Interview: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver

Wagyu und Kobe gehören zu den teuersten Fleischsorten der Welt. Klären Sie uns auf: Was ist eigentlich der Unterschied?
Lucas Oechslin: Wagyu bedeutet nichts anderes als japanisches Rind. Das ist die Rinderrasse, die sich in Japan entwickelt hat. Es handelt sich um die Tajima-Rinder, das Schwarzvieh der Japaner. Das Besondere an ihnen ist ihre genetische Fähigkeit, Fett in den Muskel aufzunehmen. Natürlich muss man sie entsprechend füttern. Nur dann kommt diese einzigartige Marmorierung zum Vorschein und bringt die Vorzüge dieses Fleisches richtig zur Geltung.
Marco Tessaro: Dabei haben die buddhistischen Japaner lange gar kein Rindfleisch gegessen. Erst als der Westen anfing, mit Japan Geschäfte zu machen, entdeckte man die einzigartige Qualität dieses Fleisches und die Japaner fingen an, daraus ein Business zu machen. 
Lucas Oechslin: Und da kommt nun Kobe ins Spiel. Kobe ist keine Rasse, sondern eine Herkunftsbezeichnung und eigentlich ein Brand. Nur reinrassige Tajima-Rinder aus der Präfektur Hyogo dürfen überhaupt zu Kobe werden. Sie haben ihr Leben dort verbracht und wurden auch dort geschlachtet. Es ist ähnlich wie beim Champagner, der nur aus der Champagne kommen darf. Dahinter steckt viel Marketing. 
 

Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Zertifizierte Kobe-Händler und Restaurants kriegen einen Pokal. 

Original japanisches Wagyu A5 + - Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Kobe Beef der Klasse A5 ist der Rolls Royce unter den Wagyu-Steaks.

Wie kommt die extreme Marmorierung im Fleisch zustande?
Marco Tessaro: Das liegt einerseits eben an der Genetik der Tiere. Andererseits an der Fütterung. Und die ist ein gut gehütetes Geheimnis. Sie verfüttern den Rindern Getreide, Heu, Gras, Reisschrot, Algen und vieles mehr. Die Fütterung beeinflusst direkt die Zusammensetzung des Fettes. Also auch das Verhältnis zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Dies wiederum hat einen positiven Einfluss auf den Schmelzpunkt. Dieser ist so tief, dass das Fett bei 36 Grad bereits schmilzt. Und genau deshalb ist Wagyu so gut: wegen des Mundgefühls. Es schmilzt wie ein Stück Butter.
Lucas Oechslin: Grundsätzlich kann man zur Marmorierung auch sagen: Je marmorierter, desto hochwertiger. Aber die Fettadern müssen ganz fein sein, das ist auch ein Qualitätsmerkmal.

Wagyu und Kobe wird in Fettklassen eingeteilt, man sieht aber immer wieder unterschiedliche Skalen. Woran kann man sich festhalten?
Lucas Oechslin: Es gibt den sogenannten BMS, den Beef Marbling Standard. Diese Skala geht von 1 bis 12. Die Japaner reden aber von A3 bis A5. Das verwirrt die Kunden. Man glaubt schnell, dass ein japanisches A5-Wagyu nicht so gut ist wie ein australisches Stück der Klasse 7. Dabei entspricht A5 ungefähr einem BMS 12. Der Vorteil von unserem Online-Shop ist, dass man anhand der Bilder sieht, was einen erwartet. 

Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Marco Tessaro (links) und Lucas Oechslin von Luma kennen sich mit Wagyu aus, haben gute Beziehungen nach Japan.

Australisches Wagyu Jack’s Creek 6 bis 7 - Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Das australische Wagyu Jack's Creek hat einen BMS von 6 bis 7.

Früher war Wagyu ausschliesslich in Japan erhältlich, heute wird auf der ganzen Welt gezüchtet. Wieso?
Marco Tessaro: Lange durften weder Fleisch, noch Embryonen exportiert werden. Denn die Japaner wussten, was sie da haben ist ein absoluter Glücksfall. Wenn da Embryos ins Ausland gelangen würden, hätten sie ein Problem. Eine Legende besagt, dass jemand Embryonen auf dem Schwarzmarkt erstanden hätte und so die Zucht ausserhalb Japans gestartet hätte. So hat sich das Wagyu verbreitet. Aber man fing auch an, Wagyu mit anderen Rassen zu kreuzen. Oft hat man Fleisch von nicht-reinrassigen Tieren, das merkt man dann auch an der Qualität. Auf der anderen Seite bringt eine Kreuzung mit einem Angus-Rind andere Vorteile. 
Lucas Oechslin: Man muss auch ein bisschen aufpassen: Manchmal wird einem Wagyu «Kobe Style» angeboten, das nicht das Original aus Japan ist. Deshalb hat man angefangen die Marke Kobe zu zertifizieren. Nur ausgewählte Händler dürfen Original-Kobe verkaufen. Wir gehören auch dazu, stehen in engem Kontakt zu den Japanern. Und die nehmen das ernst: Jeder Kobe-Händler kriegt einen Pokal und ein Zertifikat. Und von jedem Stück Fleisch kann man die Herkunft bis zum Ur-Grossvater des Rindes zurückverfolgen. Auch die Menge ist begrenzt. Sie wollen das exklusiv behalten, den Mythos und die Legende am Leben erhalten.

