Text: Urs Heller I Fotos: Kurt Reichenbach
Das volle Programm. Für 110 Gäste! Höchstsaison in Daniel Koetsers Swiss Deluxe Hotel «Le Grand Bellevue» in Gstaad. Die Tische im «Leonard’s» sind jeden Abend zweimal belegt, 110 Gäste haben Hunger. Und Wünsche ohne Grenzen: Kapaun, Poularden aus Gruyère, Enten. Ein paar Mal «Half board» (Hummersalat, Parmigiana-Raviolo, Tenderloin). Und immer wieder «Königsklasse»: Ein «Signature Menü» mit sechs raffinierten Gängen. Eine Challenge für Chef Francesco de Bartolomeis. Eine Challenge für seine 22 Köche. Härtetest bestanden: Der GaultMillau und Partner Mercedes-Benz zeichnen den Chef aus den Abruzzen als «Koch des Monats» aus.
Krebs, Kaviar und ziemlich viel Popcorn. Los geht’s mit den längsten, dünnsten und pfeffrigsten Grissini (Espelette!) von ganz Gstaad. Dann ein Mini-Cannollo, gefüllt mit Burrata und Haselnüssen aus dem Piemont, eine Scheibe Foie gras (die ohne weihnachtlichen Lebkuchen-Mantel bestimmt besser wäre) und ein Mini-Carpaccio «grand luxe»: Gambero rosso, hauchdünn aufgeschnitten, Royal Belgian Oscietra Kaviar, lässig angerichtet, wie er es beim Gastspiel von Massimo Bottura gelernt hat. Der Chef mag uns: Wir kriegten mehr Kaviar als Krebs. Die «Country Mais Suppe», ebenfalls ein Starter: Speck aus Gstaad, Honig aus Lauenen, Peperoni, Pinien, (zu viel) Popcorn.
«Cucina povera» im Luxushotel. Start ins Menü mit dem Gang des Abends: Eine Brüggli-Lachsforelle wurde zu einem Tatar verarbeitet: Perfekte Temperatur, vegane Mayo, raffinierte Schärfe; Wasabi steckt drin! Eine leicht geräucherte Lachsmousse gab’s auch noch, geformt zu einem Weihnachtsstern. Der nächste Gang ist eine Hommage an Francescos Heimat, den Abruzzen: Kapaun-Suppe mit wunderbaren Cappeletti, Estragon und italienischen «Flädli»; «cucina povera» im Luxushotel! De Bartolomeis gehört zu den «Risotto»-Kings im Land und präsentierte eine neue Variante: Vialone Nero mit geschmortem Ochsenschwanz, Trüffel, Schwarzkohl-Pulver und vor allem mit 30 Monate altem Parmesan.
Gstaader Gin im wilden Jus. Hauptgänge im «Leonard’s»: Eine Poularde aus Gruyère wird in zwei Services aufgetragen. Den Loup de mer gibt’s im Salz, mit Beurre blanc und Sauce vièrge, wird heftig bestellt. Das Saanenland schafft es mit einer mächtigen Kalbskotelette für zwei Personen auf die Karte. Wir kriegten den letzten Rehrücken des Jahres, perfekt gebraten. mit Chiodini-Pilzen, Rosenkohl und Gstaader Gin (!) im wilden Jus. Im «Leonard’s» überzeugen auch die beiden österreichischen Pâtissiers Jenny und Clemens. Verblüffende Desserts: Ein Riesen-Ei mit Eierlikörschaum. Und «Crunchy Walnuts»; Walnüsse in verschiedenen Konsistenzen, mit gesalzenem Ahornsirup. Der Service war trotz vollem Haus tadellos. Und auf den Sommelier ist Verlass. Das «Grand Bellevue» ist eine «Krug Ambassade»; ein Glas Champagner im Offenausschank sollte man sich nicht entgehen lassen.