Text: Nina Siegrist Fotos: Flurina Rothenberger
Die Kreativfabrik. Langsam leert sich das mit schlichten Holzstühlen und -tischen eingerichtete Bistro in der lichtdurchfluteten Industriehalle. Die Mittagsgäste des «Café de la Fonderie» verabschieden sich, schlendern noch kurz durch den im gleichen Raum integrierten Design Store mit Produkten lokaler Mode- und Schmuckmacher. Aus den Boxen plätschert entspannter Surfer Sound, weiter hinten, zwischen den Requisiten einer Filmproduktionsfirma, rattern die Nähmaschinen eines Taschenproduzenten. In Berlin oder New York wäre man nicht überrascht beim Betreten dieser Kreativfabrik. Hier in Fribourg aber scheint die «Fonderie 11» ihrer Zeit fast ein bisschen voraus zu sein. Mittendrin: Benoît Waber und Léonard Gamba, bekannt als «Ben & Léo» – zwei Mittzwanziger, die 2016 in der Fonderie 11 ihr erstes eigenes Restaurant eröffneten und seither die Gastroszene im Sturm erobern.
Everybody’s Darlings. Die beiden Sandkastenfreunde wurden in der Romandie bekannt durch die französische TV-Sendung «Masterchef», in der Hobbyköche um die Wette kochen. Zu dieser Zeit studierten die beiden in Fribourg noch Wirtschaft. «Nach dem Bachelor setzten wir dann alles auf eine Karte», erzählt Léo. Er selbst absolvierte eine Ausbildung bei Sterne-Koch Alain Ducasse in Paris, Ben holte sich sein Rüstzeug am Institut Paul Bocuse in Lyon. Der Effort zahlt sich aus: Alle wollen die kunstvollen Kreationen der beiden Senkrechtstarter testen, ihr «Café de la Fonderie» ist abends auf Wochen ausgebucht (mittags werden im Bistrostil einfache Gerichte serviert – und man ergattert durchaus ein Tischchen). Auf den Teller kommen beispielsweise eine grillierte Forelle auf zartem Sauerkraut mit gerösteten Mandeln und weisser Butter, Blumenkohl an Honigmarinade mit Ingwer-Pickles und Buchweizenrisotto, oder ein zart schmelzendes Entercôte de Boeuf aus dem Simmental an Balsamico-Reduktion. Unter der Woche gibts abends das drei- bis viergängige «Menu Découverte», am Freitag- und Samstagabend ein noch etwas ausgefalleneres «Menu Dégustation». Beides wechselt monatlich, man setzt auf saisonale Produkte lokaler Produzenten. Und: mittlerweile haben Ben und Léo auch schon expandiert! Sie sind die «Masterminds» hinter der neuen Fribourger Gastrobar Le Cintra und vor wenigen Tagen haben sie zusammen mit ihrem Freund Khoa Ho das japanisch inspirierte «Le Kumo» eröffnet – ein Gyoza- und Ramen-Lokal.
Burger und Bier. Fribourg war schon immer eine Destination für Geniesser. Die bekannten Top-Adressen: L’Aigle Noir (15 Punkte), La Cène (15 Punkte), das Hôtel de Ville (16 Punkte) oder das Trois Tours in Bourguillon (18 Punkte). Daneben buhlen reizvolle Traditionslokale wie das Ristorante Bindella (feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen) oder das Café du Gothard (legendäres Fondue moitié-moitié!) um die Gäste. Seit nicht allzu langer Zeit locken nun aber auch diverse neue Lokale mit innovativen Konzepten ein vor allem junges Publikum an: Hinter dem hippen «Cyclo Café» steckt José Leal, der bereits das «Populaire» - Fribourgs Burger-Mekka – aufgezogen hat. Das bewährte Rezept wurde beibehalten, die saftigen Burger werden mit frittierten Kartoffelscheiben, einer wählbaren Haussauce (Adieu, langweiliges Ketschup!) und Salat serviert, abends treten schon mal Bands auf, wohldosiert, in Wohnzimmerlautstärke. Stéphane Jaton, bekannt durch seine Weinbar Talkwine, hat an der Rue de Lausanne eine alte Apotheke zum trendigen Craft Beer Lokal «Les Trentenaires» umgebaut. Aus den 15 Zapfhähnen fliesst vor allem Baladin Bier des Piemonteser Mikro-Braumeisters Teo Musso, im Angebot sind aber auch lokale Labels wie Fri-Mousse oder Brasserie du Chauve. Speziell: Das Pairing Menu mit wechselndem Bier zu hausgemachten Gerichten (z.B. Tartare de Boeuf, Souris d’Agneau, Magret de Canard).
Local Heroes. Für Furore sorgt derzeit noch ein Neuzugang: Les Menteurs! Im Pop-Up Stil eingerichtet in der ehemaligen Cardinal-Fabrik, beherbergt die «Cantine éphémère» (saisonale Kantine) zwei Ateliers lokaler Produzenten – aktuell die Pastamanufaktur Pastabate und die Kaffeeröster «Pouponne & Loulette». Auch sonst setzt die Küchencrew um Catherine Portmann (bekannt von der Auberge aux 4 vents) auf die kulinarischen Helden der Region, etwa Metzger Nicolas Bertschy mit seinen Freiburger Saucisson. Und auch beim Betreten von «Les Menteurs» ist man positiv überrascht, dass so ein innovatives Konzept nicht etwa in Berlin oder New York, sondern im kleinen aber feinen Fribourg zu finden ist.