À propos Mythos: Stimmt das, dass man die Wagyus mit Bier oder Sake massiert? 
Marco Tessaro: Es gibt sicher Bauern, die das so machen. Aber das ist mehr Show. Wir haben das auch schon gesehen. Es gibt auch den Mythos, dass die Rinder klassische Musik hören. Aber davon hängt die Fleischqualität nicht ab. Es gibt aber durchaus so Massage-Apparaturen. Aber das gibt es auch auf Schweizer Bauernhöfen bei anderen Rinderrassen. Das ist bei uns gang und gäb. 

Welche Länder sind – abgesehen von Japan – Spitzenreiter in der Wagyu-Produktion?
Lucas Oechslin: Sicher Australien und die USA. Das sind allgemein die besten Rindfleisch-Produzenten der Welt. 

Beide Länder sind extrem weit weg. Viele Konsumenten wollen nichts mehr, das von so weit herkommt. Gibt es auch Schweizer Wagyu, das mithalten kann?
Marco Tessaro: Es gibt immer mehr Schweizer Wagyu-Produzenten. Am Anfang war das noch weit von dem entfernt, was wir aus Japan kannten. Mittlerweile gibt es coole Produkte. Wir werden oft angefragt von den Züchtern, haben aber im Moment kein Schweizer Wagyu im Sortiment. Ein Faktor ist der Preis. Das Fleisch ist oft teurer als Wagyu aus Australien und kann dann doch nicht ganz mithalten. Die Konsumenten denken oft, bei der Nachhaltigkeit sei der Weg das Problem. Aber das macht höchstens 5 Prozent des ökologischen Fussabdruckes aus. Wer trotzdem nur Fleisch aus der Schweiz kaufen will, dem empfehlen wir zum Beispiel unser Swiss Black Angus oder Handselected Swiss Beef. Das ist geschmacklich nicht das Gleiche wie ein Wagyu, aber das Beste, was man in der Schweiz kriegen kann. 
Lucas Oechslin: Wer das Wagyu-Erlebnis will, der soll wirklich ein japanisches Wagyu probieren. Wichtig ist: Man muss das Fleisch teilen. Das hat so viel Fett, da isst man nicht ein 450 Gramm schweres Entrecôte alleine. 

Original japanisches Wagyu A3 - Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Luma Delikatessen hat lauter Zertifikate für den Vertrieb des Brands Kobe. 

Original japanisches Wagyu A5 + - Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Wichtig bei Wagyu und Kobe ist die intramuskuläre Marmorierung. 

Nasenabdruck vom Kobe-Rind - Luma Delikatessen - Lucas Oechslin und Marco Tessaro - Wagyu / Kobe - Copyright Olivia Pulver - 12. Mai 2022

Jedes Stück Fleisch kann man bis zum Urgrossvater des Rindes zurückverfolgen. 

Und welche Stücke sind bei Luma erhältlich? Gibts auch Second Cuts?
Marco Tessaro: Wir haben vor allem Filet, Entrecôte und Hohrücken im Angebot. Bei Kreuzungen gibt es auch Bavet oder Flanksteak. Natürlich hat so ein Tier auch noch andere hervorragende Stücke. Aber auch das haben die Japaner kapiert und behalten diese für sich. 

Und wie bereitet man das zu? Bei so teurem Fleisch hätte ich Angst, etwas falsch zu machen.
Lucas Oechslin: Das ist das Dankbare am Wagyu: Man kann fast nichts falsch machen. Es hat so viel Fett, dass es praktisch nicht trocken wird. Es hat viel mehr Spatzung von der Garstufe her. Trotzdem empfehle ich Medium oder sogar Medium rare, aber das ist Geschmackssache. Ich würde es mit sehr viel Hitze anbraten. Das Fett löst sich sofort und das Steak frittiert sich quasi selbst. Das gibt eine wunderbar gleichmässige Kruste. Dann in dünne Streifen schneiden, etwas Salz darüber und sonst braucht es nichts. Auf dem Grill ist es eher eine Challenge, weil das Fett ins Feuer tropft. 

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