Interview: Daniel Böniger
Thomas Wüthrich, wir finden: Das Dolder Grand ist ein Weltklasse-Resort! Sehen Sie das ebenso?
Absolut. Das Dolder Grand ist ein Aushängeschild für die ganze Stadt. Dank den hochklassigen Restaurants, der Spitzenlage mit nahem Wald, dem Spa und der ganzen Kunst, die hängt, ist es mehr als nur ein Hotel. Wir als Zürich Tourismus sind dankbar, dass wir über eine solche Top-Adresse verfügen.
Was imponiert Ihnen am Dolder am meisten?
Unvergleichlich ist die hohe Qualität des Services hier. Wenn ich von der Garage ins Haus komme, begrüssen mich Mitarbeiter auf den Gängen. An der Lobby kümmert sich augenblicklich jemand um mich. Wohlgemerkt: Alles ganz unaufdringlich! Es ist fast so, als wüssten die Mitarbeiter immer einen Moment vor mir, was ich gerade brauche, um mich wohlzufühlen. So gelingt mir sogar eine Auszeit in der eigenen Stadt.
Zürich hat mehrere Fünfsterne-Hotels: Baur au Lac, Park Hyatt, La Réserve Eden au Lac, um nur einige zu nennen. Sind es genug der Tophäuser?
Wir haben Zürich als Premium-Destination positioniert. Diesbezüglich sind solche Häuser wichtig, um glaubhaft zu bleiben. Rund zehn Spitzenhotels sind es in der Region – das entspricht so gut der Nachfrage. Wobei wir natürlich nicht nein sagen würden, wenn zum Beispiel die Four-Seasons-Gruppe noch ein Fünfsternehaus eröffnete. Solche internationalen Brands bringen ja immer auch eigene Kundschaft mit.
Im Trend sind Boutique-Hotels, ohne Pomp und Sterne. Hat Zürich genug davon?
Sie meinen die kleinen Geheimtipps? Es ist auf Stadtzürcher Boden natürlich fast nicht möglich, ein kleines Hotel mit nur wenigen Zimmern rentabel betreiben. Was es aber schon gibt: Häuser, die sich bewusst von den Höchstbewertungen distanzieren.
Am Airport stehen mehrere Neueröffnungen an. Stimmt dort die Nachfrage?
Ja, die Betten rund um den Flughafen sind längst wieder so gefragt wie vor der Pandemie. Im ersten Halbjahr 2023 verzeichneten wir einen Zuwachs von 44,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch wenn man mit den Zahlen vor Corona vergleicht, also dem ersten Halbjahr 2019, sehen wir auch da ein Plus von 13,5 Prozent. Es ist keinesfalls so, dass es dort zu viele Hotels geben würde.
In Hotels mit junger Kundschaft ersetzt oft das Handy den Concierge. Mögen Sie Self-Check-in?
Bei mir persönlich, kommt es darauf an, ob ich aus Businessgründen oder ferienhalber unterwegs bin. Wenn ich geschäftlich reise, bin ich natürlich froh, wenn das ganze Check-In möglichst schnell vonstatten geht. Und ich mich möglichst bald duschen, umziehen und dann wieder aus dem Hotel raus kann. Für einen Apéro oder ein schönes Abendessen. Wenn ich aber als Tourismusdirektor antworten soll: Die Hotels probieren da zurzeit vieles aus, stellen aber meist fest, dass guter Service bei den meisten Gästen noch immer sehr gefragt ist. Natürlich kann es vorkommen, dass der Zimmerschlüssel an der Bar abgeholt werden muss – dies ist aber immer noch besser als am Automaten.
Die Schweiz ist ein Land mit hervorragenden Köchen. Schweiz Tourismus wirbt nicht mit ihnen. Ein Fehler?
Es gibt da ganz klar Luft nach oben! Die Gastronomie – und sie hat in der Schweiz ja ein ungeheuer hohes Niveau – ist inzwischen einer der wichtigsten Gründe dafür, warum Touristen sich für eine Destination entscheiden. Übrigens sind es dann meist auch Gäste, die mehrere Tage bleiben.
Macht’s Zürich Tourismus besser?
Mit dem Festival Food Zürich, das wir diesen September bereits zum achten Mal mitorganisieren, haben wir einen ersten grossen Schritt getan. Zudem planen wir regelsmässig PR-Reisen, bei denen wir ausgewählte ausländische Gäste mit Exponenten der hiesigen Gastronomie zusammenbringen. Aber, ich gebe es zu, es gibt auch in Zürich noch viel zu tun. Mir wäre es ein Anliegen, dass wir zunehmend kleine, trendige Produzenten ins Schaufenster stellen, die nachhaltig produzieren. Es gibt solche Betriebe - wie «La Flor» oder «Mikas» - zuhauf, man müsste die Szene einfach konsequenter kuratieren und ins Schaufenster stellen.
Gibt es Vorbilder für ein gutes Standortmarketing für Geniesser?
Ein Beispiel dafür, wie man es richtig macht, ist Kopenhagen. Dass es eine der wichtigsten Food-Destinationen europaweit ist, dahinter steckt eine klare Strategie, die von Beginn weg vom Tourismusbüro mitgetragen wurde. Eins zu eins kopieren kann man das dortige Vorgehen natürlich nicht. Aber: Auch in Zürich sollten wir als Tourismusbüro mitprägend sein – und nicht bloss auf Trends reagieren.
Verraten Sie uns zum Abschluss drei Hotels im Ausland, die Sie begeistern?
Ich möchte mich auf Hotels aus Städten beschränken, in denen ich selber mehrere Jahre gelebt habe. In Berlin wäre das Hotel Zoo eine solche Adresse. Es ist am Kurfürstendamm perfekt gelegen – und verfügt mit dem Restaurant Grace über ein zeitgemässes Restaurant.
Zweitens?
In Stockholm liebe ich das Hotel Nobis das im gleichen Gebäude untergebracht ist wie die Nationalbank. Der «Strawberry Basil Smash» dort ist so köstlich, dass man eigentlich erst aufhören kann zu trinken, wenn man kaum noch stehen kann.
Und drittens?
Die Finca Cortesin nahe Marbella. Der Zimmerstandard ist hoch, das Resort ist familientauglich, das Restaurant topklasse, und auch der Golfplatz traumhaft. Wenig zufällig, dass letztes Mal, als ich dort war, Andreas Caminada am Nebentisch sass.
Fotos: Lorena Widmer, HO, Thomas Buchwalder