Text: Isabel Notari | Fotos: Nik Hunger
«Menu surprise» im Rebhäuschen. Es liegt traumhaft, das Weingut zum Rosenberg. Mitten in Altdorf, am Hang des ehemaligen Kapuzinerklosters, bewirtschaftet Manuel Tresch 1,3 Hektar Reben. Mit viel Hingabe und Verve. «Ich freue mich jeden Tag, in die Reben zu gehen», sagt der Urner, der mit Lebenspartnerin Ramona Bichsel, 33, und Sohn Jano, 1, in Flüelen lebt. Kennengelernt haben sie sich vor über zwölf Jahren in Arosa GR, wo beide im «Prätschli» als Köche arbeiteten. Die Leidenschaft für den Wein ist riesig. Die Liebe zum Kochen aber auch. So bewirten die zwei im Rebhäuschen an den Hängen des Rosenbergs Gäste und Freunde mit einem «menu surprise». Die wenigen Plätze sind begehrt, wer mitessen möchte, muss sich lange im Voraus anmelden. Heute auf dem Menüplan: kalt geräucherte Lachsforelle, Vanillerisotto und Estragonbutter, Hechtwürfeli an Beurre blanc, dazu im Ofen geschmorter Sellerie, Taglierini mit heimischem Trüffel, sous-vide gegarter Tafelspitz (zirka 3,5 Stunden bei 56 Grad) mit Spinat und Himbeeren und als süsses Finale ein Basler-Läckerli-Mousse mit Diolinoir-Zwetschgen. «Auf die Idee zu diesem Dessert sind wir gekommen, als Mike Wehrle, Corporate Culinary Director auf dem Bürgenstock, kürzlich bei uns war, ein Basler Läckerli zu unserem Diolinoir-Wein knabberte und die Kombination sensationell fand», sagt Manuel Tresch. Umgesetzt habe es seine Partnerin Ramona. «Sie ist für Desserts zuständig.» Obwohl er ja eigentlich der gelernte Bäcker-Konditor ist.
Manuel Tresch, vom Bäcker-Konditor zum Koch und jetzt zum Winzer. Wie kam es dazu?
Das harmonische Zusammenspiel von Essen und Wein hat mich schon immer fasziniert. Aber so richtig auf den Geschmack gekommen bin ich während meiner Zeit als Koch in Arosa. Da ging ich oft mit meinen Arbeitskollegen aus, wir tranken Wein und diskutierten darüber, welche Sorten zu welchen Gerichten passen.
Das machen ja viele Geniesser.
Ja, aber mich hat es halt immer ein bisschen mehr interessiert als die anderen. Und deshalb entschloss ich mich im Jahr 2013 mit 30 Jahren, eine Winzerlehre bei Hermann Schwarzenbach in Meilen am Zürichsee zu machen. Danach hatte ich die Chance, beim Weingut zum Rosenberg in Altdorf einzusteigen. Es war ein riesiger Glücksfall.
Uri ist nicht gerade bekannt für Weine.
Aber Uri hat das Potenzial, zum Weinkanton zu werden. Der Föhn, dieser warme Wind, lässt die Trauben im Herbst gut reifen. Hier herrscht ein ähnliches Klima wie in der Bündner Herrschaft.
Vom GaultMillau wurden Sie bereits als «Rookie des Jahres» ausgezeichnet.
Ja, das hat mich wahnsinnig gefreut und noch mehr angespornt. Es gibt für mich nichts Schöneres als den Winzerberuf. Jeder Tag in den Reben bringt immer wieder Neues. Die Arbeit wird nie zur Routine, ist immer anders. Mein Ziel ist es, jedes Jahr einen noch besseren Wein zu machen, noch grössere Feinheiten reinzubringen und das Optimum rauszuholen.
Die Verbindung zur Bündner Herrschaft ist da, auch zu den Gantenbeins, den Winzerkönigen im Bündnerland?
Ich bin ein grosser Bewunderer von Marta und Daniel Gantenbein. Ein Winzerpaar, das mich wahnsinnig fasziniert. Ihre Professionalität bei jedem Schritt im Weinberg und im Keller ist unglaublich. Und da ich ziemlich auf die Bündner Herrschaft ausgerichtet bin, eben wegen des Klimas und der Traubensorten, frage ich gerne bei ihnen nach. Sie stehen immer mit Rat und Tat beiseite, machen um nichts ein Geheimnis. Man darf immer fragen und kriegt auch stets Antworten. Marta und Daniel Gantenbein haben eine riesige Vorarbeit geleistet, den Weg für uns junge Winzer geebnet, sodass wir jetzt von ihren Erfahrungen enorm profitieren können.
