Die Metzgerei in der Globus Delicatessa ist die erste Anlaufstelle für etwas speziellere Karnivorenwünsche. Kürzlich überfiel mich der starke Wunsch, Pulled Pork zuzubereiten, den Barbecue-Klassiker aus langsam gegarter Schweineschulter oder -Hals. Ich kontaktierte also den Metzger meines Vertrauens in der Globus Delikatessa an der Bahnhofstrasse, und er versprach, sich nach einem besonderen Stück Fleisch umzusehen.
Nach ein paar Tagen kam die Meldung, ich könne Schweinshals in ausgezeichneter Qualität abholen. Genauer gesagt: Fleisch von der Pata-Negra-Sau, jenen Tieren, die in der spanischen Extremadura im freien weiden und die Eicheln fressen, die in den Hainen überall rumliegen und das Fleisch massgeblich im Geschmack beeinflussen.
Pulled Pork wird traditionell in einem Smoker oder einem Big Green Egg bei tiefer Temperatur über viele Stunden geräuchert/zubereitet. Das ist dann eine Tagesaufgabe, denn der Grill sollte bewacht werden, damit die Temperatur gleichmässig gehalten werden kann. Einfacher ist die Methode des Sous-Vide-Garens, bei der das Fleisch in speziellen, lebensmittelechten Kunststoffbeuteln vakuumiert und über längere Zeit bei einer bestimmten Temperatur im Dampf oder in einem exakt temperierten Wasserbad gegart wird. Meine Idee war, das Fleisch 36 Stunden bei 65 Grad im Wasserbad zuzubereiten und dann noch kurz auf den Grill zu legen.
Ich kaufte also den Schweinshals ein, legte zum Fleisch noch etwas Pfeffer, geräuchertes Paprikapulver sowie Muscovado, ein Rohzucker mit einem ausgesprochen feinen Karamell- und Malzgeschmack, der oft in Pulled-Pork-Rezepten zum Einsatz kommt.
Zu Hause in der Küche fand ich, es könnte nicht falsch sein, noch einen Profi um Rat zu fragen. Bei Reto Lampart im «Lampart’s», Hägendorf SO (17 Punkte GaultMillau) hatte ich vor einiger Zeit ein ausgezeichnetes Pulled-Pork-Sandwich gegessen. «Wir haben das Fleisch bei verschiedenen Temperaturen zubereitet, um gewissermassen den Garprozess im Smoker zu simulieren», sagte Lampart am Telefon. Das leuchtete mir sofort ein, und ich nahm Lamparts Angebot, mir sein Rezept zu mailen, gerne an.
Die folgenden Zubereitungsschritte gehen also von Reto Lamparts Grundrezept aus, ich habe es aber für meine Bedürfnisse und meinen Geschmack etwas abgeändert. Der schwarze Pfeffer beispielsweise besteht aus einer Mischung verschiedener Sorten und statt gewöhnlichen braunen Zucker verwende ich Muscovado und so weiter.
Das Pulled Pork-Rezept
1,8 kg Hals vom Pata Negra Schwein
50g grober Senf, 40g Alpensalz, 20g schwarzer Pfeffer, im Mörser zerstossen (je 5g Kampot noir, Sarawak, Szechuan und Tellycherry), 10g geräuchertes Paprikapulver (Pimenton de la vera), 10g Koriandersamen, im Mörser zerstossen, 2g Kümmel, im Mörser zerstossen
Die Gewürze gut mischen und auf dem Fleisch verteilen/einmassieren. Das Fleisch straff in Frischhaltefolie einwickeln und 24 Stunden im Kühlschrank marinieren. In der Zwischenzeit eine Würzflüssigkeit zubereiten:
5dl Cider (eine Büchse Somersby Apple Original), 70g Whiskey (Bourbon, zum Beispiel Jim Beam), 100g Ahornsirup, 50g Apfelessig, 50g BBQ-Sauce
Alle Zutaten in einen Topf geben, erwärmen und umrühren, bis sich alles gut vermischt hat. Abkühlen und bis zur Verwendung im Kühlschrank aufbewahren.
Am nächsten Tag (eine Stunde vor dem Garen) das Fleisch aus der Folie wickeln und mit der Würzflüssigkeit vakuumieren. Ich hatte zwei Stücke à etwa 800 bis 900g, die ich mit je etwa 2dl der Flüssigkeit vakuumiert habe. Den Rest gekühlt aufbewahren, er wird zum Fertigstellen des Fleisches wieder verwendet.
Der Garprozess erfolgt nun mit drei verschiedenen Temperaturen unterschiedlich lang über insgesamt 16 Stunden. Es macht also Sinn, das gut zu planen. Meinen Combi-Steam MSLQ kann ich so programmieren, dass die verschiedenen Schritte automatisch ablaufen, so entfällt das Wachestehen. Das Pulled Pork wird wie folgt gegart:
- 3 Stunden bei 62°C
- 12 Stunden bei 80°C
- 1 Stunde bei 90°C
Danach ist das Fleisch sehr weich und kann entweder sofort auf den Grill gelegt oder erst gekühlt werden. Das empfiehlt sich, damit es wieder fest wird und nicht zerfällt. Den Garfond sollte man unbedingt auffangen, er lässt sich problemlos einfrieren und gibt eine hervorragende Sauce zu einem Schweinebraten und dient auch dazu, vor dem Anrichten, das Fleisch zu würzen.
Am nächsten Tag einen Holzkohlegrill anheizen, aber Vorsicht!, die Temperatur sollte 130 bis 150 Grad nicht übersteigen, sonst wird das Fleisch schnell zu trocken. Idealerweise richtet man den Grill für indirekte Hitze ein, das Pulled Pork soll eher geräuchert und nicht grilliert werden. Das Fleisch in eine Alu-Grillschale legen.
1–2 Stunden bei 130–150°C erwärmen/räuchern.
Anschliessend mit zwei Gabeln zerzupfen (daher der Name Pulled Pork) und mit Schmorfond sowie etwas von der aufgehobenen Würzflüssigkeit abschmecken.
Reto Lampart serviert das Pulled Pork mit Focaccia-Brot, Paprikacreme, Chabissalat und Röstzwiebeln. Sehr fein ist auch ein klassisches Hamburger-Brioche-Bun mit Barbeque-Sauce und beispielsweise süss-sauer mariniertem, fein gehobeltem Rotkraut. Aber das Allerwichtigste ist das Fleisch, das setzt bloss einen vertrauenswürdigen Metzger und etwas Zeit und Hingabe bei der Zubereitung voraus.
>> David Schnapp ist Journalist (Weltwoche, Schweizer Illustrierte), durfte schon in Brigaden von Starchefs mitarbeiten (Daniel Humm, Heiko Nieder), schreibt einen erfolgreichen Foodblog: www.dasfilet.ch
>> Reto Lampart ist der sehr erfolgreiche Chef im „Lampart’s“ in Hägendorf SO. 17 Punkte im GaultMillau, zwei Sterne im Guide Michelin. www.lamparts.ch