Fotos: Fabian Haefeli

Mit links gings nicht. Velounfall, gebrochenes Schlüsselbein! Die Aufmerksamkeit der Passagiere an Bord der «Countess» galt zuerst der Verletzung von Silvia Manser. Als die Starchefin nämlich beim Aperitif unter Applaus aus der Schiffskombüse trat, war kaum zu übersehen, dass sie einen Verband trug, der ihren linken Arm fixiert hielt. Und Sven Epiney, der durchs Diner führte, kam nicht drumherum, sie darauf anzusprechen: «Heute gehts bei Dir mal nicht mit links!», meinte der Moderator keck. «Ich gebe heute halt mit der rechten Hand 150 Prozent», gab die 17-Punkte-Köchin schlagfertig zurück. 

Exzellent: die «falsche» Tomate. Tatsächlich gab die Chefin der «Truube» in Gais bei dieser Schiffspassage von Basel nach Strassburg dann mindestens 150 Prozent: Das merkte man schon bei der ersten Vorspeise, einer frechen Interpretation eines «Insalata Caprese». Auf einer gegrillten Tomatenscheibe war herrlich milchiger Burrata, süssliches Basilikumglace, schwarze Olivenringe, Balsamico-Perlen und – quasi das Herzstück - eine «Fake Tomate» aus vollaromatischem Tomatenmousse von der Ochsenherztomate angerichtet. Das einzig Echte daran? Der Strunk! Silvias Mansers Mann Thomas, der sich im Frühjahr selbst schon eine Schlüsselbein-Fraktur zugezogen hatte, goss bei allen noch eine klare Tomatenbrühe an, Und es wirkte, als würde der Sommer noch ein letztes Mal grüssen! 

Silvia Manser Excellence

Letzter Sommergruss: Silvia Manser «falsche» Tomate aus Ochsenherz-Mousse.

Excellence Gourmet Festival 2024 Silvia Manser

Wieder genesen: «Truube»-Gastgeber Thomas Manser im Talk mit Sven Epiney (l.).

Über 580 Punkte am «Excellence»-Gourmetfestival 2024. Der Abend mit Mansers ist nicht der einzige Gourmetevent, den «Excellence» (Reisebüro Mittelthurgau) im Oktober und November durchführt. Als Gastköche sind die kommenden Wochen auf dem Schiff unzählige Starchefs mit gesamthaft über 580 GaultMillau-Punkten anzutreffen. Darunter so grosse Namen wie Tanja Grandits, Sven Wassmer, Juan Amador oder Tim Raue. Natürlich sind die Platzverhältnisse in der Kombüse bescheidener als sonst in der Küche, warum also tun sich diese Küchenchefs das an? «Es ist ein coole Abwechslung, beste Werbung fürs eigene Restaurant. Und Excellence ist ein guter Partner!», sagt Silvia Manser.  

Wasser in den Rhein tragen. Und warum sind die Gourmetreisen beständig ausgebucht? Für die Übernachtung auf dem Schiff sind die Passagiere in grosszügigen Kabinen untergebracht, die Bar hat schon beim Boarding nachmittags geöffnet. In der ersten Schleuse gibt es vielleicht sogar ein spontanes Ständchen von der Schiffskapelle, die Crew löst jedes noch so kleine Problem auf der Reise sofort. Oder serviert mit weissen Handschuhen den nächsten Gang. Nach der «falschen Tomate» war bei Jeunes-Restaurateurs-Ehrenmitglied Silvia Manser etwa ein Fischgang angesagt: Auf den Punkt gegarter Zander wurde – mutig, mutig – auf einem raffiniert mit saurem Apfelmost gewürzten Sauerkraut und herrlich knusprigen Röstzwiebeln angerichtet. Das erinnerte ein wenig ans Elsässer Choucroute garnie: «Ja, es ist fast, als hätte ich Wasser in den Rhein getragen!», so Silvia Manser. Der Kerner 2023 im Glas passte bestens dazu – während des ganzen Abends wurden Weine von der Tessiner Cantina Kopp von der Crone aufgetischt. Jedes Glas war ein Treffer!  

