Text: David Schnapp | Fotos: Rémy Steiner
Geniesser unter sich. Es ist die wohl überraschendste Restaurant-Eröffnung des Jahres in Zürich: Der frühere Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand und heutige Vizepräsident des weltgrössten Vermögensverwalters BlackRock, hat zusammen mit Gastronom Rudi Bindella das charmante Ristorante Zafferano am Limmatquai entworfen. So ungewöhnlich die Paarung auf den ersten Blick ausschaut, ist sie allerdings gar nicht. Die beiden Geschäftsleute und Geniesser kennen sich schon einige Jahre freundschaftlich, bei den Gesprächsthemen hat man sich schnell gefunden: Ökonomie, Essen und Wein vor allem.
Zeit für Geduld. 2017 hat Philipp Hildebrand in der Toskana die ersten Reben gepflanzt, zum ersten halböffentlichen Lunch wird jetzt – rund fünf Jahre später – unter anderem sein 2019er Vergaia ausgeschenkt: eine Bordeaux-Mischung aus Merlot, Cabernet, Cabernet Franc und Petit Verdeau. Wein zu machen, sei eine wunderbare Erfahrung, sagt Hildebrand beim Mittagessen. Von seinem Önologen Ricardo Cotarella habe er einen wichtigen Satz mitgenommen: «Die Landwirtschaft lehrt einen Geduld.» Die erste Ernte fiel noch klein aus, den Vergaia 2019 gibt es nur im «Zafferano», aber die Geduld und den Anspruch, einen hervorragenden Wein zu machen, hat Ökonom Hildebrand auf jeden Fall. «Das Leben ist kompliziert geworden, umso mehr machen Dinge Spass, die man aus reiner Freude machen kann», sagt er über sein Abenteuer in der Toskana – und am Limmatquai.
50:50. Rudi Bindella hat in seinem weitverzweigten kleinen Reich aus Restaurants, Weingut und -Handel bereits einige Erfahrungen mit Kooperationen: «Unsere erfolgreichste Paarung ist jene mit Antinori, aber auch mit der Familie Bianchi und dem Weingut Ornellaia klappt die Zusammenarbeit sehr gut», sagt der Patron. Mit allen drei Partnern führt Bindella Restaurants in Zürich. Fürs «Zafferano« hat man sich eine eingängige Formel ausgedacht: «Die besten Weine aus der Toskana und dazu Gerichte aus dem Ofen.» Auch die geschäftliche Formel ist einfach: Bindella und Hildebrand sind zu je 50 Prozent am Restaurant beteiligt.
Sechs Mehlsorten für die Pizza. Zwar brennt tatsächlich ein Orange leuchtendes Feuer hinter Chef-Pizzaiolo Giovanni Grillo, aber eine Edel-Pizzeria soll das Lokal im Zunfthaus zum Saffran nicht werden. Die Karte trägt auch die Handschrift von Rudi Bindella Jr., es gibt einen wunderbar frischen «Zafferano»-Salat mit knackigen Broccoletti, gelbem Blumenkohl, Minze und anderen Kräutern oder Ricotta, Avocado mit Vinaigrette und getoasteter Focaccia. Neu für Zürich ist die von Rudi Jr. inspirierte Pizza-Idee mit einer ungewöhnlichen Mehlmischung: Aus Mais-, Vollkorn- und Tipo-00-Mehl und Hefe lässt man erst für 16 Stunden einen Vorteig (Poolish) gehen, danach wird der Teig mit drei weiteren Getreidesorten zusammengefügt und nochmals 16 Stunden fermentiert. Das Resultat eine knusprige, luftige und nussige Pizza – belegt mit wenig Hummer, Zitronenzesten und gezupfter Burrata.
Rindsfilet aus dem Ofen. In der Küche – «so gross wie eine Telefonzelle» (Rudi Bindella) – wird das meiste ebenfalls im Ofen gegart wie zum Beispiel das im Pfännchen servierte Schweizer Rindsfilet. Die cremig-buttrige Kräutersauce dazu ist ein Geheimrezept von Küchenchef Alberto Tagarelli und wird ähnlich zubereitet wie eine Café de Paris. Der Koch verrät immerhin, dass sein eigener Kalbsfond, Rosmarin, Thymian und Majoran, etwas Curry und Zitronensaft darin verschmelzen. Dazu gibt es sinnvollerweise Safran-Risotto – perfekt im Biss und aromatisch fein versehen mit dem Aroma der für das Restaurant namensgebenden Blüte.
Geduld und Gespräche. Ursprünglich wollte Philipp Hildebrand in der Toskana ein Ferienhaus erwerben. Mit etwas Geduld, ein paar Jahre und einige Gespräche mit Rudi Bindella später ist daraus auch noch ein vielversprechender Wein und ein stilvolles kleines Restaurant im Art-Déco-Stil im Herzen von Zürich entstanden, das Bindella selbst als «unser kleines Schmuckstück» bezeichnet.