Text: Siméon Calame
Stéphane Décotterd, mögen Sie grünen oder weissen Spargel lieber?
Ich bevorzuge die grünen und darum aromatisch frischeren Spargeln. Gerne kombiniere ich sie mit Fisch.
Wie bereiten Sie diese zu?
Die erste Vorspeise in unserem Frühlingsmenü basiert auf geräucherter Forelle, grünem Spargel und Zitronenzeste. Letztere gibt dem Gericht eine angenehme Frische, die gut zur Jahreszeit passt.
Auf der aktuellen Karte von Décotterd: Grüne Spargeln mit geräucherter Forelle & Zitronenzeste.
Was machen Sie mit weissen Spargeln?
Letztes Jahr haben wir jeweils drei Stangen in ein Bärlauchblatt und Colonnata-Speck gewickelt und sie dann in einem Mantel aus Ton gedämpft. Vor den Gästen am Tisch haben wir den gebrannten Ton zerbrochen – was nicht nur geschmacklich spannend war. Zu Hause reicht ein wenig roher Schinken oder Speck als Beilage.
Haben Sie weitere Ideen für daheim?
Frischer Spargel, der noch leicht knackig ist, braucht eigentlich nicht viel mehr als eine hausgemachte Mayonnaise dazu. Falls Sie es etwas origineller wünschen, servieren Sie doch eine Vinaigrette mit gehacktem Ei und Estragon dazu. Alternativ können Sie ein Zitronen-Sabayon zubereiten, den Sie mit dem Kisagbläser zusätzlich aufschäumen. Diesen kann man vorbereiten und warmhalten, während man das Frühlingsgemüse kocht.
Bärlauch hat gleichzeitig Saison wie der Spargel. Ist es wirklich ein passendes Duo?
Nicht unbedingt – auch wenn sich Zutaten, die zur gleichen Zeit wachsen, normalerweise gut kombinieren lassen. Bärlauch kann, richtig eingesetzt, dem Spargel aber zusätzlichen Pfiff verleihen, weil die Stangen eher zurückhaltend schmecken. Dasselbe gilt für Morcheln! Sehr gerne packe ich Spargelspitzen zusammen mit Morcheln in einen Blätterteig – das passt sehr gut.
Gericht aus dem Frühlingsmenü vom letzten Jahr: Weisser Spargel mit Colonnata-Speck & Bärlauch im Tonmantel gegart.
Gericht im «Bistro» 2022: Spargelspitzen mit Salgescher Verjus, Brennessel-Ravioli und schwarzem Knoblauch.
Die Saison für Spargeln ist so kurz, dass sie quasi ein Selbstläufer sind, oder?
Es stimmt, dass Spargel unter anderem so beliebt ist, weil man ein ganzes Jahr auf ihn warten muss. Und er ist ein Frühlingsbote, kommt nach dem langen Winter als erstes auf den Tisch. Aber genau darum gilt es, eine sich jährlich wiederholende Routine zu vermeiden – man muss den Spargel immer wieder neu erfinden. Zudem ist die Zubereitung weniger einfach, als es scheint. Sie setzt ein wenig kulinarisches Fachwissen voraus.
Fachwissen – tatsächlich?
Spargeln sind eher faserig, sie auf den Punkt zu hinzubekommen, erfordert Präzision. Der grüne Spargel sollte leicht knackig bleiben. Der weisse muss gut gekocht sein, aber eben auch nicht zerfallen.
Die Spargelenden werden normalerweise weggeworfen, weil sie zu faserig sind. Muss das sein?
Nein. Man kann daraus entweder mit etwas Vollrahm eine Spargelcremesuppe kochen. Oder man gibt sie in einen Entsafter und köchelt den Saft danach ein. Man kann diese Reduktion danach in eine Sauce geben oder sie als Gel verarbeiten. Die anfangs erwähnte Vorspeise etwa enthält ein Sabayon mit Zitronenzesten und ebendiesem Spargelsaft. Wichtig ist einfach, die Spargeln in feine Scheiben zu schneiden, bevor man sie weiterverarbeitet. So werden die Fasern teilweise schon gebrochen. Falls Sie eine Suppe machen, achten Sie darauf den Vollrahm erst am Ende zuzugeben, um den gewünschten milchigen Geschmack zu bewahren.
Maurice Dussex: Er ist seit 45 Jahren Spargelbauer in Saillon, VS und beliefert viele Topchefs in der Romandie.
Im Vergleich zu anderem Gemüse ist Spargel teuer. Ist der Preis gerechtfertigt?
Ja. Spargel zu ernten, erfordert viel manuelle Arbeit und braucht ein gewisses Feingefühl. In der Romandie haben wir das Glück, da auf Maurice Dussex zählen zu können, der in Saillon, Kanton Wallis, ansässig ist und mit dem wir seit einigen Jahren zusammenarbeiten.
Haben Sie Spargeln auch schon süss zubereitet?
Wir haben es probiert. Aber es ist kein Zufall, dass man solche Zubereitungen eher selten auf Speisekarten findet… Bevor wir solche Experimente machen, stellen wir uns immer die gleichen Fragen: Wollen die Gäste ein solches Gemüse wirklich als Dessert? Gibt es für die Nachspeise wirklich nichts, was sich eher anbietet? Nicht zuletzt: Wenn wir Spargeln ans Ende des Gourmetmenüs setzen, was sollen wir dann als saisonale Vorspeise servieren?
Welchen Wein empfehlen Sie zu grünem Spargel?
Petit Arvine aus Saillon! Oft passen Produkte, die im gleichen Terroir, auf den gleichen Böden wachsen, gut zusammen. Zu der bereits am Anfang erwähnten Vorspeise schenken wir im Restaurant einen Räuschling von Cédric Besson aus Zürich ins Glas. Der Weisswein ist blumig, krautig, leicht säuerlich zugleich, und er passt perfekt zu geröstetem grünen Spargel.
>> Stéphane Décotterd ist Küchenchef in der «Maison Décotterd» mit 18 Punkten. Das Restaurant fokussiert auf lokale Produkte und gehört zur Hotelfachschule Glion (VD). Décotterd ist Mitglied der Grandes Tables de Suisse.
Fotos: Darrin Vanselow, India Belce-Kennedy