Ihre Lieblingstraubensorten?
Pinot noir und Chardonnay.
Für Ihren Pinot sind Sie bereits bekannt, der ist begehrt. Wann kommt der Chardonnay?
Dieses Jahr ist die erste Ernte. Dann lagert sie ein ganzes Jahr lang im Barrique, wird im November 2024 abgefüllt und kommt Anfang 2025 in den Verkauf.
Gedeiht er gut?
Das werden wir sehen. Bei Hermann Schwarzenbach in Meilen habe ich ja schon einige Chardonnays gemacht – ich weiss also, wie er werden kann. Aber was der Boden hier in Altdorf und das Klima hervorbringen werden, darauf bin ich sehr gespannt.
Ihre Lebenspartnerin Ramona teilt die Leidenschaft für den Wein?
Ja, sehr. Aber auch unsere Kochpassion kommt nicht zu kurz. Ramona ist ja gelernte Köchin. Wir kochen zusammen im Rebhäuschen.
Ein Paar, zwei Köche, eine Küche – wer ist der Chef?
Schwierig (lacht). Wir kochen am liebsten in Schichten, dann funktionierts. Zusammen in der Küche werkeln geht nicht, das gibt ein Debakel. Wir bereiten gerne Sechs-Gänge-Menüs zu, jeder macht drei Gänge. So steht der eine von zwei bis vier Uhr in der Küche, der andere von vier bis sechs Uhr. Das hat sich bewährt.
Was klappt denn nicht bei der Zusammenarbeit?
Wir arbeiten total unterschiedlich. Ramona kann ganz vieles zusammen erledigen. Bei mir kommt ein Schritt nach dem anderen. Dazwischen wird aufgeräumt, dann bin ich bereit für die nächste Arbeit.
Kochen Sie aufwendig?
Wir machen gerne alles selber. Das haben wir halt so gelernt. Wir backen das Brot gerne selber, machen die Butter, die Pasta.
Planen Sie Menüs lange im Voraus?
Ramona ja, sie probiert auch gerne Neues aus. Ich setze lieber auf das, was ich schon kenne. Deshalb poste ich auch gerne ohne grossen Plan.
Kaufen Sie denn gerne ein?
Sehr gerne. Am liebsten auf dem Wochenmarkt. Fische von den Gebrüdern Baumann in Attinghausen. Gemüse von Imhof, ebenfalls aus Attinghausen.
Was kochen Sie nicht gerne?
Desserts. Und mit Spätzli stehe ich total auf Kriegsfuss: so viel Teig, der überall kleben bleibt – furchtbar!
Essen Sie auch gerne auswärts?
Seit wir Sohn Jano haben, etwas weniger. Aber wir sind fleissige Restaurantbesucher. Dort holen wir unsere Inspiration, geben auch viel Geld dafür aus.
Gibts immer Wein zum Essen?
Sehr gerne zu Hause, jedoch nicht jeden Tag. Aber auswärts schätzen wir den passenden Wein zum Essen.
Lieber Roten oder Weissen?
Das kommt ganz auf das Gericht an. Rotwein mag ich sehr gerne zum Essen. Aber auch Weissweine, die im Barrique ausgebaut wurden, passen oft hervorragend. Und zu asiatischen Spezialitäten bevorzuge ich Riesling – wegen der Säure und der Schärfe.
Trinken Sie vor allem Ihre eigenen Weine?
Nein, eher selten. Ich will ja auch wissen, was die Winzerkollegen produzieren. Deshalb trinken wir leidenschaftlich gerne andere Schweizer Weine.
Wie wählen Sie Restaurants aus?
Wir schauen in Guides nach, machen uns online schlau, auf dem GM-Channel beispielsweise, und bekommen viele Tipps von Freunden und Kollegen.
Ihr Lieblingslokal?
Das ist ganz in der Nähe, das «Zwyssighaus» in Bauen. Dort stimmt für uns alles. Tolle Gastgeber, wunderbare Küche, immer gute Stimmung und traumhafte Aussicht auf den See. Und wenn einer der wenigen, aber sehr begehrten Tische auf dem Balkon für uns reserviert ist, ist die Welt einzigartig.