Text: David Schnapp | Fotos: Thomas Buchwalder
Harmonisches Paar. Die Weinbegleitung hat sich in den vergangenen Jahren zur festen und kaum hinterfragten Grösse im, beziehungsweise neben dem Gourmetmenü entwickelt. Aber ein Restaurant stellt jetzt dieses weitherum harmonisch auftretende Paar aus Essen und Wein in Frage: Im «7132 Silver» in Vals arbeitet seit einiger ein Koch ausschliesslich an den Getränken, die zu den Gerichten von Mitja Birlo (grosses Bild oben mit Getränke-Chef Ingo Papenberg) serviert werden, Weine hingegen werden in der Regel nur noch flaschenweise serviert. Dabei geht es auch um den Respekt vor den Winzern und der Weinkultur. «Wir wollen neue Wege gehen», sagt Birlo und sieht den Nachteil der Weinbegleitung darin, «dass man oft Kompromisse eingehen muss. Für viele Gäste ist hingegen diese neue Art der Getränkebegleitung einfacher zu verstehen und zugänglicher.»
Comeback in der Küche. Doch der Reihe nach: Ingo Papenberg hat zweimal als Koch am Herd im «Team Silver» gearbeitet und gibt freimütig zu, dass er nach dem letzten Einsatz seinen Beruf aufgeben wollte: «Eigentlich wollte ich aufhören zu kochen, um Lebensmitteltechnologie zu studieren. Aber ich habe gemerkt, dass mir die praktische Arbeit in der Küche fehlt», sagt der 42-Jährige. Im Frühjahr 2021 kehrte Papenberg zurück an die Seite von Mitja Birlo, entwickelte zuerst ein alkoholfreie Pairing, und seit einigen Monaten ist er für das neue Konzept im Glas verantwortlich.
Genie und Wahnsinn. «Ingo hat diese Portion Genie und Wahnsinn, die es für etwas braucht, was noch nie da war», sagt Chef Mitja Birlo über seinen alten Kollegen in der neuen Rolle. Dieser geht an einen Drink so heran, «wie ich vorher als Koch Gerichte entwickelt habe». Allerdings habe er sich dafür in die neue Materie reinlesen müssen: «Ich habe einen Barkurs gemacht, mir Küchentechniken aus der Avantgarde-Cuisine angeeignet, denn die Molekulare Küche ist mittlerweile in den Bars angekommen.»
Mixen statt kochen. Wenn Ingo Papenberg zu Gemüse-Ceviche, Kaviari-Kaviar und Limettenblattöl eine Mischung aus Granny-Smith-Saft, Wodka, Pfefferblatt und Dill mixt, entsteht dieser Drink «wie ich vorher als Koch ein Gericht entwickelt habe» – Grundzutaten, Gewürze und mehr werden zu einem stimmigen Ganzen zusammengefügt. Als Verlängerung des Gerichts vom Teller ins Glas sieht Papenberg die Arbeit mit Säften, Flaschen, Essenzen oder Aromen. Zur Valser Ente mit Gewürz-Granola und Karotten mixt der Getränke-Koch Säfte von Weinbergpfirsich und Litschi mt dem Parfüm der Rosenblüte und einen Salzorangen-Fond zu einem leicht floralen, aber nicht zu süssen Drink. Zum fantastischen Kürbisdessert mit Lebkuchen, Kürbis-Haselnusscreme und Kaffee-Gelée wird ein Mandelmilch-Chai mit Tonkabohnen und Rum eingeschenkt, der die würzigen nussigen Noten des Gerichts elegant aufnimmt und gleichzeitig eine anregende Spannung zwischen Teller und Glas aufbaut.
Gutes Feedback der Gäste. Nach den ersten Monaten mit dem neuen Konzept, fällt das Fazit der beiden Köche positiv aus: «Das Feedback der Gäste ist überraschend gut, vielleicht einmal pro Monat gibt es jemanden, der mit der Getränkebegleitung nicht zufrieden ist», stellt Ingo Papenberg fest. Und für Mitja Birlo ist klar, dass der eingeschlagene Weg im 7132 Hotel Vals ein erfolgsversprechendes Konzept für die Zukunft ist: «Das Pairing kommt bei den Leuten besser an, als ich selbst dachte. Unsere Küche ist ja auch nicht konservativ, sondern weltoffen und modern», findet der Koch des Jahres 2022.