Text: Kathia Baltisberger
Coffee Table Book. Nein, Jeroen Achtien hat kein Kochbuch geschrieben. «Jeroen Achtien - Creative Chef Collection » ist auf der einen Seite ein Bilderbuch, das in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Ron Greve und dem Autor Joost Scholten entstanden ist. Die imposanten Food-Fotografien dominieren das über 250 Seiten dicke Werk. Es ist aber auch eine kulinarische Biografie des Küchenchefs, der seit 2018 im «Sens» im Vitznauerhof kocht. Das Buch erzählt von der schwierigen Anfangszeit im schmucken 4-Sternhotel am Vierwaldstättersee. «Als Executive Chef musste ich mich zunächst darum kümmern, dass im Hotel alles rund läuft. Ich stand jedem Tag auf der vollen Terrasse und habe Steaks und Fisch grilliert», beschreibt Achtien die Zeit. Schichten von morgens um 8 Uhr bis nachts um 1 Uhr setzten dem Holländer und seiner Beziehung zu – und da war das «Sens» noch nicht mal geöffnet. Achtien schildert sehr persönlich, wie die schweizerische Gastro-Mentalität auf seine eigenen Vorstellungen prallte.
Unterwegs um den See. Doch Achtien ist ein ehrgeiziger Typ, will stets optimieren und schafft es auch, sich und seine Küche zu etablieren. Vom GaultMillau gabs zum Start 16 Punkte, heute sind es 17. Ein Michelin-Stern liess auch nicht lange auf sich warten. Und das trotz der ungewöhnlichen Bedingungen. Achtien besucht seine Produzenten, die er alle selber erst finden musste. Für Kenner der Gastro-Szene sind es die «üblichen Verdächtigen». Doch als Achtien in der Schweiz ankam, konnte er nicht einfach auf ein Netzwerk zurückgreifen, sondern musste sich erst informieren, wer die besten Produkte anbietet. Die Region rund um den Vierwaldstättersee ist ertragreich. Achtien kauft bei Bottis Kräutergärtnerei ein. Auf der anderen Seite des Sees hält Toni Odermatt seine Ziegen. Auch der Uelihof in Ebikon ist nicht weit entfernt. Käse kauft man am besten bei Rolf Beeler ein.
Pulpo & Chorizo. Doch Achtiens aussergewöhnliche Küche setzt nicht ausschliesslich auf Produzenten aus der Region. Fische aus der Nordsee oder Ananas und Mango werden genauso in die Gerichte integriert wie Ziegenfrischkäse aus Stans. Was Achtien aus all diesen Produkten macht, sieht man Seite für Seite: Getrockneter Oktopus mit schwarzem Knoblauch, Chorizo, Apfel und einer Zitronencreme. Oder Creme aus Entenleber mit Geisskäse, Kürbis-Kombucha und Kumquat (grosses Bild oben). Curry-Glace mit gepickeltem Sellerie, Passionsfrucht-Ponzu und Schokolade.
Mit QR-Code zum Rezept. Es handelt sich um ein Buch, an dem man sich kaum satt sehen kann. Wer trotzdem genug von den Bildern hat, kann sich ja mal ans Kochen wagen. Denn ganz ohne Rezepte geht es doch nicht. Doch die befinden sich nicht im Buch. Der erste Band der «Creative Chef Collection» ist ganz klar ein Coffee Table Book – es hat in der Küche nichts verloren. Wer die ambitionierten Gerichte von Jeroen Achtien nachkochen will, zückt am besten das Tablet oder das Smartphone. Mittels QR-Code kann man die Rezepte nämlich online abrufen – die Codes sind dem Buch beigelegt. Mit zwei Klicks kann man sich also ans Sushi rollen machen. Oder an Achtiens Version einer Rösti – mit Liebstöckel, Poulet und gepickelten Zwiebeln.