Zwei dünne Scheiben gedämpfter Zander, makellos gehüllt in Zanderfarce und Mangoldblatt, gibt es mit einer wunderbaren Beurre blanc, angereichert mit Salzzitronen und Fenchel. Und der Luma-Schweinenacken ist sous-vide vorgegart und wird nur so kurz auf den Grill gelegt, dass davon kaum etwas zu schmecken ist. Dazu gibt es einen angenehm leichten Röstzwiebeljus und einen «Baked Potato», gefüllt mit Zwiebeln und Speck.

Starke Desserts. Geschmacklich, das ändert sich während des ganzen Menüs nicht, ist das durchs Band herausragende Arbeit und verdient 15 Punkte zum Start. Der Käsegang mit Rolf Beelers pfeffriger «Beelerknolle» und einer Art Bloody-Mary-Dekonstruktion mit Gemüse und Tomate ist ebenso stark wie die beiden Desserts von Patissier Alexander Fink – Variation von Holunder und eine hochästhetische vertikale Konstruktion aus Butterkeks mit Walderdbeeren. Am Ende wünscht man sich – sowohl im übertragenen Sinn als auch tatsächlich – etwas mehr Hitze in der Küche und teilweise etwas mehr Sinnhaftigkeit bei der Konstruktion einzelner Gerichte.

 

>> www.skins-restaurant.ch/