Text: Isabel Notari | Fotos: Kurt Reichenbach
FCB-COACH AM HERD. Tritt man ein in Fabio Celestinis helle und einladende Dachwohnung, befindet man sich gleich in der Küche. «Hier steh ich gerne, wenn ich zu Hause bin», sagt der Trainer des FC Basel. Der ehemalige Spieler (unter anderem bei Lausanne-Sport und Olympique Marseille) hat nicht nur eine grosse Passion für Fussball, sondern auch fürs Kochen. «Das ist wie Yoga für mich», sagt der Coach und holt mit Begeisterung die Zutaten für die Pasta, die er heute zubereiten will, aus dem Kühl- und Küchenschrank. Der Westschweizer mit italienischen Wurzeln ist ein ordentlicher Koch. «Alles muss sauber und aufgeräumt sein, sonst kann ich nicht kochen.» Für das Mise en Place der Sauce schneidet er Stangensellerie, Zwiebeln und Karotten in Brunoise. «Die Würfel müssen so fein wie möglich sein, hat meine Nonna immer gesagt», sagt Celestini und lacht. Dann packt er italienische Salsiccia und Pancetta auf ein Holzbrett, entfernt die Knochen vom Speck. «Die koche ich später für einen Brodo aus. Weggeworfen wird nichts.» Der Sugo mit Speck und italienischer Wurst ist ein altes Rezept von Fabios Nonna Assunta. «Ich koche viele ihrer Gerichte noch genau so wie sie.» Nur den Teig für Tagliatelle & Co. macht er anders. Den stellt er nicht wie Assunta mit «Farina» her, sondern mit «Semola», gemahlenem Hartweizen. «Die Pasta mag ich lieber so.»
Fabio Celestini, wie oft machen Sie frische Pasta?
So oft es geht. Einmal in der Woche bestimmt. Dann bereite ich aber gerade so viel zu, dass ich einige Portionen im Tiefkühler aufbewahren kann. Die sind dann in zwei Minuten pronto, wenn ich sie brauche.
Sauce kommt auch ins Gefrierfach?
Oh nein, Sugo schmeckt mir nicht, wenn er gefroren war.
Essen Sie jeden Tag Pasta?
Früher schon. Aber jetzt esse ich normalerweise im Stadion.
Da gibt es aber sicher auch Pasta.
Ich vermeide es nach Möglichkeit, auswärts Pasta zu essen. Wenn ich einen schönen Teller Tagliatelle will, mache ich sie selber.
Welches ist denn ihre Lieblingspasta?
Da gibt es zwei Gerichte. Penne all’Amatriciana. Meine Mutter bereitet sie hervorragend zu, mit einem kleinen Stück Speck. Die Pasta habe ich als Kind sogar vor der Schule gegessen. Meine Mama hat jeweils für zehn bis zwölf Personen gekocht. Da blieben natürlich einige Reste übrig. Die haben wir dann zum Frühstück gegessen. So wie andere ein Stück Brot mit Konfitüre. Und dann gab es bei uns zu Hause auch hervorragende Spaghetti Carbonara. Die liebte mein Vater über alles. Ohne Rahm natürlich, nur mit Ei und Pecorino zubereitet.
Und wie haben Sie kochen gelernt?
Mein Vater arbeitete Schicht. Wenn er nach Hause kam, war er müde und hatte Hunger. War meine Mutter nicht da, machte ich meinem Vater etwas zu essen. Natürlich bereitete Mama alles vor, ich musste das Gericht nur noch aufwärmen. Aber von da an war mein Interesse am Kochen geweckt. Ich habe auch immer schon gerne gegessen und half Mutter und Nonna in der Küche. Nur liessen die beiden mich gar nicht viel machen, wie es in italienischen Familien halt ist (lacht). Erst als ich alleine lebte, konnte ich alles ausprobieren.
Was bedeutet Ihnen Kochen heute?
In erster Linie erinnert es mich an meine italienische Herkunft, an meine Familie, an schöne Momente in meiner Kindheit. Und wenn ich am Herd stehe, kann ich mich total entspannen. Ich denke nicht mehr an Probleme und Sorgen. Für mich ist Kochen wie Yoga.
Was lässt Sie so denn entspannen?
Es geht ja darum, etwas Schönes zuzubereiten, das man zu schätzen weiss. Es macht glücklich und fröhlich, gut zu essen und zu trinken. Ich vergleiche Kochen gern mit Malen: Da schafft man mit Farben auf der Leinwand ein Kunstwerk. Beim Kochen hat man die Zutaten, nimmt ein wenig davon, gibt dies und das dazu und kreiert ein Gericht, das auch zu einem Kunstwerk werden kann.
Dann improvisieren Sie gerne in der Küche. Schauen Sie trotzdem auch mal in ein Rezeptbuch?
