Text: Isabel Notari | Fotos: Kurt Reichenbach

Er ist ein Bild von einem Sportler, ein Modellathlet. 193 Zentimeter, 79 Kilogramm, extrem definierter Body, markante, schöne Gesichtszüge, klarer Blick, blitzend weisse Zähne: Das ist Kariem Hussein, der Leichtathletikstar aus dem Thurgau, der 2014 Europameister über 400 Meter Hürden wurde. Im Jahr 2018 hat er das Medizinstudium abgeschlossen, heute arbeitet er in einer Sportarztpraxis in Zürich. Eine grosse muskuläre Verletzung beschäftigt den 34-Jährigen seit Jahren. Aber zurückschauen und Trübsal blasen ist nicht Kariem Husseins Art. Er arbeitet hart daran, auf das erforderliche Niveau für die Olympischen Spiele in Paris zu kommen. «Es geht immer weiter im Leben», sagt er und packt in der Küche im Haus seiner Mutter, wo er aufgewachsen ist und wo er sich gerne am Wochenende aufhält, wunderschöne Lachsstücke aus. Kariem kocht für sich selber sehr gesund. Heute auf dem Menüplan: Fisch und Gemüse, möglichst «lean». «Das ist genau mein Ding», sagt der Sportler und schnibbelt Zucchetti, die er in Olivenöl anbrät, gibt Belugalinsen ins kochende Wasser, hackt Petersilie und Nüsse für ein Pesto. 

Kariem Hussein, ist Essen für Sie Genuss oder Pflicht?
Natürlich ist es für mich oft Zweck. Ich mag es, wenn die Gerichte «lean» sind: mageres Fleisch, Fisch, Gemüse, Linsen. Mir schmeckt das, weil ich das Gefühl habe, dass das meinem Körper guttut. 

Weiss das jeder Sportler?
Natürlich, aber auch wer keinen Spitzensport betreibt, kann und sollte auf seinen Körper hören. Der weiss nämlich ganz genau, was er braucht.

Schlagen Sie nie über die Stränge?
Wenn ich Lust auf Pizza, Pasta oder Zucker habe, gönne ich es mir. Da schränke ich mich nicht ein, das käme mir nicht in den Sinn. Aber ungesunde Nahrung reizt mich eher selten, vor allem nicht in intensiven Trainingsphasen. Es ist eben auch ein Lifestyle, auf seinen Körper zu hören. Wichtig ist, dass man herausfinden möchte, was dem Körper guttut: Wie fühlt man sich nach dem Essen? Und nicht: Worauf habe ich vor dem Essen Lust?
 

Gourmetinterview mit Kariem Hussein

Lachs, Linsen, Gemüse & Petersilienpesto. Kost, die «lean» ist, ist genau nach Kariems Geschmack.

Klingt nach viel Disziplin, das kann bestimmt nicht jeder durchziehen.
Disziplin braucht es sicher. Es kommt darauf an, wo man steht. Hat man sich bis anhin nur von Burgern und Fertig- oder Fastfoodgerichten ernährt, dann wird es schwierig. Aber wer mal zwei, drei Wochen bei gesunder Ernährung durchhalten kann, hat danach normalerweise gar keine grosse Lust mehr auf ungesundes Essen.

Die Badesaison kommt bald. Ist es denn überhaupt möglich, seinen Body bis zum Sommer noch in Form zu bringen?
Natürlich kommt es auf die Ausgangslage an. Aber innerhalb von ein paar Monaten kann schon einiges rausgeholt werden. Kurzfristig hat vor allem das Entwässern grossen Einfluss auf einen definierten Body. Aber: Wer sich schon die Mühe nimmt und auf den Sommer hintrainiert, sollte am besten dranbleiben. Das Stetige ist halt immer besser.

Was kann man denn konkret tun?
Die Basis ist immer gleich, ziemlich banal: auf die Ernährung achten und trainieren. Den Körper zu definieren, heisst ja, Muskeln aufzubauen. Also trainieren und genügend Makronährstoffe wie Proteine und gesunde Fette und Kohlenhydrate – wenn man mag – zu sich nehmen.  

Lohnt es sich, Hilfe beim Coach zu holen?
Wenn man nicht mehr weiterweiss, auf jeden Fall. Ich bin ein grosser Fan von Zielen und abgeleiteten Massnahmen, Plänen und Prozeduren. Und die müssen nicht kompliziert sein. Viele Tipps kann man sich ja auch aus dem Internet holen.

