Interview: Daniel Böniger
Tobias Buholzer, was fällt ihnen zu Rhabarber ein?
Als ich Kind war, hatten wir einen eigenen Garten, in dem gleich mehrere Rhabarberpflanzen wuchsen. Deshalb gab es häufig Rhabarberwähe bei uns. Und wenn Erntezeit war, holten wir auch manchmal eine Schale voll Zucker aus der Küche, pflückten die Stängel, tunkten sie in den Zucker und assen sie roh.
Ihre Eltern warnten Sie nicht, dass dies Bauchweh geben könnte?
Sie sagten uns, dass wir keinesfalls die Blätter essen sollen. Und Anfang Juni jeweils durften wir gar keinen Rhabarber mehr pflücken. Das war wohl, weil die Oxalsäure, die tatsächlich in grossen Mengen unbekömmlich sein kann, dann zunimmt.
Zurück zum Genuss - hätten Sie ein einfaches Rezept für Rhabarber?
Was jeder hinbekommt, ist Rhabarber-Panna-Cotta. Man erhitzt 100 Gramm Rhabarber mit 60 Gramm Zucker, was sofort Wasser zieht. Darauf gibt man vier Deziliter Rahm hinzu und kocht das Ganze auf. Schliesslich kommen zwei Blatt eingeweichte Gelatine hinzu, bevor die Flüssigkeit in Förmchen gegossen und kaltgestellt wird.
Kann man Rhabarber «salzig» einsetzen?
Aber sicher. Aus dem letzten Rhabarber und den ersten Tomaten des Jahres machen wir oft Ketchup - so braucht man deutlich weniger Essig, um die gewünschte Säure zu haben. Oder man verwendet die Stängel wie Gemüse! Dafür kann man sie klein schneiden und mit etwas Kalbsjus fürs Umami und etwas Portwein für die Süsse aufkochen. Das ist wunderbar zu Kalbsfilet!
Wie sieht es mit rohen Zubereitungen aus? In kleineren Mengen sollte das ja auch kein Problem sein…
Auch da gibt es einfache Rezepte. Roher Rhabarber passt gut in Blatt- oder Gemüsesalate. Oder man entsaftet ihn und macht mit dem Saft eine Vinaigrette, so wie man sonst Essig oder Verjus verwendet.
Wie soll ich Rhabarber entsaften, wenn ich daheim keinen Entsafter habe?
Dafür kochen sie die Stängel mit etwas Zucker auf, mixen das Ganze mit dem Pürierstab und passieren es durch ein Tuch. Zusammen mit etwas Mineralwasser oder mit Gin ergibt das fabelhaft frische Drinks!
Muss ich Rhabarber eigentlich schälen?
Bei kleineren feinen Stängeln ist das unnötig. Bei dickeren Exemplaren sollte man die Haut mit einem Küchenmesser vom Ende her gut abziehen.
Und wie erkennt man gute Qualität?
Knackig und stramm muss der Rhabarber sein! Und es gibt Leute, die sagen, rot schmecke er süsser. Mir ist die Farbe nicht so wichtig - die Säure ist ja Teil des Vergnügens!
Was machen Sie zurzeit in Ihrem Restaurant mit Rhabarber?
Wir kombinieren ein cremiges Mandelsorbet mit Rhabarber-Gelée und -kompott, dazu gibt es etwas Meringues, die mit getrockneten Blüten gemacht werden. Ein schönes Frühlingsdessert!
>> Tobias Buholzer ist Küchenchef in der Rose in Rüschlikon ZH. Er hat 16 Punkte.
Fotos: Olivia Pulver, Natalia Rüdisüli/Getty Images; Piotr Krzeslak/iStockphoto; HO.