Excellence Gourmet Festival 2024 Silvia Manser

Zweiter Gang: Zander mit Sauerkraut und Röstzwiebeln.

Excellence Gourmet Festival 2024 Silvia Manser

Dritter Gang by Silvia Manser: Raviolo gefüllt mit Tafelspitz.

Excellence Gourmet Festival 2024 Silvia Manser

Haupt- und vierter Gang: Entrecôte vom Appenzeller Beef mit Rande und Jus.

Tafelspitz? Ins Raviolo! Und während draussen grad die nächste Schleuse in Angriff genommen wurde, zeigte ein Raviolo mit schön mürber Tafelspitz-Füllung wie fokussiert und aromatisch die Küche von Silva Manser sein kann. Weitere Komponenten auf dem Teller? Senfsauce, süss-sauer eingelegte Gemüse-Juliennes, frisch geriebener Meerrettich und frittierte Kapern. Der Teig sei, gab die Chefin zu, angesichts der fast 140 Portionen – in der «Truube» sind es jeweils nur 30 Personen – etwas dicker als sonst: «So habe ich etwas mehr Toleranz bei der Kochzeit.» Auch Sven Epiney sprach die Starchefin auf diese köstlichen Teigtaschen an: «Wieso ist die Hälfte der Tafelspitz-Füllung püriert, die andere Hälfte gehackt?» Einmal mehr konterte die Köchin, die offenbar nicht kleinzukriegen ist: «Damit es nicht grad ganz ans Altersheim erinnert!» 

Excellence Gourmet Festival 2024 Silvia Manser

So munter kann ein Käsegang sein! Der Star auf dem Teller ganz unten: Jersey Blue.

Excellence Gourmet Festival 2024 Silvia Manser

Die Überraschungsgäste:  Winzer Paolo Visini & Anna Barbara von der Crone; Käser-Duo Bea und Willi Schmid (v.l.).

Mit an Bord: Ausnahme-Käser Willi Schmid! Die gute Laune an den Tischen schwappte über bis in die Küche. Dort war das Team bereits an Vorbereitungen für den Hauptgang dran: eine zarte, unglaublich schmackhafte Tranche Entrecôte vom Appenzeller Beef, begleitet von einem kräftigen Jus, Rande und Rosenkohl. Silvia Manser schien dem Eigengeschmack des Gemüses vollauf zu vertrauen, es war nur zurückhaltend gewürzt und hatte noch viel Biss. Gelungen! Danach gabs fürs Küchenteam erstmal eine Verschnaufpause: Der Toggenburger Käsemeister Willi Schmid präsentierte seine Auswahl an Käsen, die er für die Gäste der «Countess» mitgebracht hatte: einen zurückhaltenden Geisskäse «Capreggio»; den «weissen Büffel» aus Büffelmilch, der mit Olivenöl gepflegt wird; natürlich den Star aus seinem Sortiment, den Jersey Blue. So munter kann ein Käsegang sein!  

«Perle in der Patisserie!» Gut möglich, dass das anschliessende Dessert an diesem Abend vielleicht etwas später serviert wurde als geplant. Die Chefin kochte schliesslich einarmig! Doch angesichts der traumhaften, schokoladig-sauren Nachspeise ging das an allen Tischen vergessen: Mitarbeiterin Nina Hersiczky, die «Perle in der Patisserie», hatte eine Kombination von schwarzer Schokolade, Karamell, Pecannüssen (als Parfait) und Preiselbeersud zubereitet. Die freche Säure der Beeren weckte die Lebensgeister der Gäste offensichtlich nochmals: Schon kurz später sah man tatsächlich die ersten Passagiere tanzen! Und so wurde es allmählich Mitternacht, irgendwo zwischen Basel und Strassburg. Auch Silvia Manser stiess mit ihrem Team in der Bar noch an – mit der rechten Hand natürlich. 

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