Interview: Kathia Baltisberger Fotos: Lucian Hunziker
Haben Sie selbst schon mal einen Alpabzug miterlebt? Was ist das Besondere?
Ja, schon öfter. Ich gehe gerne mit meiner Familie in die Berge und die Kinder mögen es, wenn wir auf einen Alpabzug treffen. Mich fasziniert vor allem die Tradition, die Menschen mit ihren schönen Trachten und die geschmückten Tiere. Dieses Urchige gefällt mir. Wer sich mit der Kultur unseres Landes auseinander setzen will, sollte das einmal erlebt haben.
Welchen Einfluss hat ein Sommer auf der Alp auf den Käse? Welche Faktoren spielen dabei eine besondere Rolle?
Sehr entscheidend sind das Klima und die Dauer des Sommers. Dadurch verändert sich das Gras und die Kräuter, welche die Kühe oder Ziegen fressen und somit ändert sich auch massgeblich der Geschmack des Produkts. Sei das jetzt Käse, Butter oder Milch. Hinzu kommt auch noch die Lage der Alp: ob die Kühe am Nordhang mit tendenziell weniger Sonne oder am Südhang mit viel Sonne grasen, verändert ebenfalls den Geschmack des Futters und in der Folge den des Käses deutlich.
Hatte die enorme Hitze 2018 und der Wassermangel einen Einfluss auf den Alpkäse?
Ich glaube nicht, dass die Hitze an sich einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität hat. Natürlich ändert sich das Futterangebot für die Tiere und es werden vielleicht geringere Mengen infolge schwächerer Milchleistung produziert.
Merkt man eigentlich Unterschiede von Region zu Region? Oder sogar von Alp zu Alp?
Einzelne Regionen und Alpen heraus zu schmecken ist für die absoluten Sensoriker und feinen Gaumen vielleicht möglich. Für den gewöhnlichen Konsumenten eher weniger. Aber man schmeckt dennoch massive Unterschiede zwischen den einzelnen Käsen. Das hat aber auch mit der Rezeptur, der Machart und dem Reifegrad zu tun. Mit ein bisschen Training kann man aber auch Noten von gewissen Kräutern und Gräsern, die nur auf eingeschränkten Höhenlagen vorkommen, herausschmecken.
Wann hat Alpkäse eigentlich Saison?
Alpkäse hat keine Saison im eigentlichen Sinne. Bei kleineren Produzenten gilt zwar das Motto «es hät solangs hät», da hat es sicher nicht das ganze Jahr Käse. Bei Globus setzen wir den Fokus auf den Herbst, weil dann die Alpabzüge stattfinden und der Herbst schöne Bilder in die Köpfe der Kunden transportiert. Das Verlangen nach Hart- und Halbhart-Käsen steigt in den kühleren Jahreszeiten, während der Kunde im Sommer mehr Mozzarella oder Burrata kauft.
Wie lange muss man einen Alpkäse lagern?
Der Käse braucht mindestens sechs bis acht Monate zum Reifen, andere lässt man zwei Jahre reifen. Das ist Geschmackssache. Da aber die Produktionsmengen auf den meisten Alp-Betrieben ziemlich limitiert ist, hat es meistens wenige alte Käse.
Und wie lagert man ihn am besten zu Hause?
Wie bei allen Käsen empfehle ich, den Käse jeweils im Käse-Papier aufzubewahren. Das Papier hilft gegen das Ausfetten und Kondenswasser. Wichtig ist: eine Stunde vor dem Essen auspacken und bei Zimmertemperatur chambrieren. Aufs Tiefkühlen von Käse sollte man meiner Meinung nach verzichten, er wird einfach nicht besser.
Welche besonderen Alpkäse führt Globus?
Wir haben den Gruyère Alpage, der aus der Produktion von nur einer Alp bei Charmey stammt und den es nur bei Globus gibt. Daneben empfinde ich den Ziegenkäse von der Alp Malschüel oberhalb von Buchs SG als etwas speziell Feines. Wir führen auch französische Spezialitäten wie den Reblochon alpage oder den zweijährigen Beaufort aus den Savoyen. Ein Highlight ist aber der Bleu de Termignon, ein sehr traditioneller Blauschimmelkäse mit natürlicher Schimmelbildung. Da haben wir Glück, denn davon gibt es jeweils nur wenige hundert Käse.
Was ist mit den Italienern?
Da haben wir auch etwas Rares: ein Bettelmatt di Bettelmatt 2017 von einer kleinen Alp zuhinterst im Val d’Ossola nahe der Schweizer Grenze. Der hat ein grasiges Aroma und eine leicht ölige Konsistenz. Oder einen reifen Fontina d’alpeggio, den wir auf nur einer Alp auf über 2000 Meter über Meer im Aostatal ausgesucht haben.
>> Marco Bucher ist Buyer «Cheese & Dairy» bei Globus.