Text: David Schnapp
Nächster Termin: 11. August 2024. 500 Regenschirme standen bereit. Aber das «Wetterwunder» wiederholte sich: Auch die fünfte GaultMillau-Party im Grand Resort fand bei strahlendem Sonnenstein statt. Sturm, Donner und Regen gab’s erst am Abend, bei der «After Party» für die Chefs und ihre Mitarbeiter. Die waren zuvor in Hochform: Gute Laune an jeder Kochstation, zum Teil äusserst aufwändige Gerichte, exzellente Weine – und tausend Selfies rund um den Pool. Die stillen Stars im Garten: Die über 100 Mitarbeiter des Grand Resorts, unterstützt von den Studenten der EHL-Passugg, die mit einem Lächeln chrampften, während die Gäste chillten. «Bad Ragaz macht einen Superjob», sagte Gastgeber und GaultMillau-Chef Urs Heller, «wir kommen wieder.» Das Datum steht: 11. August 2024. Die Party gibt’s in einem dynamischen 155 Sekunden-Video. Hinter der Kamera: Simon Kurt (Digitale Massarbeit).
Rico Zandonella: Kochen bis 70! Rico Zandonella, seit 46 Jahren ununterbrochen in der Küche, denkt über seine Pensionierung nach, allerdings mit ziemlich viel Vorlauf: «Horst Petermann hat unsere Restaurant-Liegenschaft in Küsnacht verkauft. Ich kann aber noch acht Jahre zu den gleichen Konditionen im «Rico’s» bleiben. Dann bin ich 70 Jahre alt, und das ist ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören. Kein bisschen müde wirkt Ricos Risottino, den er mit Gemüsefond und Zitrussäften zu einem Drittel vorgegart hat. «Dann kann ich immer 25 Portionen aufs mal fertig garen.» Dazu gibt es Sampi und Calamaretti. Mittelmeer-Feeling!
Stefan Heilemann & die frittierte Tarantel. Der «Widder»-Küchenchef ist erst am Abend vor der Garten Party aus Mexiko zurückgekehrt und hat da einige kulinarische Abenteuer erlebt: «Ein Stammgast von mir hat Jacob-Jan Boerma und mich durch alle wichtigen Restaurants und Märkte geführt. Auf einem Markt haben wir eine frittierte Tarantel gegessen. «Eine schreckliche Erfahrung», so Heilemann. Abgesehen davon ist Mexico eine sehr bereichernde kulinarische Erfahrung gewesen: «Mole finde ich sehr interessant, und ich habe auch eine Tortilla-Presse mitgebracht. Aber mein Herz gehört nach wie vor der Thai-Küche.»
Philippe Chevrier: «Simpel, fein und effizient!» Der Genfer Tausendsassa bekommt vom früheren 18-Punkte-Chef Wolfgang Kuchler ein fast schon überschwängliches Kompliment: Sein Lachs mit Karotten-Ingwer-Sorbet sei «einfach, aber sehr gut». «Genau so muss es sein», sagt 19-Punkte-Koch Philippe Chevrier («Domaine de Châteauvieux», Satigny GE). Das ist ein Gericht, das zum heutigen Tag passt – simpel, fein und effizient.» Garden Party ist Chefsache: Chevrier brachte lediglich seinen Chef Damien Coche mit nach Bad Ragaz und sagte: «Nächstes Jahr komme ich wieder. Und ich weiss schon, was wir kochen werden.»
Christian Kuchler: Schwitzen für ein Piri Piri. 18-Punkte-Chef Christian Kuchler («Taverne zum Schäfli», Wigoltingen TG) hat den heissesten Job des Tages, hinter seinem Azado-Grill ist es gefühlte 50 Grad warm. Darauf brät der Ostschweizer seine Piri-Piri-Maispoularde fertig. «Normalerweise grillieren wir das Poulet zuerst, dann wird es vakuumiert und sous-vide gegart, um den Grillgeschmack zu versiegeln», erklärt Kuchler. Für die Garden Party hat er die Methode einfach umgedreht – mit perfektem Ergebnis natürlich.
Dominik Hartmann: Elf Komponenten! Der vermutlich beste Vegi-Koch der Schweiz («Magdalena», Rickenbach SZ) ist mit seinem ganzen Team am Stand: «Ich habe gerade vorhin die Komponenten durchgezählt und bin auf elf gekommen. Deshalb braucht es viele Hände zum Anrichten», sagt Hartmann. «Vegetarische Küche ist schon aufwendiger, Gemüse braucht viel Zeit. Es war einfacher, als ich einfach ein Fischfilet portionieren und unter dem warmen Pass gar ziehen lassen konnte.» Dominik Hartmann und seine Frau Adriana haben sich getrennt, arbeiten aber im «Magdalena» weiterhin eng zusammen.
MITSURU TSUKADA: Ein (un)gewöhnlicher Salat. Ein eher seltener Anblick bei japanischen Chefs ist der gewöhnliche Salat. Mitsuru Tsukada versichert aber, auch in Japan bekomme man das ab und zu serviert. «Wir kombinieren es mit Sashimi vom Balfego-Tuna und australischer Gelflossenmakrele sowie einer Vinaigrette aus Sojasauce, Reisessig, Zwiebeln, Sesamöl und japanischem Senf. Das passt übrigens auch gut zu Fleisch», so Chef Mitsu aus dem «Mandarin Oriental» in Genf.
