Text: David Schnapp | Fotos: Thomas Buchwalder, Adrian Ehrbar
Ende eines Karriereabschnitts. Mitja Birlo gehört zweifellos zu den talentiertesten, jüngeren Küchenchefs der Schweiz, und 2022 war der 38-Jährige auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere: «Koch des Jahres» und 18 Punkte bei GaultMillau, zwei Sterne bei Michelin im Restaurant 7132 Silver, das zum famosen Therme-Hotel 7132 in Vals gehört. Ganz nach dem Motto «man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist», hat Mitja Birlo jetzt aber beschlossen, das Haus Ende März 2023 zu verlassen: «Ich bin seit über acht Jahren in Vals. Das ist eine lange Zeit und für mich ein guter Moment, um einen prägenden Abschnitt meiner Karriere zu beenden und etwas Neues anzufangen.»
«Sprung ins kalte Wasser.» Praktisch über Nacht wurde Birlo 2018 von Hotel-Besitzer Remo Stoffel zum neuen Küchenchef ernannt, zuvor war der gebürtige Bielefelder als Sous-Chef von Sven Wassmer im «Silver» engagiert. «Für mich war das ein Sprung ins kalte Wasser, und bis heute sehe ich mich immer noch als kleinen Koch und bin immer wieder selbst überrascht, was mir alles gelungen ist», sagt Mitja Birlo ohne falsche Bescheidenheit. Unter anderem habe er praktisch autodidaktisch lernen müssen, zu führen. «Ich habe in den Jahren als Küchenchef rund 60 bis 70 Mitarbeiter kommen und gehen sehen. Dass mir einige davon als Freunde geblieben sind, sehe ich als gutes Zeichen für meine Führungsqualitäten an», so Birlo.
Eigener Stil. Neben einem kollegialen, aber im Zweifelsfall bestimmten Führungsstil hat der Koch des Jahres 2022 eine Handschrift auf dem Teller entwickelt, welche sich keinen Einflüssen verschliesst und gleichzeitig saisonal, regional und weltoffen ist. Beim letzten Besuch etwa kombinierte Birlo leichtfüssig Gemüse mit Ceviche-Aromen und Kaviari-Kaviar oder servierte eine gebratene Brust von der Valser Ente an Liebstöckel-Jus, dazu Karotte mit Gewürzgranola sowie konfierte Entenschenkel auf einem Safran-Bun. Er sei allerdings nicht sicher, ob er seinen eigenen Stil schon gefunden habe, sagt Birlo: «Wann weiss man überhaupt, dass es so weit ist? Ich bin ziemlich sicher, dass sich meine Art zu kochen, noch weiterentwickeln wird.»
Grossstadt statt Bergdorf. Mitja Birlo, der teilweise in Berlin aufgewachsen ist und einige Zeit in London als Koch tätig war, hat sich nach der Wintersaison in Vals ein halbes Jahr Auszeit vorgenommen – eine gute Gelegenheit, um unter anderem die Ruhe im Bergdorf wieder mit der Hektik der Grossstadt zu tauschen: «Ich will die Gelegenheit nutzen, um einige Dinge nachzuholen, die mir in den Jahren in Vals etwas entgangen sind: New York interessiert mich zum Beispiel: Ich freue mich darauf, Konzerte, Museen, aber natürlich auch Köche in anderen Restaurants zu besuchen.» Gleichzeitig wolle er die Zeit natürlich nutzen, um seine berufliche Zukunft zu planen, sagt Birlo, der auch Mitglied der «Grandes Tables de Suisse» ist.
Abenteuer Hochzeit. Das grösste Abenteuer aber, das sich der Koch für die Zeit nach Vals vorgenommen hat, ist die Heirat seiner langjährigen Freundin: Florentina Shenari ist ausserdem Gastgeberin und Sommelière im «7132 Silver» und wird das Haus zusammen mit ihrem zukünftigen Mann verlassen. Im Mai 2023 soll die Hochzeit der beiden in der Eifel stattfinden: «Das gibt ein grosses, zweitägiges Fest», verspricht Mitja Birlo.