Text: Sherin Kneifl Fotos: Claude Stahel
Rock in der Rösterei. Kaffee und Liebe sind heiss am besten, heisst es… Und man kann sich lebhaft vorstellen, dass die Macher von Black & Blaze nach diesem Motto leben. Laute Rockmusik schallt einem beim Betreten der einstigen Garage entgegen, in der die kleine Rösterei untergebracht ist. Hier, aus Ebmatingen ZH kommt der bei Gourmets heiss begehrte Schweizer Kaffee her. Claude Stahel, früher Werbe-Fotograf, ist Herr über den guten Geschmack. Der 52-Jährige gründete 2010 das Unternehmen und beliefert Szenelokale wie das «Kaufleuten» oder Péclards Milchbar am Paradeplatz, dekorierte Restaurants («Mesa», «Neue Forch») und Delikatess-Läden. Sein neuester Coup: eine eigene Rösterei bei Andreas Caminada auf «Schloss Schauenstein». Ab Oktober kann man den «Black & Blaze» in Fürstenau kaufen.
Wie kommt ein Fotograf zum Kaffeerösten?
Vor zehn Jahren war ich an einer Fotoproduktion in Kapstadt. Dort trank ich in einem kleinen Lokal mit eigener Röstmaschine einen fantastischen Espresso. Daheim wollte ich mich im Internet schlau machen, aber es gab praktisch keine Informationen zum selber Rösten. Auf gut Glück habe ich eine Maschine aus der Türkei bestellt, sie bei mir im Studio aufgestellt, ein Loch in die Wand machen lassen für die Abluftableitung und losgelegt. Der erste Versuch war ein Desaster, überall Rauch! Die Bohnen waren komplett verbrannt! Von Mal zu Mal lernte ich dazu, nicht nur Freunde waren begeistert, sondern langsam auch die ersten Kunden. Meine Ein-Kilo-Maschine lief andauernd. Doch wenn ich etwas mache, dann richtig: Ich habe eine zwanzig-Kilogramm-Bühler-Maschine gekauft und diese Garage gemietet. Am Anfang hatte ich schlaflose Nächte und habe alles selbst gemacht – vom Einkauf über das Verpacken bis zum Liefern. Seit vier Jahren kann ich von meinem Kaffee leben und habe derzeit 120 Stellenprozent an Mitarbeitern. Ich führe einen Kleinbetrieb, bei dem jedes Detail stimmen muss.
Wie haben Sie das Handwerk gelernt?
Ich habe das Gespräch mit anderen kleinen Röstereien gesucht, nutzte jede Gelegenheit auf meinen Reisen, mit den Baristas fachzusimpeln. Meine Ferien verbrachte ich in den Anbaugebieten rund um den Kaffeegürtel am Äquator – in Indien, Tansania, Panama. Mittlerweile lassen wir alle zwei Jahre einen Consultant einfliegen, um up to date mit der internationalen Röstergilde zu sein.
Wie viele Tassen trinken Sie pro Tag?
Vier Espressi. Und stets einen Filterkaffee am Morgen gegen den Durst. Filterkaffee wird sogar noch interessanter im Aroma, wenn er abgekühlt ist.
Apropos kühl: Was halten Sie vom Cold-Brew-Trend?
Finde ich spannend. Eine sehr frische Alternative. Dabei wird der gemahlene Kaffee über Nacht in Wasser eingelegt und anschliessend abgeseiht. In der Zürcher «Milchbar» bieten wir seit drei Jahren Cold Brew aus diversen Single-Estate-Bohnen an. Das Ergebnis schmeckt süss, vollmundig und eignet sich super für Mixgetränke, zum Beispiel mit Tonic Water.
Uns beschallt hier laute Rockmusik. Welche Rolle spielt der Rhythmus (Beat) beim Rösten?
Bei Black & Blaze kann nur arbeiten, wer auf Rock steht! Darauf achte ich schon beim Einstellungsgespräch. Ähnlich dem Brotbacken sind viele Parameter wichtig: unter anderem der Luftstrom, wie schnell die Hitze in die Bohne eindringt, sogar die Jahreszeit spielt eine Rolle. Wir wollen keine Röstaromen, sondern einen clean coffee produzieren. Für die maximale Kontrolle haben wir die Röstmaschine mit zusätzlichen Sensoren ausgerüstet. Mittels Kopfhörer hören wir das Knacken der Bohnen in der Trommel, über einen Computerbildschirm vergleichen wir in Echtzeit die Temperaturkurven gemäss einem angelegten Profil. Da ist nichts dem Zufall überlassen. Es gibt einen grossen Unterschied zwischen Bohnen braun oder perfekt machen.
Gerade haben Sie eine Linie fürs «Schloss Schauenstein» kreiert, die vor Ort geröstet wird. Was ist das Besondere daran?
Sie ist vom Geschmack bis zur Verpackung auf Andreas Caminadas Kochkunst abgestimmt und besteht aus der exklusivsten Kaffeevarietät der Welt, den sogenannten Geishas. Wir schulen sein Personal individuell: Die Kellner lernen, am Tisch vor den Augen des Gastes den Kaffee mit einer Handmühle frisch zu mahlen, zu wiegen und ihn danach als Pour-Over-Coffee im V 60 zuzubereiten. Das ist ein Filtersystem ähnlich dem Melitta aus Japan, mit einem relativ grossen Loch in der Mitte. 15 Gramm Pulver kommen in den Filter und werden mit etwas heissem Wasser aufgegossen. Man lässt alles einen Moment ziehen. Im Anschluss an diese Blooming-Phase wird in Drehbewegungen das Pulver vom Filter weggewaschen. 250 Milliliter laufen in zwei bis drei Minuten durch. Das ergibt ein Getränk mit schöner Bernsteinfarbe.
Was wäre, wenn ich mir nach dem Essen einen Cappuccino bestelle?
Bitte nicht! Welch ein Fauxpas. Milchgetränke passen ausschliesslich morgens.
Kaffee nach dem Dinner, steht einem da nicht eine schlaflose Nacht bevor?
Nein. Wenn das Grundprodukt gut ist, macht es nicht nervös. Der grösste Fehler wäre, Rahm und Zucker zu nehmen.