Text: Siméon Calamé | Fotos: Blaise Kormann

Chef Rodriguez will seine Produzenten kennen. «Wer mit mir zusammenarbeiten möchte, muss zuerst zu uns kommen, meine Küche und meine Arbeitsweise kennenlernen. Danach finden wir uns. Oder ich muss einen anderen Produzenten finden.» Rafael Rodriguez (rechts), 16-Punktechef in der «Auberge de l'Abbaye de Montheron» bei Lausanne, hat so seine Prinzipien. Der Mann mit dem charmanten spanischen Akzent setzt in den Mauern aus dem 12. Jahrhundert auf eine Küche der Nähe: Gemüse aus dem Garten. Fisch aus dem Genfersee. Milchprodukte von einem nahegelegenen Bauernhof. Und natürlich lokales Fleisch! 

Schweizer Fleisch Rafael Rodriguez in seiner Küche November 2021

Rafael Rodriguez kocht in der «Auberge de l'Abbaye de Montheron» auf 16-Punkte-Niveau.

Schweizer Fleisch Rafael Rodriguez in seiner Küche Jagd Gericht November 2021

Jagdsaison! Auch bei Chef Rafael Rodriguez kommt Wild auf den Teller: Hirschfilet, Selleriepüree und Chutney aus Pfifferlingen.

Die Waadtländer Wildschweine! Zwanzig Minuten vom Restaurant entfernt, im ruhigen Dorf Carrouge VD, beginnt für Rafael die Einkaufstour zu seinen Produzenten. Der kleine Schlachthof «Jorat Viandes» im Zentrum des Dorfes wurde 2020 mitten in der Pandemie von Jonas Porchet, einem Schweine- und Rinderzüchter in Ferlens, übernommen und ist der Einzige im Waadtland, der die wilden Wildschweine verarbeitet. Die sind im Waadtland sehr verbreitet: «Wir verarbeiten Hunderte pro Jahr!», sagt der Metzger. Rafael Rodriguez steht neben ihm, lächelt und lobt: «Das Fleisch ist saftig, ziemlich kräftig, wirklich gut. Leider ist es nicht bei allen Gästen gleich beliebt.» Metzger Porchet, der auf den Waadtländer Volksmärkten sehr präsent ist, hält dagegen: «Ich liebe Wildschwein! Ich mache daraus Terrinen, Cervelat, Speck, Bratwurst oder Kohlwurst. Ab und zu biete ich auch ganze Keulen oder andere «grosses pièces» an.» An Sommerevents gibt es schon mal Wildschweine am Spiess. Porchet: «Das liebe ich an meinem Beruf: Gemeinsam Feste zu feiern, Feines zu teilen.» Chef Rodriguez verlässt den Schlachthof nicht, ohne eine Wildschweinwurst mitzunehmen, «für den Apéritif mit Freunden.»

Enten aus dem grossen Garten. Nächste Station auf der Einkaufsrunde: Alexandre Benoit in Thierrens VD. Alex züchtet Hirsche, Damhirsche und Enten. Die Enten, neu im Angebot, tummeln sich in einem grossen Garten. Chef Rodriguez: «Es ist ein grosser Unterschied, ob ein Tier Platz und Zeit hat, um herumzulaufen und normal zu leben wie hier bei Alex, oder ob es eingesperrt und so schnell wie möglich gemästet wird.» Rodriguez kommt jede Woche in Thierrens vorbei; Entengerichte kommen in Montheron im Dezember auf die Karte. 

Hirschfilet & Flusskrebse! Hirsche und Damhirsche leben etwa anderthalb Jahre auf dem viele Hektaren grossen Weideland. Dann werden sie erlegt und in Montheron zum Ende der Jagdsaison serviert: Zartes Hirschfilet auf Selleriepürée, an einer Sauce mit Flusskrebsen und Totentrompeten. Rodriguez, der früher bei den Roca-Brothers im berühmten Restaurant El Celler de Can Roca in Girona gearbeitet hat: «Krebse aus unseren Seen, kombiniert mit Produkten vom Land: Ich mag diesen Kontrast, eine sehr subtile Kombination. Dieses Gericht zeigt, wie wichtig es ist, die richtigen Produkte auszuwählen. Diese Fleischqualität erreiche ich niemals, wenn ich billige Ware aus anderen Teilen der Welt einkaufe. Die Züchter sind meine Freunde geworden. Der Kontakt mit ihnen ist nicht nur wichtig, sondern lebenswichtig!»

 

www.montheron.ch