Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Wertvolle Nebenprodukte. Kaum einer würde zwischen leeren Bierharassen und Whiskey-Fässern eine Fischmast vermuten. Doch im Lager der Brauerei Locher im Appenzell befindet sich eine solche. Bier und Fisch, wie passt das zusammen? Bei der Bierproduktion entstehen wertvolle Nebenprodukte wie Hefe oder Treber. Die Brauerei Locher investiert viel, um aus diesen vermeintlichen Abfällen etwas Neues zu schaffen: Chips, Pizza und Balsamessig gibt es bereits im Sortiment. Das neuste Projekt: Felchen. Rund 8000 Fische schwimmen zurzeit in der Kreislaufanlage. 

Trester - Die Brauerei Locher züchtet Felchen, gefüttert werden diese mit dem Biertrester. - Patrick Enzler, Lagerchef und Res Mittelholzer, pensinierter Tierarzt sind für die Zucht zuständig. - Im Hofweissbad verarbeiten die Köche Marco Kölbener & Jan Schmid die frischen Fische - Appenzell - 23. Februar 2021 - Copyright Olivia Pulver

Hefe ist ein vitaminreiches Nebenprodukt aus der Bier-Produkion.

Fischfutter - Die Brauerei Locher züchtet Felchen, gefüttert werden diese mit dem Biertrester. - Patrick Enzler, Lagerchef und Res Mittelholzer, pensinierter Tierarzt sind für die Zucht zuständig. - Im Hofweissbad verarbeiten die Köche Marco Kölbener & Jan Schmid die frischen Fische - Appenzell - 23. Februar 2021 - Copyright Olivia Pulver

Die Brauerei Locher lässt aus den Nebenprodukten das Fischfutter für die Felchen herstellen.

Sensible Fische. Verantwortlich für die Fischmast sind Lager-Chef Patrick Enzler und der pensionierte Tierarzt Res Mittelholzer. Die beiden kümmern sich um die Fische, füttern sie, messen Temperaturen und PH-Werte im Wasser. «Die Tiere wachsen schneller in einer Mast, weil es mehr Futter gibt als im See», erkläret Mittelholzer. Die Tiere sind sehr sensibel und schnell gestresst. Für die beiden Neo-Fischzüchter ist vieles auch ein Ausprobieren. Die Brauerei lässt aus der Bierhefe Fischfutter beim Schweizer Produzenten Hokovit herstellen. Das Ziel ist, dass auch irgendwann das benötigte Fischmehl von den eigenen Felchen kommt. Dafür soll die Mast vergrössert werden.

Ambitionierte Jungköche. Doch was macht man mit 8000 Felchen? In der Appenzeller Gastronomie haben sich schon einige Abnehmer gefunden. Silvia Manser, 16-Punkte-Köchin in der «Truube» in Gais, gehört zu den Kunden. Und eine grosse Lieferung geht jeweils auch ins Hotel Hofweissbad. Dort arbeiten zwei ambitionierte junge Köche im Team von Chefin Käthi Fässler. Marco Kölbener, 24, und Jan Schmid, 22 sind beide Chef de Partie in der grossen Weissbad-Küche. Kölbener konnte vor zweieinhalb Jahren den Wettbewerb «La Cuisine des Jeunes» von «Schweizer Fleisch» für sich entscheiden. Mittlerweile kochen beide in der Schweizer Koch-Nationalmannschaft. 

Die Brauerei Locher züchtet Felchen, gefüttert werden diese mit dem Biertrester. - Patrick Enzler, Lagerchef und Res Mittelholzer, pensinierter Tierarzt sind für die Zucht zuständig. - Im Hofweissbad verarbeiten die Köche Marco Kölbener & Jan Schmid die frischen Fische - Appenzell - 23. Februar 2021 - Copyright Olivia Pulver

Marco Kölbener gewann vor zwei Jahren «La Cuisine des Jeunes» und ist in der Koch-Nati.

Die Brauerei Locher züchtet Felchen, gefüttert werden diese mit dem Biertrester. - Patrick Enzler, Lagerchef und Res Mittelholzer, pensinierter Tierarzt sind für die Zucht zuständig. - Im Hofweissbad verarbeiten die Köche Marco Kölbener & Jan Schmid die frischen Fische - Appenzell - 23. Februar 2021 - Copyright Olivia Pulver

Jan und Marco räuchern die Felchenfilets in einer Räucher-Eigenkonstruktion.

Tatar mit Bschorle-Sud. Jetzt haben die beiden eine Vorspeise mit Appenzeller Felchen kreiert. «Unser Hoteldirektor Christian Lienhard kam mit den Fischen auf uns zu und sagte: Macht mal etwas daraus», erzählt Marco. Des Chefs Wunsch ist ihnen Befehl. Sie machen ein Tatar mit Zitrusfrüchte, dazu gibt’s einen Sud aus Apfel, Gurke und Bschorle – ein alkoholfreies Biermischgetränk der Brauerei Locher. Doch erst muss der Fisch filetiert werden. «Mach du. Du kannst das besser», sagt Marco. Jan übernimmt. «Das ist gar nicht so einfach, weil das Fleisch des Fisches relativ weich ist», erklärt Jan. 

Zufriedene Chefin. Zwischendurch schaut auch die Chefin nach dem Rechten, hat aber vollstes Vertrauen in ihre beiden Schützlinge. «Das sind wirklich zwei Selbstläufer», sagt 16-Punkte-Chefin Käthi Fässler. Marco hat schon die Lehre bei ihr gemacht, Jan ist vor vier Jahren zum Team gestossen. «Viele sagen mir, als Koch müsse man auf Wanderschaft. Aber mir gefällt es hier so gut, ich will nicht weg», sagt Marco, der nur wenige hundert Meter vom Hofweissbad entfernt wohnt. Käthi gibt den beiden genügend Zeit, um sich für die Nati vorzubereiten, im November 2022 stehen die Weltmeisterschaften in Luxemburg an.

Die Brauerei Locher züchtet Felchen, gefüttert werden diese mit dem Biertrester. - Patrick Enzler, Lagerchef und Res Mittelholzer, pensinierter Tierarzt sind für die Zucht zuständig. - Im Hofweissbad verarbeiten die Köche Marco Kölbener & Jan Schmid die frischen Fische - Appenzell - 23. Februar 2021 - Copyright Olivia Pulver

Jan Schmid kocht ebenfalls in der Schweizer Nationalmannschaft. 

Felchen Tatar - Die Brauerei Locher züchtet Felchen, gefüttert werden diese mit dem Biertrester. - Patrick Enzler, Lagerchef und Res Mittelholzer, pensinierter Tierarzt sind für die Zucht zuständig. - Im Hofweissbad verarbeiten die Köche Marco Kölbener & Jan Schmid die frischen Fische - Appenzell - 23. Februar 2021 - Copyright Olivia Pulver

Das fertige Gericht: Felchen-Tatar mit Apfel-Bschorle-Sud.

Wie ein altes Ehepaar. Dann wird der Fisch geräuchert. Marco hat eine Weinkiste zweckentfremdet und ein paar Zweige einer Rottanne reingelegt. Er lässt den Rauch in die Box. Marco und Jan arbeiten konzentriert, sind aber dennoch zum Scherzen aufgelegt. «Wir haben das Gericht auch zusammen kreiert. Einer hat eine Idee, der andere entwickelt es weiter. Wir sind aber auch streng miteinander und kritisieren uns – ein bisschen wie ein altes Ehepaar», sagt Jan. 

 

www.hofweissbad.ch

www.appenzellerbier.ch