Benoît Carcenat: Kimchi aus Rougemont. Eines der Gerichte, die am meisten zu reden gaben und auf jeden Fall das Gericht mit der längsten Vorbereitungszeit servierte «Koch des Jahres» Benoît Carcenat vom «Valrose» in Rougemont, VD: Seinen sanft gegarten Zander würzte der «Meilleur Ouvrier de France» (MOF) mit Kimchi: «Dafür haben wir vor zwei Jahren Rotkohl von einem Bio-Hof in der Nähe vom Rougemont nach traditioneller koreanischer Methode in Tongefässe gefüllt und diese im Garten hinter dem Restaurant vergraben. Für die Garden Party haben wir es jetzt wieder ausgegraben», sagt Carcenat mit einem verschmitzten Lachen. Kochstation 2.0: Benôits Kimchi-Experiment war auch auf einem Video zu sehen.
Heiko Nieder: «Ein Gericht für den Garten». Um 14:02 Uhr hat der 19-Punkte-Koch aus dem «Dolder Grand» in Zürich bereits 380 Portionen Makrele mit Grünsaat-Vinaigrette und Edamame-Schaum verteilt. «Ich hoffe, wir haben genug mitgebracht. Zur Sicherheit haben wir aus den Fischabschnitten noch Tatar gemacht, damit wir auch mehr als die 500 bestellten Portionen servieren können», sagt Nieder über sein Sicherheitsnetz. Sein «leichtes Gericht für den Garten» kommt mit einer hochkomplexen Vinaigrette daher: Gartenkresse, eingelegte Senfsaat, Samen von Basilikum und Gartenkresse, Tomaten- und Yuzuessig sowie grüner Tobasco sind unter anderem Zutaten der Sauce.
Tanja Grandits: Teamwork für ein Traum-Tatar. Eines der aufwendigsten Gerichte des Tages ist das Tatar mit Randen der Basler 19-Punkte-Köchin Tanja Grandits: «Das ist eine Co-Produktion», sagt sie. Und weil es so aufwendig ist, braucht es viel Teamwork. Sous-Chef Fabian Wehrli hat am Samstag zwölf Kilogramm Rindshuftspitz von Hand geschnitten. Ein weiterer Sous-Chef, André Kneubühler, war für den Randen-Espuma zuständig: Dafür wurden Randen erst sous-vide gegart, dann zwei Tage geräuchert, anschliessend mariniert und leicht getrocknet. Auf dieser Basis wird mit Gerstenmiso und Randensaft sowie Eigelb und brauner Butter dann der Schaum gemacht – zehn Espuma-Flaschen mit je 0,75 Liter Inhalt hat «Team Tanja» an die Party mitgebracht. Die Chefin und Bestseller-Autorin legt pünktlich zu Weihnachten ein neues (Gemüse-)Kochbuch vor: «Einfach Tanja». Tanja über die Party: «Wir kommen gerne. Die Gäste sind sehr freundlich, interessiert, sehr entspannt.»
Joël Ellenberger: Der Chef war diesmal Commis. Der junge Küchenchef vom «Igniv by Andreas Caminada» fühlt sich für einmal ganz wohl in seiner neuen Rolle: Commis von Lisa-Maria Oestreich. Die Patissière ist für das Dessert am Stand verantwortlich: Erdbeermousse mit Holunderbeeren gefüllt sowie Sauerklee. «Meine Woche war ziemlich stressig, da bin ich froh, wenn Lisa-Maria mal vorne steht, so Ellenberger. «Wir tauschen uns über jedes Dessert aus, manchmal kommt genau die entscheidende Idee dadurch», sagt die junge Frau im «Team Ellenberger». Lisa hatte auch mit ihrem fantastischen «Candy Store», dem Markenzeichen aller «Igniv»-Restaurants, viel Erfolg.
MARKUS STÖCKLE: Die Wurst für die Badi. Das handwerklich und intellektuell komplexeste Gericht der Party ist der «Schwimmbad»-Snack von Markus Stöckle. Der 16-Punkte-Chef aus dem «Rosi» in Zürich wollte ein Gericht kreieren, das man typischerweise in der Badi isst. Für seine Currywurst hat er die Sauce statt auf – in die Wurst verpackt: Kalbsjus, Gemüsepaste, Spezi-Reduktion, Sojasauce und eine Gewürzmischung mit Madras-Curry. Darum herum hat Stöckle eine selbstgemachte Curry-Brätmasse geformt und darauf kommen die Pommes als Crunch.
Andreas Caminada: Ein Selfie mit dem Chef. Der meistfotografierte Koch des Tages ist Andreas Caminada. Fast jeder Gast am Stand möchte nicht nur Zander, sondern auch noch ein Selfie mit dem 19-Punkte-Star aus Fürstenau. Kein Problem für den fotogenen Multi-Gastronom: «Ein Selfie ist der kleinste Aufwand heute», sagt Caminada. Der Aufwand für seinen Zander: Erst eingelegt, dann abgeflämmt! «Das Gericht steht bei uns gerade auf der Karte. Auf Schauenstein servieren wir es einfach mit einigen Komponenten mehr.»
Silvio Germann: Relaxen bei Brot & Käse. Um 15 Uhr ist Silvio Germann schon nicht mehr an seiner Station anzutreffen, wo der «Mammertsberg»-Chef geschmorte Rinderrippe serviert hatte. Germann finden wir unter den Bäumen mit einem Teller Brot von «Eigenbrötler» Daniel Amrein und Käse von Maître Fromager Rolf Beeler: «Ich musste unbedingt etwas essen, sonst wäre ich umgekippt», sagt der sympathische Luzerner. Dann setzt er sich mit seiner Partnerin Monja Mätzler unter einen Sonnenschirm und geniesst ein paar ruhigere Party-Momente.
>> Video: Digitale Massarbeit
>> Fotos: Olivia Pulver, Adrian Bretscher, David Künzler