Text: Urs Heller, GaultMillau Schweiz
Kabeljau-Salat und Campari-Risotto. Die Bergamasker Dreisterne-Köche Chicco und Bobo Cerea fahren öfter mal über die Berge ins «Carlton» St. Moritz. Die 18 GaultMillau-Punkte wollen schliesslich verteidigt sein. Aber in der Regel vertrauen sie zwei blutjungen «Schattenmännern»: Stefano Bacchelli und Matteo Panfilio (Bild oben) rocken die alpine «Da Vittorio»-Filiale. «Zwei meiner besten Ragazzi», schwärmt Chicco Cerea, schickt ihnen unglaublich frisches Meergetier nach St. Moritz und schreibt eine anspruchsvolle Karte: Salat und Kutteln vom Kabeljau. Campari-Risotto (mit Bitterorange). Und für den Hauptgang «I love piccione» - Brust, Schenkel und Consommé von der Taube.
Zander, Huhn & Haxe. Gibts einen grösseren Vertrauensbeweis? Boss Andreas Caminada packt die Koffer und reist ein paar Monate um die Welt. Marcel Skibba, sein Resident Chef im «Igniv» St. Moritz, muss selber schauen, wie er mit den enorm anspruchsvollen Gästen des «Badrutt’s Palace» zurecht kommt. Die junge Brigade serviert Vertrautes: den warmen Kopfsalat. Die magischen «Igniv»-Nuggets. Zander auf Sauerkraut. Huhn aus dem Val Lumnezia. Rindshaxen und Schwarzwurzeln. Weil im Engadin eigene Gesetze gelten, wird noch etwas aufgerüstet: Langustine und Hummer kommen dazu. Caminadas raffiniertes, hochklassiges «Sharing»-Konzept passt prima nach St. Moritz. 16 Punkte
Botan-Ebi & Gletscher-Seabass. Die enorme Starchef-Dichte im Engadin bringt offenbar auch Kochlegende Nobu Matsuhisa ins Grübeln. Jedenfalls war das «Matsuhisa St. Moritz» im Badrutt’s Palace noch nie so gut wie dieses Jahr. Chef Nikolaos Skamnakis (im Sommer auf Mykonos) hat alle Freiheiten, gibt Vollgas. Die «Botan Ebi» (kleine, rohe Crevetten und der chilenische Gletscher-Seabass mit Kombu und Yuzu in der Sauce waren fantastisch, der Carpaccio von einem anderen Stern: Kagoshima, ein Wagyu aus Japan, Fettklasse 9+. 16 Punkte.
Soja, im Holzfass gereift. Der Berliner Kult-Koch Tim Raue nimmt die Sache ernst. Er kommt öfter höchstpersönlich nach St. Moritz, steht zur allgemeinen Überraschung bereits sehr früh am Morgen am Herd, kämpft wie ein Berserker um die besten asiatischen Produkte. Seine «Resident chefs» im Engadin: Lion Schirmer und Christopher Wecker. «Beide fahren gerne Ski und beide kochen sehr gut», sagt Raue ganz cool. Der GaultMillau besuchte «The K» absichtlich an einem Abend, an dem Raue in Berlin weilte und seine «Schattenmänner» das Revier verteidigten. Grosskalibriger Rock Lobster mit Wasabi und Nuc Mam, Zander mit Kamebishi, einer Soja, die zehn Jahre lang im Holzfass reift und unglaublich gut ist. Ein starker Einstand. 15 Punkte zum Start.