Text: David Schnapp Fotos: Thorsten Jochim/Gräfe und Unzer Verlag
In der guten Stube. Der sympathische Münchner Bobby Bräuer hat wohl einen der ungewohntesten Arbeitsorte für einen Spitzenkoch mit 18 Punkten und 2 Sternen: Hoch über der BMW Welt im dritten Stock liegt sein «Esszimmer». Das gemütliche Restaurant hat tatsächlich etwas von einer Wohnstube, im Regal stehen persönliche Erinnerungen des Chefs, der mit seinen Köchen hinter einer Glasscheibe bei der Arbeit zu sehen ist.
Sechs Restaurants. Die BMW Welt beim Olympiapark ist die meistbesuchte Touristenattraktion Bayerns. Hier stellt der Automobilkonzern vom Mini bis zum Rolls-Royce seine Produkte aus, hier finden aber auch Events statt und Kunden können die Abholung ihres neuen Fahrzeuges zum Erlebnis machen lassen. Und die BMW Welt ist eine kleine kulinarische Attraktion: Vom Hot-Dog-Stand bis zum Spitzenrestaurant gibt es gleich sechs verschiedene «Outlets», in denen man etwas zu Essen bekommt.
Salat, Hot Dog, Kabeljau. Diese Vielfalt hat Bräuer nun in einem Buch festgehalten. «1 Hot Dog und 2 Sterne» ist ein ungewöhnliches Werk für einen Spitzenkoch. Denn Bräuer, der in der BMW Welt insgesamt 35 Köche führt, ist sich nicht «zu schön», um tatsächlich auch ein Rezept für einen Hot Dog mit Sauerkraut und Röstzwiebeln abzubilden. Daneben gibt es aufwendige Gerichte aus dem «Esszimmer» wie der grandiose Kabeljau mit Purple Curry, Holunderdressing und Rauchmandel. So etwas hat für Bräuer dieselbe Bedeutung wie ein Fenchelsalat mit Bauernhähnchen, Orange und Chicorée, der im «Coopers» serviert wird.
Fish ‘n’ Chips und Gänseleber. Denn Bräuer sieht das ziemlich entspannt: «Man kann alles schön kochen», erzählt er bei einem kurzen Telefongespräch. «Es darf auch mal Fish ‘n’ Chips und muss nicht immer Gänseleber sein», fügt er an. Der Spitzenkoch, der unter anderem in Hotels gearbeitet hat, sieht seine jetzige Arbeitsstätte genau so: «Im Hotel macht man Frühstück, Bankette, à la carte…, und so ist es hier auch. Mir macht das Spass, weil die Arbeit so variantenreicher ist.» Bräuers Job in der BMW Welt ist so abwechslungsreich wie seine Karriere. Der Schüler der Deutschen Kochlegende Otto Koch hat auch eine Schweizer Vergangenheit: Nach der Lehre arbeitete er bei 19-Punkte-Chef André Jaeger in der «Fischerzunft» in Schaffhausen, wo gerade die euro-asiatische Fusionsküche erfunden wurde. Es folgten Stationen in Italien, bei Dieter Müller oder in der «Aubergine» bei Eckard Witzigmann.
Qualität und Sorgfalt sind trotzdem oberste Pflicht. In München kommt das heute alles irgendwie zusammen und Bräuer bringt seine Idee vom Kochen auf unterschiedlichsten Niveaus auf eine simple Formel: «Wenn ein Tourist in die BMW Welt kommt und einen Salat essen will, soll er den in einer guten Qualität bekommen.» Wie man das macht, steht in seinem neuen Buch und auch, wie man eine Taube nach Grenobler Art zubereitet: mit Kapern und Zitrus, die im «Esszimmer» als Gel auf den Teller kommen. «Nicht ganz einfach zu kochen […] aber nicht unmöglich», schreibt Bräuer im Vorwort des Buches. Das ist so ehrlich wie das «Esszimmer» und bringt dem Autor weitere Sympathiepunkte.