Text: Kathia Baltisberger Fotos: Pascal Grob/Valeriano Di Domenico
Stellung beziehen! Die «Metzg» hat alles, was Gäste wollen: frisches Fleisch von der Theke, hervorragende Gerichte und ein spannendes Weinsortiment. Hier deckt man sich mit den besten Produkten für zu Hause ein, oder verbringt einen gemütlichen Abend mit Freunden. Die Qualität ist immer top. Marlene Halter, 43, ist die Frau hinter der «Metzg». Sie ist Herz, Seele und Erfinderin. Marlene hat sich dem Fleisch verschrieben. Sie will gutes Fleisch aus guten Betrieben. «Man muss unbedingt Stellung beziehen in der Fleisch-Debatte», findet die Gastronomin. «Meine Position ist: Esst weniger Fleisch, und wenn dann gutes aus der Region.» Soviel Qualität kombiniert mit Leidenschaft wird belohnt: GaultMillau und American Express zeichnen das Lokal an der Langstrasse mit dem Titel «Pop des Jahres 2020» aus.
Top-Produzenten. Über die Menge, die die Menschen verzehren, hat Marlene Halter keinen Einfluss. Über die Qualität, die sie in der «Metzg» bekommen, schon. Überseefleisch ist Tabu. Gerade mal zwei Charcuterie-Produkte aus Italien befinden sich im Sortiment. «Genau darum geht es. Ich muss hinter dem stehen können, was ich verkaufe.» Marlene und ihr Konzept sind konsequent. Doch die ehrgeizige Frau hätte am liebsten noch mehr Konsequenz. «Selber bauern, selber schlachten, selber metzgen. Ich hätte alles gerne selbst in der Hand, aber das geht natürlich nicht.» Also arbeitet sie mit Produzenten, die nach ihren Vorstellungen arbeiten.
Fleisch vs. Gemüse? Wer die «Metzg» kennt, weiss auch, dass es hier nicht nur Fleischberge gibt. Gemüse spielt eine genau so wichtige Rolle. Marlene kauft jeden Dienstag und Freitag auf dem Markt auf dem Helvetiaplatz ein. «Bei uns gibt es immer Gemüse, was genau so wichtig ist. Wir legen die gleiche Sorgfalt bei der Auswahl der Produkte und der Zubereitung an den Tag.» Fragen wie «Was ist wichtiger? Fleisch oder Gemüse?» sind obsolet. «Ich möchte Fleisch und Gemüse einfach auch nicht gegeneinander ausspielen.»
Gastro-Germanistin. Der Laden boomt, die Tische sind voll, die «Metzg» ist ein Hotspot. Dass es mal so kommt, hätte Marlene Halter vor 20 Jahren wohl nicht erahnt. In Beinwil am See AG aufgewachsen, absolviert sie nach der Schule ein Germanistikstudium. Arbeitet danach als Journalistin. Sie schreibt für die «Aargauer Zeitung», die «NZZ» oder die «Basler Zeitung». Dann kommt alles etwas anders als geplant. «Ich wurde krank, hatte eine neurologische Störung», erklärt Marlene. Sie kann nicht mehr lesen und schreiben, ihr wird dabei schwindlig und hat unheimliche Schmerzen. Intellektuelles Arbeiten, so wie sie es bislang kannte, ist nicht mehr möglich. Von einem Schicksalsschlag möchte sie aber nicht sprechen. Manchmal spielt das Leben halt so.
Lehre bei Tine Giacobbo. Eines Tages geht sie in die «Alpenrose» in Zürich und fragt Tine Giacobbo (heute «Zentrale für Gutes»), ob sie hier arbeiten könne. Tine stellt sie ein. Und ein neuer Lebensabschnitt nimmt seinen Lauf. Marlene entscheidet sich für eine Lehre als Köchin. Arbeitet im «Italia», erarbeitet ein neues Konzept für die «Ziegelhütte», macht eine Stage im «Relæ» in Kopenhagen und schnuppert Luft in Übersee. «In New York lernte ich viel über neue Schnittarten beim Fleisch. So kam es, dass ich mich ein bisschen auf dieses Thema eingeschossen hatte.»
Neustart. Und dann kam die «Metzg». Der ehemalige Kebab-Stand wurde frei. «Ich habe mich aus Jux beworben.» Marlene kommt eine Runde weiter – und muss sich jetzt ernsthaft überlegen, was sie machen will. So entstand das Konzept der Metzgerei kombiniert mit einem Restaurant. «Eigentlich ist die Idee ja genial. Ich habe das Fleisch ja sowieso für das Restaurant, dann kann ich es ohne viel mehr Aufwand ja auch über die Gass verkaufen.» Genial. In der Tat.