Fotos: Chrstopher Kuhn
Lichtempfindlich. Im Jelmoli in Zürich werden die besten Produkte hübsch ausgestellt und prominent in Szene gesetzt. Bei den Bergkartoffeln aus dem Albulatal ist das ein bisschen anders. Die werden fast schon versteckt. Sie liegen zwar mitten in der Gemüseabteilung, doch sie lagern in geschlossenen Holzkisten. Das hat einen guten Grund. «Wenn die Kartoffeln zu lange dem Licht ausgesetzt sind, leiden sie und werden grün», erklärt Freddy Christandl. Er muss es wissen. Denn seit 20 Jahren beschäftigt sich Christandl mit den wertvollen Knollen aus dem Albulatal. Kartoffelbauer Marcel Heinrich baut sie an, Christandl bietet sie den Starchefs feil.
Selektion. Die Albula Bergkartoffeln haben sich in den vergangenen Jahren mehr als etabliert. Wer das Glück hat, einige Kilos für sein Restaurant zu ergattern, der schreibt auch stolz auf die Karte, dass es sich um Bergkartoffeln aus dem Albulatal handelt. Denn Christandl liefert noch lange nicht jedem. «Meine eigene Begeisterung für die Albula Bergkartoffeln ist so gross, dass ich immer sehr viel darüber erzähle. So merke ich aber auch sehr schnell, ob sich jemand wirklich für das Produkt interessiert», sagt er.
Boden, Licht & Wasser. Die Kartoffeln wachsen auf dem Biohof Las Sorts in Filisur. Hier gibt es viele alte Pro-Specie-Rara-Sorten wie King Edward, Maikönig oder weisse Lötschentaler. Das Geheimnis liegt im Geschmack, den Kocheigenschaften und dem Sättigungswert. Sie unterscheiden sich nämlich grundlegend von herkömmlichen Kartoffeln. Grund dafür sind unter anderem die mineralischen und sandigen Böden, das intensivere UV-Licht, der biologisch regenerative Ansatz und der geringe Wasseranteil in der Kartoffel. Und es steckt viel Arbeit in jeder Knolle. Einen Grossteil der Arbeit geschieht noch händisch – wegen der vielen Steine im Boden.
Richtig lagern. Gerade eben hat die Bergkartoffel-Saison begonnen und Christandl liefert mit Hochdruck. Heiko Nieder hat gerade 250 Kilogramm bestellt. Von Mitte September bis etwa Februar oder März sind die Bergkartoffeln zu haben. «Das hängt vom Ertrag ab. Aber Chefs wie Sven Wassmer oder Markus Stöckle wissen, wie sie die Kartoffeln noch länger lagern können. Die haben eben auch eine grosse Wertschätzung für dieses Produkt und pflegen es richtig.» Die richtige Pflege ist auch im Jelmoli wichtig. «Wir legen nur wenige Kartoffeln in die Holzkisten, der Rest lagert in der Kühle», sagt Patrick Schwanz, Leiter der Abteilung Früchte und Gemüse im Food Market. «Wir müssen auch regelmässig die Kisten wieder schliessen, damit die Albula Bergkartoffeln geschützt sind.»
Allrounder. Freddy Christandl war früher selber 16 Punkte-Koch und weiss heute natürlich, welche Sorte wie verarbeitet werden muss. Denn die Nachfrage nach der Delikatesse ist auch bei den Privatkunden stark gestiegen. Aber das Gute vorweg: «Die Bergkartoffeln sind richtige Allrounder. Man kann eigentlich fast jede Kartoffel für jedes Gericht verwenden», erklärt der Experte.
Farbtupfer. Dennoch gibt es einige Empfehlungen. Die Blauschalige Bristen – mit blauer Schale und weissem Kern – wird beim Backen zu einem knusprigen Wunder. Die Corne de gattes schmeckt herrlich in Butter konfiert – sie wird übrigens zu 100 Prozent händisch geerntet. Bunte Sorten wie die Blaue Annelise geben einen hübschen Farbtupfer im Kartoffelsalat. Und aus den Parli macht man die besten Maluns. Übrigens: Wer aus den Albula Bergkartoffeln Gnocchi macht, kann die Mehlmenge signifikant reduzieren und den Teig auch kalt verarbeiten. Und auch für Gschwellti hat der Profi noch einen Tipp: «Am besten lässt man sie nach dem Kochen noch ein paar Minuten im heissen Wasser ziehen. Ähnlich wie man ein Stück Fleisch noch etwas stehen lässt. Dadurch wird der Geschmack der Albula Bergkartoffeln noch intensiver und die Textur noch wachsiger.» Bei Unsicherheit: Einfach das Info-Kärtli neben den Kartoffeln für weitere Rezept-Tipps konsultieren.