Warum bleibt es denn bei vielen trotzdem nur beim Neujahrsvorsatz?
Einige verlieren sich wohl, weil sie zu vieles ausprobieren wollen – all diese Diäten und Ernährungstrends, die jeder kennt und weiterempfiehlt. Am besten, man fängt einfach mal an. Ich kenne niemanden, der sein Ziel nicht erreicht, wenn er auf seine Ernährung achtet und regelmässig trainiert. Es ist unmöglich, dass das nichts bewirkt.
 

Gourmetinterview mit Kariem Hussein

Der Sportler im Garten seines Elternhauses.

Gourmetinterview mit Kariem Hussein

Linsen gehören zu Kariems Lieblingsspeisen.

Gourmetinterview mit Kariem Hussein

Kariem und einige seiner Autogrammkarten.

Die Ernährungsumstellung hat also Prioriät?
Ich verstehe, dass es im hektischen Alltag nicht immer einfach ist, sich total gesund zu ernähren. Aber ich finde, dass es heutzutage fast keine Ausreden mehr gibt, um sich nicht gesund zu ernähren. Überall kann man sich beispielsweise Poke Bowls holen, beim Detailhändler genauso wie im Bioladen. Es braucht nicht jeden Tag Fleisch oder Fisch. Und Gemüse, Reis und Kartoffeln sind auch für ein kleineres Budget erschwinglich.

Sind Sie ein Kalorienzähler?
Nein, ich habs nur mal aus Interesse gemacht. Was ich hingegen zähle, sind Proteine, damit ich auf 2 bis 2,5 Gramm pro Kilo Körpergewicht komme. 

Was kommt bei Ihnen täglich auf den Tisch?
Gerne zum Zmorge vier Eier, weich gekocht, als Spiegelei oder Rührei gebraten, das geht am schnellsten. Haferflocken gehören auch zum Frühstück, obwohl ich zurzeit sonst kein Getreide esse. Und dann gibt es jeden Tag Gemüse, Linsen, Kartoffeln und einmal Fleisch oder Fisch.

Vegan ist kein Thema?
Ich habe es mal einen Monat lang ausprobiert. Nach zwei Wochen konnte ich Fleisch nicht mal mehr riechen, mir wurde regelrecht übel. Und ich habe mich gefragt: Ist es überhaupt erstrebenswert, kein Fleisch mehr zu vertragen? Ich denke, die Ernährungweise hat auch mit der DNA zu tun. Klar verändert sich der Körper, aber es sind langsame Prozesse, wir sind seit Hunderttausenden von Jahren geprägt, auch von tierischen Produkten – je nach Region. Vegane Ernährung erachte ich als sehr komplex. Und ich sehe keinen Lifestyle darin, auf tierische Produkte zu verzichten und dann zu supplementieren. Diese Philosophie geht für mich nicht auf. Was für mich aber Sinn ergibt, sind vegane Phasen.
 

Gourmetinterview mit Kariem Hussein

Am Wochenende ist Kariem gerne im Haus seiner Mutter im Thurgau. Da kommt auch seine Schwester mit ihren Töchtern vorbei.

Trinken Sie Alkohol?
Nein, obwohl mir bewusst ist, dass ein Glas Wein nichts anrichtet, ist es für mich einfach eine Lebensüberzeugung. Mein Vater ist Ägypter, meine Mutter Schweizerin; ich bin muslimisch und reformiert aufgewachsen, habe das natürlich auch mit dem Glauben mitbekommen. 

Aber es stört Sie nicht, wenn die anderen am Tisch Alkohol konsumieren?
Aber nein, überhaupt nicht. Ich habe jeweils eher das Gefühl, dass es die anderen stört, wenn ich nichts trinke. 

Fasten Sie an Ramadan?
Wenn es zeitlich passt. Das Problem ist aber nicht der Verzicht aufs Essen oder Trinken, sondern der Schlafmangel. Dieses Jahr findet der Fastenmonat Ramadan im März und April statt. Das funktioniert für mich, fühlt sich fast schon wie Intervallfasten 16:8 an, was ja gerade sehr im Trend ist. 

Haben Sie oft Gäste?
Nicht in meiner Wohnung in Zürich. Die vielen Leute in der Wohnung und das Gelage in der Küche ... (lacht) Mit Gästen gehe ich viel lieber auswärts essen. Entweder im Restaurant, oder ich verlege das Essen zu meiner Schwester, die eine exzellente Gastgeberin ist.