Nicht, wenn ich ein Gericht gut kenne. Aber ich bin nicht so gut darin, Neues zu kreieren. Für vieles muss ich mir Rezepte anschauen. Für Fisch etwa. Den gab es bei uns zu Hause nicht oft. Ich kann Lachs gerade mal mit Gemüse in Folie oder Pergamentpapier packen – und ab in den Ofen damit. Das kommt gut. Aber für alle anderen Fischgerichte brauche ich eine Vorlage.
Besuchen Sie Kochkurse?
Einen Online-Kurs fürs Brotbacken. Denn das ist neben Pasta ebenfalls eine grosse Passion. Brot war in unserer Familie immer schon etwas Besonderes. Auch meine Nonna hat es immer selber gemacht – mit einem Kreuzzeichen im Teig. Als Dank dafür, dass wir überhaupt Brot hatten. Ich habe übrigens angefangen, selber Sauerteig anzusetzen. Das braucht zwar etwas Übung, aber das Brot wird wunderbar.
Kochen Sie mit grossem Aufwand?
Ich liebe es, gut zu kochen. Und es muss schön auf dem Teller angerichtet sein. Aber nicht mit Pinzette und Blümchen. Ich würde sagen, ich bin ein traditioneller Koch. Ich mag die einfache Küche. Ein schönes Stück Fleisch, das perfekt gebraten ist, nur mit ein bisschen Salz und Pfeffer gewürzt, das schmeckt doch hervorragend. Oder Schmorgerichte oder Sugo, die Stunden vor sich hingeköchelt haben. Aber dafür braucht es halt Zeit. Und die fehlt heute leider oft.
Als Trainer müssen Sie körperlich fit sein. Halten Sie sich an eine Diät?
Gewichtsprobleme hatte ich als Kind. Wie bereits erwähnt, hat meine Mutter stets viel gekocht – und die Reste haben mir immer geschmeckt (lacht). Da war ich schon etwas pummelig. Aber mit dem Fussball wurde mir schnell klar, wie wichtig die Ernährung ist. Und an die Ratschläge des damaligen Ernährungsberaters halte ich mich bis heute.
Geben Sie Ihren Spielern vor, was sie essen sollen?
Ja, natürlich. Wir haben einen Speiseplan, wir essen ja auch zusammen nach dem Training. Wurstwaren sind verboten. Und fetthaltige Fertigprodukte sollten auch nicht zum Ernährungsplan gehören.
Was halten Sie davon, wenn Sportler sich vegan ernähren?
Im Stadion, wo wir jeweils zu Mittag essen, haben wir auch einen veganen Speiseplan. Das ist kein Problem.
Könnten Sie sich vorstellen, selber vegan zu leben?
Ich habe es mal kurz versucht. Aber für mich ist das kein Thema. Es spricht mich nicht an. Die Einschränkungen sind mir persönlich zu gross, und ich mag auch keine Ersatzprodukte für Fleisch, Fisch, Eier oder Käse. Das ist mir zu künstlich.
Trinken Sie Wein zum Essen?
Sehr gerne ein Glas Rotwein.
Wo kaufen Sie Lebensmittel ein?
Meistens im Supermarkt direkt im Stadion, aber auch mal jenseits der Grenze – weil es in Deutschland einige italienische Produkte gibt, die in der Schweiz nicht erhältlich sind.
Welche Restaurantküche schmeckt Ihnen?
Eigentlich jede. Griechisch, mexikanisch, indisch, japanisch, chinesisch, thailändisch – ich probiere immer alles aus.
Schauen Sie vor der Restaurantwahl in einen Guide?
Ja, denn ich möchte ja gut essen, wenn ich es schon mal auswärts tue.
Als Fussballspieler sind Sie in viele Länder gereist und haben auch im Ausland gewohnt. Wo haben Sie am besten gegessen?
Früher war es ganz klar Italien. Aber seit ich in Spanien gelebt habe, bin ich gespalten. Die spanische Küche ist genauso hervorragend. Aber die Pasta in Italien ist natürlich ungeschlagen.
Gibt es ein Restaurant, das Ihnen immer noch in Erinnerung ist?
Ja, das gibt es. Das Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier. Das Essen war unglaublich. Wir sassen am Chefs Table in der Küche, konnten also die ganze Küche überblicken und der Brigade zuschauen, wie sie die Gerichte zubereitete und auf den Tellern anrichtete. Das werde ich nie mehr vergessen. Ich war total beeindruckt von dem reibungslosen Ablauf in der riesigen Küche.
Können Sie nach einer Niederlage des FCB in Basel in ein Restaurant gehen? Oder werden Sie dann ständig angesprochen?
Das kann man sicher. Aber es kommt wohl darauf an, wie man im Lokal auftritt. Es macht sicher einen Unterschied, ob ich in Ruhe mit meiner Familie und meiner Partnerin esse oder ob ich mit einer Gruppe lärmender Kollegen unterwegs bin. Aber ehrlich gesagt, habe ich nach einer Niederlage keine Lust, auswärts essen zu gehen.