Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Teamausflug zu den Forellen. Regionaler Fisch ist ein Thema der Stunde. Die Chefs haben das Potenzial der heimischen Arten erkannt. Das einzige Problem: Die Nachfrage ist mittlerweile grösser als der Ertrag. Küchenchefs tun also gut daran, ihre eigenen Quellen aufzutun. Einer dieser Chefs ist Patrick Germann, 14-Punktekoch im «Bären» in Schwarzenburg. Er wirtet hier mit seiner Freundin und Gastgeberin Franziska Ilg. Seit Beginn setzen sie auf die Produzenten in ihrer Region. «In der Gegend gibt es viele Kleinproduzenten. Auf den Höfen kommt es zum Generationenwechsel. So entstehen viele nachhaltige Bio-Betriebe», sagt Germann. Für den Chef gehört auch dazu, dass er sich die Höfe und Produzenten genau anschaut. Deshalb hat er mit seinem Team einen Ausflug zum «Naturkreislauf Stampferli» geplant.
Wasser aus der Quelle. Hier, mitten im Naturpark Gantrisch (406 Quadratkilometer in den Kantonen Bern und Freiburg), lebt Familie Casini. Priti, Sergio, ihre drei kleinen Kids und eine Vielzahl an Tieren. Yaks, Pferde, Hühner, Ziegen, Katzen. Und Forellen. In drei Naturbecken schwimmen Hunderte von Regenbogenforellen und Bachforellen. «Das Wasser für die Teiche kommt direkt aus der Quelle», erklärt Sergio. Die Ufer der Becken sind üppig bepflanzt. «In unseren Naturbecken finden die Forellen Futter, die Pflanzenpartikel filtern das Wasser und die Tiere können sich gut verstecken», ergänzt Priti. Fast drei Meter tief sind die Teiche. «Wenn es im Sommer sehr warm ist, finden die Fische weiter unten kühleres Wasser.» Durch die unterschiedlichen Niveaus im Gewässer, sind nicht immer alle Fische gleich. Die einen haben etwas helleres Fleisch, andere sind fast schon lachsfarben. «Für mich spielt das keine Rolle», sagt Patrick Germann. «Im Gegenteil. Ich brauche keine genormten Fische. Ich nehme sie so, wie sie sind.»
Die Forellen-Flüsterin. Priti steht an einem der Becken mit einem Kübel Fischfutter und wirft eine «Hampfele» ins Wasser. Weil es ein Naturteich ist, brauchen die Forellen wesentlich weniger Futter als in herkömmlichen Fischzuchten. «Zeigt euch mal von eurer besten Seite», ruft sie den Forellen zu. Priti spricht mit den Fischen, wie mit einem Pferd oder mit Katzen. «Die Regenbogenforellen hören das, was ich sage, viereinhalb mal lauter», erklärt sie Patrick Germann und seinem Team. Priti und Sergio Casini haben eine besondere Beziehung zu den Tieren und zum Boden, den sie bewohnen und bestellen. Bevor sie 2013 den Hof in Sangernboden übernahmen, reisten sie mit Ross und Wagen durch Europa. «Auf unserer Reise haben wir die schönen, aber auch die weniger schönen Seiten der Lebensmittelproduktion gesehen», erinnert sich Sergio. So wuchs die Idee von dem eigenen Hof. «Wir produzieren alles selbst, dann wissen wir auch, was wir essen.»
Die Vision der Casinis. Der «Naturkreislauf Stampferli» ist Bio Suisse und Demeter zertifiziert. Die Forellen selbst sind «nur» Bio Suisse. «Bei den Regenbogenforellen handelt es sich um Raubtiere, weshalb sie nicht das Demeter-Label erhalten können», erklärt Priti. Was zählt, ist die Vorstellung einer biodiversen und nachhaltigen Vorstellung von Landwirtschaft. «Wir haben die Vision von einem Betrieb, in dem alles ineinander greift. Wir müssen Sorge tragen zu unserer Erde. Deshalb fragen wir uns stets, was wir noch machen können. Dank der hohen Biodiversität können wir das Gleichgewicht halten», sagt Priti. Neben den Forellenteichen gibt es zwei weitere Biotope. Hier leben Edelkrebse und alles andere, «was kreucht und fleucht», sagt Sergio. Sämtliche Inspektorate sind immer mehr als erfreut, wenn sie die Arbeit der Familie Casini sehen. Doch Priti gibt sich bescheiden. «Man kann immer noch etwas optimieren.» So ist zum Beispiel ein neuer Stall für die Tiere in Planung.
Exklusiv im «Bären». Die Casinis produzieren nicht die grosse Masse. Der grösste Teil der Fische geht an Privatkunden. Kaufen kann man die Fische auch auf dem Markt in Schwarzenburg oder tiefgefroren im Bioladen Birena. Der «Bären» ist das einzige Restaurant, das in den Genuss der Regenbogenforellen kommt. «Für uns war klar, dass wir den Bären beliefern wollen. Ihr macht das so toll», schwärmt Priti. Doch an diesem Tag kocht der Jeune Restaurateur-Chef nicht in der eigenen Küche. Zusammen mit Souschefin Carmen Pose grilliert er die Forellen über dem Feuer auf dem Hof. Viel braucht es dafür nicht: Der Bauch der Fische wird mit Kräutern und Zitrone gefüllt und mit etwas Olivenöl beträufelt. Nach dem Grillieren, braucht es noch etwas Salz. «Wenn man sieht, wie die Forellen hier produziert werden, kann ich auch zu 100 Prozent hinter dem Produkt stehen», sagt Germann.