Text: Isabel Notari | Fotos: Roger Hofstetter
In der Schweiz mag man es scharf. Das war nicht immer so. Woher kommt dieser Trend?
Die Liebe zur Schärfe ist Teil einer grösseren kulinarischen Entwicklung. Die Menschen suchen nach intensiveren Geschmackserlebnissen und authentischen Aromen. Durch das Reisen kommen wir zudem verstärkt mit Küchenkulturen in Berührung, in denen Schärfe traditionell eine wichtige Rolle spielt.
Die koreanische Küche ist ja gerade sehr angesagt, vor allem auch auf Instagram und Tiktok.
Nicht nur das Reisen, sondern auch die sozialen Medien spielen eine wichtige Rolle bei den scharfen Trends. Übrigens sind Wasabi-Nüssli ein Topseller unter den Fine-Food-Produkten. Coop war sozusagen Trendsetter.
Schärfe gibt einen besonderen Kick?
Ja, sie macht Gerichte aufregender. Auch Endorphine spielen wohl eine Rolle. Besonders spannend finde ich die Kombination mit Süssem, etwa in Getränken und Cocktails. Da tut sich eine ganz neue Geschmackswelt auf.
Wie viel Schärfe verträgt der Gaumen?
Die Schärfetoleranz lässt sich trainieren. Wie beim Sport braucht es dafür Geduld und Regelmässigkeit. Anfangs reicht eine milde Chili oder etwas Tabasco. Mit der Zeit kann man sich an intensivere Stufen wagen. So entwickelt man eine immer grössere Toleranz und beginnt, die feinen Nuancen von Schärfe besser wahrzunehmen. Gleichzeitig wird der Geschmackshorizont erweitert, und man entdeckt, wie vielseitig und spannend scharfe Aromen sein können.
Chili ist ja nicht gleich Chili. Welche Sorten sind gerade angesagt?
Neben den bekannten Habaneros und Jalapeños gibt es auch die komplexen Aromen von Chipotle, Aji oder koreanischen Gochugaru zu entdecken. Ebenfalls spannend ist der Trend zu rauchig-scharfen Geschmacksprofilen, zu finden etwa in den traditionell über Mesquite-Holz geräucherten und getrockneten Chipotle-Chilis.
Wenn man gerne zu fertigen Chiliprodukten greift: Welche sind beliebt?
«Hot Honey» liegt definitiv im Trend. Der mit Chili versetzte Honig wird nicht nur auf PIzza, sondern auch für Cocktails und Desserts verwendet. Sehr gefragt sind auch fermentierte Chilisaucen, etwa Sriracha-Variationen oder die koreanische Gochujang-Paste. Ebenfalls spannend sind Chili-Öle, inspiriert vom chinesischen Chili Crisp. Die bringen nämlich nicht nur Schärfe, sondern auch eine knusprige Textur ins Spiel.
Food Consultants von Betty Bossi entwickeln auch Produkte für Eigenmarken von Coop. Was ist neu im Verkaufsregal?
Aktuell beispielsweise die «Fine Food Chili Lime Coated Cashews», ein Chili-Pesto von Fine Food, die «Karl’s»-Saucen von Coop in den Geschmacksrichtungen Chili, Cherry Jalapeño und Siracha.
Auf welches scharfe Gericht oder Produkt möchten Sie selber nicht verzichten?
Ich liebe meinen selbstgemachten «Hot Honey». Er passt hervorragend zu gegrilltem Fleisch, Käse, Pizza oder als Zutat in Dressings und Marinaden. Dafür einfach vier Chili und drei Knoblauchzehen fein schneiden und mit Thymianblättchen, einer Prise Salz und 250 Gramm flüssigem Honig in ein sauberes, heiss ausgespültes Glas füllen. Das Glas nur locker verschliessen, damit entstehendes Gas austreten kann. An einem dunklen Ort bei Raumtemperatur etwa 72 Stunden lang fermentieren, gelegentlich umrühren, anschliessend im Kühlschrank aufbewahren.
>> Koch, Hotelier, Food Consultant bei Betty Bossi – Valentin Kirchhofer, 46, ist verantwortlich für Frischfleisch, Charcuterie, Bell – und die scharfen Produkte.