Text: David Schnapp Fotos: Olivia Pulver

Signore Geddes Da Filicaja, vor knapp einem Monat haben Sie in Zürich zusammen mit der Familie Bindella das «Ornellaia» eröffnet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Lassen Sie mich etwas ausholen: 1985 war ich CEO von Antinori und Rudi Bindella hat einen Vintage-Wein von uns importiert. Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft mit Rudi. Und als er mir vor einigen Monaten nachts eine E-Mail schrieb, um mir diese Idee von einem gemeinsamen Ornellaia-Restaurant in Zürich zu unterbreiten, habe ich am nächsten Morgen nicht lange überlegen müssen.

 

Warum brauchen die Weine von «Ornellaia» ein eigenes Restaurant?

Das Restaurant ist eine Plattform, um unsere Weine sichtbar zu machen, und zu zeigen wofür wir stehen: absolute Qualität. Dabei geht es nicht nur um den Wein an sich. Absolute Qualität ist die Basis von allem, was wir tun. Und schliesslich brauchen gute Weine brauchen gutes Essen.

 

Für das Essen ist der Süditaliener Giuseppe D’Errico verantwortlich, er war fünf Jahre lang Sous Chef im legendären französischen Drei-Sterne-Haus «Troisgros». Waren Sie bei der Auswahl des Küchenchefs involviert?

Selbstverständlich, wir waren in jedes Detail involviert, auch bei der Suche nach dem idealen Küchenchef: Er hat zwei Tage bei uns auf dem Weingut verbracht, um unsere Weine und unsere Ideen kennenzulernen. Wir wollten einen sehr guten Koch als Gesicht des Restaurants.

Die Ornellaia-Filiale in Zürich – eine noble Kooperation mit der Familie Bindella.

Das Restaurant ist ja vermutlich nicht nur ein Freundschaftsdeal mit der Bindella-Gruppe. Wie wichtig ist der Schweizer Weinmarkt für Ornellaia?

Wenn es um Qualität von Weinen geht, ist die Schweiz vermutlich der beste Markt der Welt. Und italienische Weine haben gerade in der Deutschschweiz eine Sonderstellung, während die Romands eher französische Weine trinken. Aber wir glauben natürlich, dass wir hier noch wachsen können.

 

Eine persönliche Frage: Erinnern Sie sich an Ihr erstes Glas Wein?

O ja, da war ich fünf Jahre alt und zum ersten Mal betrunken (lacht). Ich bin auf einem Gut in der Toskana aufgewachsen, und wir Kinder – ich bin das älteste von sechs Geschwistern – durften nicht bei den Erwachsenen essen sondern hatten unseren eigenen Speiseraum. Wir Knirpse hatten es da geschafft, unbemerkt etwas Wein zu erwischen. Die Nanny fand mich dann schlafend in einer Ecke…

 

Und das erste Glas, das Sie wirklich geniessen konnten?

Zu Hause war Wein eine Konstante in unserem Leben. Mit 15 durfte ich vom Kinderesszimmer zu den Erwachsenen umziehen, und von da an habe ich Wein immer genossen.

 

Sie wurden 1945 geboren: Es stimmt also, dass zwei, drei Gläser Wein pro Tag gesund sind?

Vor allem Rotwein, ja (lacht).

 

Was halten Sie eigentlich von dem Begriff «Super Tuscans» für hervorragende toskanische Weine?

Das ist eine sehr kreative Erfindung der Amerikaner, die nicht so genau wussten, wie sie unsere Weine einordnen sollten. «Super» bezieht sich sowohl auf den Preis als auch auf die Qualität natürlich.

 

Was macht einen Ornellaia zu einem grossen Wein?

Schon bei der Gründung 1981 wurde das Weingut darauf ausgelegt, mit die besten Weine der Welt zu produzieren. Das fing bei der Wahl des Terroirs an, den Rebstöcken bis zum Ausbau, der Kellerei und so weiter. Seit 1985, als der erste Ornellaia lanciert wurde, ist jede Jahr, jeder Vintage-Wein von neuem eine Entdeckung.

 

Und Ihre Zweitweine?

Unsere Zweitweine wie «Le Serre Nuove dell’Ornellaia» stammen von jüngeren Trauben, sind leichter und können deshalb früher getrunken werden. Trotzdem haben Sie meiner Meinung nach alle Charakteristika eines echten Ornellaia.

 

Wie schätzen Sie Ihre Konkurrenz in Spanien oder Frankreich ein?

Wir haben gute Kontakte nach Spanien, dort gibt einige grossartige Weine. Auch zu Bordeaux haben wir eine rege Beziehung. Noch interessanter für uns sind aber die Top-Weine von Mondavi aus dem Napa Valley. Mit den Pionieren des kalifornischen Weinanbaus verbindet uns ein Joint Venture. Ich war 1982 erstmals auf deren Gut und die Qualität ihrer Weine hat mich damals schon beeindruckt.

 

Die letzte Frage: Welcher Ihrer Weine passt perfekt zu welcher Speise?

Zur Vorspeise würde ich einen Ornellaia Bianco 2016 wählen, unseren Sauvignon Blanc. Er ist frisch und geht hervorragend mit sautierten Scampi. Zu Tagliatelle mit Tomaten und Basilikum als Pastagang empfehle ich unseren Zweitwein, Le Sere Nuove 2015. Als Hauptgang schlage ich ein auf Holzkohle grilliertes Bistecca Fiorentina vor, dazu einen Ornellaia Vintage 1999, einer der besten Vintage-Weine aus unserem Haus. Und schliesslich zum Dessert – zum Beispiel zu Crêpes – einen «Ornus dell’Ornellaia». Das ist ein Petit Manseng mit schöner Süsse-Säure-Balance aus den Pyrenäen, den unserer früherer Winemaker bei uns gepflanzt hat, und den wir nur in kleinen Mengen anbauen und in halben Flaschen verkaufen.

 

>> Giovanni Geddes da Filicaja, Jahrgang 1945, ist CEO von Marchesi Frescobaldi. Das toskanische Unternehmen produziert seit dem 14. Jahrhundert Wein, heute gehören dazu Kultlabel wie Ornellaia und Masseto. Seit 2018 betreibt Ornellaia mit der Familie Bindella das Restaurant «Ornellaia» in Zürich.