Text: David Schnapp I Fotos: Pascal Grob, Adrian Bretscher
Niemals hungrig. Unter der Führung von Culinary Director Heiko Nieder sind im «The Dolder Grand» zehn Küchenchefs und Sous-Chefs dafür verantwortlich, dass der Herd niemals kalt bleibt und die Gäste zu keiner Tages- und Nachtzeit Hunger haben müssen. Für die Party zum Hotel des Jahres haben sie ein besonderes Menü geschrieben: zehn Gerichte, dazu Amuse Bouches, je 130 Portionen, rund 2000 mal Comfort Food auf «Dolder»-Art. (Grosses Bild oben: Heiko Nieder und Sous-Chef André Wehrstett am Pass im The Restaurant.)
Ingo Kühn ist für Bankette und Brunch verantwortlich, und hat deshalb keine Angst vor grösseren Mengen: Sein Wolfsbarsch-Ceviche mit einer hochkomplexen Kumquat-Vinaigrette war eines der frischen Gerichte zum Start des «Flying Lunch» in der Lobby des Hotels. «Für die Vinaigrette braucht es rund 20 Zutaten, darunter Kumquatsaft, Vanille, Koriander, Sternanis oder Zimt», so Kühn über die wichtigste Zutat der leichten Vorspeise.
Einen Frischekick richtete auch «Blooms»-Chef Robin Briner an: Die fein dosierte Schärfe von Peperoncini blieb angenehm anregend am Gaumen hängen, nachdem der süss-saure Salat mit Erdbeeren, Tomaten und Kürbiskernen gegessen war. Im neu eröffneten veganen Gartenrestaurant «Blooms» serviert Briner unter anderem auch ein beliebtes Chawanmushi zur Vorspeise oder Randen als Hauptgang. «Das mögen erstaunlich viele Gäste, die sonst keine Randen mögen», berichtet er.
Lauwarm, herzhaft und wohlig schmeckt das Gericht, das René Kilian in der umgebauten Küche in der früheren Bar des Hauses zubereitet: zarter Hummer, Blumenkohl und ein vollmundiger Hollandaise-Espuma finden sich in der Schale. Kilian gehört zu Heiko Nieders ältesten Mitarbeitern, die beiden kennen sich länger als Nieder seine Ehefrau. Zurzeit ist René Kilian gerade für das Pop-up «Hummer Club» verantwortlich.
Niemand arbeitet virtuoser mit der schier unendliche Farbpalette der Aromen als 19-Punkte-Chef Heiko Nieder. Im «The Restaurant» überrascht er seine Gäste regelmässig mit Kombinationen, von denen man beim Lesen der Karte nicht die betörende Harmonie zugetraut hätte, die sie dann beim Essen entfalten. Das Beispiel des Tages: butterzart confierter Lachs an einer Kokos-Sauce mit Lakritz-Gel und Kopfsalat-Öl. «Das Gericht gibt es genau so auch bei uns im Restaurant», sagt Nieder.
Stefan Arnold ist der Mann für die erste und wichtigste Mahlzeit des Tages und hebt einige der Klassiker unter den Frühstücksgerichten auf ein neues Niveau: Zu den Bestsellern gehört der «Arme Ritter»; in Ei gewendeter und gebratener Toast, der mit Kochschinken, Spinat und Trüffel belegt wird. Darüber gibt Arnold «erst Trüffel-, dann Eigelbcreme», wie er beim Anrichten erklärt.
Der frisch und erstmals mit 16 Punkten ausgezeichnete Japaner Atsushi Hiraoka («Mikuriya») ist der kulinarische Neuzugang und so etwas wie der stille Star im Haus. Im früheren Sitzungszimmer der Suite 100 präsentiert für nur acht Gäste pro Abend eine Küche voller Poesie und geschmacklicher Anmut. Für die Hotel-Party hat er rund eineinhalb Stunden lang in der traditionellen quadratischen Tamago-Pfanne Omelett auf japanische Art zubereitet – Schicht für Schicht mit Sorgfalt und Hingabe aufeinandergelegt. Darauf legt er süss-würzigen Unagi (glasierter Aal) und aromatischen Sommertrüffel.
«Oriental Chef» Firas el-Borji ist für authentische libanesische Küche zuständig und stellt dies mit einem fröhlich-reichhaltigen Gericht aus saftigem Poulet-Schenkel-Spiess und einer Art Pizza unter Beweis. «Libanesische Pizza ist meine Erfindung», sagt er lächelnd. Auf das knusprige Fladenbrot kommen Tomaten und Granatapfel-Melasse sowie Petersilie und Sesam, dazu gibt es eine Knoblauchcreme ohne Laktose. «Dafür brauche ich nur Knoblauch, Eis und Olivenöl, aber es funktioniert nur im Thermomix», erklärt er das würzige Detail auf dem Teller.
Im Restaurant Saltz wird er jetzt mit 15 Punkten bewertet, zu seinem Repertoire gehören Klassiker der so genannt gutbürgerlichen Küche, die Julian Mai aber mit Raffinement verfeinert. Seinen Fleischvogel – «auf Schweizer Art», das ist ihm wichtig – macht Mai aus dünn geschnittenen Kalbsplätzli, die mit einer Kalbsfarce aufgerollt, sous-vide bei 68°C Grad gegart und dann mit Jus glasiert werden. «Die Beilagen ändern je nach Saison», so der gebürtige Schwabe. Jetzt im Sommer gibt es Pfifferlinge und einen knackigen Erbsen-Karottensalat dazu.
Er ist die Nummer zwei im «The Restaurant» und immer da, wenn Heiko Nieder ihn braucht: André Wehrstett könnte die Nieder-Gerichte vermutlich im Schlaf zubereiten, ist aber ganz im Gegenteil jederzeit hellwach. Diesmal bereitet er eine Art Party-Klassiker aus der Heiko-Küche zu: Zarte Spare Ribs, mit einer süss-sauren Marinade im asiatischen Stil glasiert, und mit einem knusprigen Reis-Chip belegt.
Antonio Gullo ist so etwas wie die Zucker- und Schokoladequelle des Hauses. Er bestückt die Vitrine in der Lobby mit bunten Patisserie-Portionen, stellt Macarons in Grossauflagen her und entwirft ausserdem noch Desserts fürs «Saltz». Sein süsses Gericht aus leichten sommerlichen Beeren, einer Creme mit der leicht harzigen Note von eingelegten Fichtennadeln und einem Joghurt-Eis war, wenn es dafür überhaupt noch einen Beweis gebraucht hätte, zum Schluss der letzte Beleg, dass die Chefs im «Dolder» in vielen Küchen-Disziplinen zur Spitze gehören.