Kochabend mit Komplimenten. «Löru, wo steckst du?», ruft Sandra Stadler, 46. Die Nationalratskandidatin und Parteipräsidentin der Mitte Thurgau steht in der Küche im «Clé de Berne» und stampft Kartoffeln. Ihr Parteikollege, der Berner Nationalrat und Ständeratskandidat Lorenz Hess, 62, hat sich längst verdünnisiert: Statt in der Küche zu helfen, trinkt er lieber mit den Gästen im Restaurant ein Glas Neuenburger «Chardonnay 2021, Caves de Chambleau». Es ist ein Setting, das den ganzen Polit-Kochabend prägt. Hier die Hauswirtschaftslehrerin aus Güttingen TG, die als Köchin gewissenhaft und gekonnt hantiert und mit ihrem frohen Temperament gute Stimmung verbreitet. Da der PR-Berater und Gemeindepräsident von Stettlen BE, dessen Stärken mehr in der Kommunikation und in träfen Sprüchen denn in der Kochkunst liegen. «Ich kann nicht kochen», gibt er auch offen zu – Spass muss sein! Grosses Bild oben: Lorenz Hess, Sandra Stadler.

Unter den Augen des Profis! v.l. Lorenz Hess, Sandra Stadler, Chef Martin Göschel («The Alpina», Gstaad).

Unter den Augen des Profis! v.l. Lorenz Hess, Sandra Stadler, Chef Martin Göschel («The Alpina», Gstaad).

Tranchieren kann Sandra besser. «Wir waren ein super Team», zeigt sie sich nachsichtig, «und ich würde Löru in Hauswirtschaft ein Sächsi geben, weil er in der Küche so gesellig, spontan und unterhaltsam ist.» Dieser gibt die Blumen zurück: «Sandra ist eine super Kochlehrerin – sie hat mir gezeigt, wie man das Poulet tranchieren muss.» Bei so vielen Komplimenten: Zum Glück ist da noch ein Dritter am Werk, der die Übersicht wahrt und zum Rechten schaut: der mit 18 GaultMillau-Punkten dotierte Spitzenkoch Martin Göschel, 51, Executive Chef im «Alpina» in Gstaad. Göschel liefert auch das Rezept des Abends: Ribelmais-Poularde in Olivenöl konfiert, dazu etwas Gemüse und eine Maiscrème.

Der perfekte Schnitt! So tranchiert man Poularden.

Der perfekte Schnitt! So tranchiert man Poularden.

Gelernt ist gelernt: Sandra Stadler ist in der Küche ein Profi.

Gelernt ist gelernt: Sandra Stadler ist in der Küche ein Profi.

Booster für die Polit-Karriere. Amtierende und neukandidierende Politikerinnen und Politiker kochen im Wahljahr 2023 zusammen im «Clé de Berne». Schon beim letzten «Parlamentarier-Kochbuch» vor acht Jahren hat Lorenz Hess mitgewirkt. «Daraus ist eine glänzende Polit-Karriere geworden», hält Gastgeber Lorenz Furrer fest. Tatsächlich muss der Mitte-Nationalrat nicht um seine Wiederwahl bangen. Und ein Sitz im Stöckli? «Da ist es wie bei der Fussball-WM: Man muss zuerst die Gruppenphase überstehen», sagt Hess. Danach komme es drauf an, wer in den zweiten Wahlgang gehe. Die Absicht: Mitte, FDP und GLP einigen sich im Kanton Bern auf einen Kandidaten und rechnen sich so durchaus Chancen aus. Für Sandra Stadler dürfte es im Kanton Thurgau schwieriger werden. Christian Lohr hält den einzigen Mitte-Sitz inne und tritt wieder an. «Aber ich will mich für 2027 in Position bringen», zeigt sich Stadler zuversichtlich. 

Zurück in die Küche. Göschel setzt auf nachhaltige, regionale, saisonale Produkte: «Ich kaufe wenn möglich beim Bauer im Saanenland oder in der Schweiz. Und ich möchte unsere Gäste im Alpina mit auf diesen Weg nehmen. Aber es geht mir nicht darum, sie zu erziehen.» Eine ebenso pragmatische Philosophie verfolgt Soil to Soul, Partner vom «Parlamentarier-Kochbuch 3.0». «Unsere Bewegung, die in Portugal eine Farm mit rund 700 Hektaren bewirtschaftet, setzt sich für den Erhalt des Bodens, die regenerative Landwirtschaft und eine gesunde, genussvolle Ernährung ein», betont Co-Gründer Beat Arnold. Eine hohe Affinität zur Landwirtschaft hat auch Sandra Stadler. Sie wohnt mit ihrer Familie auf einem Obstbau-Forschungsbetrieb von Agroscope, ist stolz auf ihre Aprikosen-Kultur. Und hat zwei Esel, Pina und Pedro. Als «Eselflüsterin» und «Aprikosenbegeisterte» macht Stadler auch Wahlkampf im Thurgau. Und Lorenz Hess? Er ist ein passionierter Jäger. Und ein passionierter Fleischesser. «Wir verwerten alles selbst, und wir essen ganzjährig Wild», sagt Hess.
Im «Clé de Berne» steht inzwischen der Hauptgang an, die feine Ribelmais-Poularde. Sandra Stadler geht um Anrichten in die Küche, Lorenz Hess bleibt am Tisch sitzen und redet weiter – bis ihn der strenge Blick der Hauswirtschaftslehrerin ereilt.

>> Die Kommunikationsagentur furrerhugi lädt vor den Wahlen Politikerinnen und Politiker in ihr Privat-Restaurant «Clé de Berne». 18-Punktechef Martin Göschel ist der Profi am Herd. Der GaultMillau-Channel begleitet die Events und veröffentlicht die besten Rezepte.

 

>> www.cledeberne.ch

>> www.sotoso.com

 

>> Fotos: Alain Bucher