Fotos: Adrian Bretscher

Lieblingsgericht vieler Karnivoren. Tatar oder Tartar? Die Frage nach der Schreibweise scheint, so denke ich manchmal, das komplizierteste am Leibgericht vieler Karnivoren zu sein. Das Grundrezept ist einfach, gemäss «Larousse Gastronomique» besteht es im Wesentlichen aus Rindfleisch, Eigelb und Gewürzen. Doch wie so oft sind es Details, die für die perfekte Zubereitung zählen: Muss es Filet sein? Wie grob schneidet man das Fleisch? Soll man Senf – oder gar Ketchup – herausschmecken? Um solchen Fragen nachzugehen, habe ich drei Restaurants in Zürich besucht, die als wahre Fleischtempel gelten. Mich also auf die Suche nach dem Tatar meiner Träume gemacht. Ja, ich tendiere zur Schreibweise ohne «r», um der Verwechslung mit dem Streichkäse oder der Sauce vorzubeugen. Das ist auch die offizielle Schreibweise im GaultMillau.

Die besten Beef Tatar - Zürich HATECKE DU THÉÂTRE, Zürich Dufourstrasse

Puristisch angerichtet: Tatar im «Hatecke Du Théâtre».

Renato Oliveira (GF) & David Hatecke (v.l.) Die besten Beef Tatar - Zürich HATECKE DU THÉÂTRE, Zürich Dufourstrasse

Geschäftsführer Renato Oliveira & Metzger David Hatecke (v.l.).

#1 Hatecke: Hier schneidet der Chef noch selbst. Meinen Tatar-Triathlon starte ich bei David Hatecke, der die Gäste im «Hatecke Du Théâtre» mit kräftigem «Allegra!» begrüsst: Der Sohn des Engadiner Kultmetzger hat erst letzten Herbst im Seefeld ein zweites Restaurant in Zürich eröffnet. Die Einrichtung ist pointiert schlicht, die Karte gespickt mit Fleischgerichten. Neben «Filet de Boeuf», Brasato oder geschmorter Lammhaxe finden sich darauf verschiedene Tatars – ich entscheide mich für die klassische Variante. Hier schneidet der Chef noch selbst: Mit einem riesigen Metzgersmesser macht Hatecke das Kuhfleisch («das hat mehr Geschmack») klein. Und mischt es dann zu einem Tatar, das in der Schlichtheit der Präsentation kaum zu überbieten ist. 

Tomatencreme aus England, Chili aus Marokko. Es schmeckt hervorragend: schön fleischig, mit einem Hauch von Tomate. Geschmacklich sind Peterli, Zwiebeln und Salzgurken-Brunoises eindeutig Nebendarsteller. Der Schärfegrad ist angenehm, das Fleisch fein geschnitten, aber noch weit weg von einem Brei. Damit legt Hatecke die Hürde ordentlich hoch. Was ist das Geheimnis seines Tatars, neben dem Filet von der Kuh? Er verwende kein Eigelb, verrät David Hatecke. Dafür Tomatencreme aus England, Habanero-Chili aus Marokko, einen Spritzer Cognac, den man – wie alle Ingredienzen ausser dem Fleisch – höchstens erahnen kann. «Rein kommt ausserdem eine geheime Zutat, die ich für mich behalte!» Er rückt das Geheimnis auch dann nicht raus, als ich mit viel Interesse für sein Tun noch ein zweites Tatar mit Lardo überbacken bestelle. Es schmeckt fast noch fleischiger, noch «purer» als die klassische Variante. Das knusprige Fett sorgt für leichte Salzigkeit.

Die besten Beef Tatar - Zürich - Küchenchef vom August (Hotel Widder Zürich) Tino Staub

Macht Fleischfreunde im «AuGust» happy: Küchenchef Tino Staub.

Die besten Beef Tatar - Zürich - im August Hotel Widder in Zürich - Rennweg

Im Lokal des Hotel Widder wird das Tatar liebevoll angerichtet.

#2 Widder: Bezaubernde Deko, viel Senfgeschmack. Mein Tatar-Triathlon führt mich einen Tag später ins «AuGust» in der Zürcher City. Auch hier ist die Einrichtung des Restaurants im Metzgerei-Stil gehalten. Bemerkenswert, wie gut dieses Restaurant besucht ist – noch nachmittags um zwei Uhr hat man «volle Hütte». Das Tatar, das mir serviert wird, sieht äusserst bezaubernd und grosszügig aus: Als Dekorationen dienen Maiskölbchen, Radieschen, Senfsaat und ein Wachteleigelb. Das Fleisch? Es ist eine Spur zu fein geschnitten, die Schärfe ist eher zurückhaltend, der Senf dafür vielleicht ein wenig dominant. Ich geniesse hier eine Portion Pommes Frites nebenher. Und werde ordentlich satt. Mit einer älteren Dame am Nebentisch komme ich ins Gespräch, sie hat dasselbe bestellt und ist höchst zufrieden – ich finde, Hatecke ist so noch nicht überboten. 

Die besten Beef Tatar - Zürich - Bärengasse im Bankenviertel von Zürich

Tatar mit argentinischem Rindfleisch in der «Bärengasse».

Die besten Beef Tatar - Zürich Küchenchef der Bärengasse - Tobias Hähnel

Kultiviert Chilis auf der Terrasse: Küchenchef Tobias Hähnel.

#3 Bärengasse: Argentinisches Rind. Meine Destination am dritten Tag? Da die Qualität des verwendeten Fleisches von zentraler Bedeutung ist, beschliesse ich in ein Restaurant in Zürich zu gehen, das die Rinder gewissermassen von Kindesbeinen an betreut – allerdings in Argentinien. Man erahnt es vielleicht: Gemeint ist die «Bärengasse» von Dieter Meier, der bekanntlich nicht nur Musikus, Künstler und Gastronom, sondern eben auch Winzer und Rinderfarmer auf der anderen Seite des grossen Teichs ist. Hier am Paradeplatz müsste das Tatar eigentlich in der obersten Liga spielen, oder? 

Höllisch gute Chilisauce vom Küchenchef. Tut es! Das Fleisch wird mit der groben «Achterscheibe» Portion für Portion durch den Fleischwolf gelassen. Hier ist es übrigens nicht Filet, sondern Huft, die schön pariert verwendet wird. Das Fleischaroma ist ausgeprägt, die Würze eher neutral, und der Biss des Tatars stimmt. In die Mischung kommt nur ganz wenig Eigelb, sogar das dekorative Kräuteröl nebenher macht geschmacklich viel Sinn. Extrapunkte holt sich Küchenchef Tobias Hähnel mit den selbst eingelegten Silberzwiebeln, aufgeschlagener Butter, einem briocheartigen Toast und einer geschmackvollen Habanero-Sauce mit Chilis vom eigenen Balkon, die auf Wunsch dazu serviert wird. Vorsicht, sie ist nichts für Weicheier! Rund vierzig Portionen des Tatars werden täglich serviert – das kann ich gut nachvollziehen. Auch hier gibt es eine schöne Variante des Gerichts: überbacken mit würziger Sauce Café de Paris! Sie ist ebenfalls eine Sünde wert. 

Appetit ungebrochen! Zeit für ein Fazit nach dreimaligem Genuss des vermeintlich gleichen Gerichts in Folge: Erstens ist Tatar nicht gleich Tatar! Zweitens hat man das Ketchup glücklicherweise nirgends rausgeschmeckt. Und drittens ist die Lust auf die Fleischzubereitung bei mir ungebrochen – was für alle drei besuchten Restaurants spricht! Aufs Treppchen kommen sie alle – doch mein künftiges Referenz-Tatar habe ich eben auch gefunden: aus Kuhfleisch, im «Hatecke Du Théâtre». 


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