Text: Urs Heller
«Gastronomisches Füllhorn». «Wir haben 50 herausragende Schweizer Viersterne-Hotels gefunden», vermeldet das «NZZ am Sonntag Magazin» erfreut und veröffentlicht eine sympathische Liste. Auf Platz 1 in der Kategorie «4* Gourmethotel» (und auf Platz 2 in der Gesamtwertung, hinter dem Parkhotel La Margna in Sils Baselgia) der «Bernerhof» mitten in Gstaad. Keine Überraschung: Brigitte und Thomas Frei haben das Traditionshaus 1996 übernommen, entwickeln es hartnäckig weiter, sind Feinschmecker und haben auch selbst Spass an den vier Restaurants unter einem Dach. Der GaultMillau auch: Drei der vier Restaurants sind im Guide aufgeführt, mit total 42 Punkten. «Gastronomisches Füllhorn», titelten die Kollegen von der NZZ. Grosses Bild oben: Die «Bernerhof»-Gastgeber Brigitte & Thomas Frei.
Dreamteam: Ravet & Reist. Im «Bernerhof» sind die Rollen gut verteilt. Thomas Frei ist Mastermind und Konzepter, bleibt diskret im Hintergrund, ist auf Social Media ziemlich unerschrocken unterwegs, sorgt für eine grandiose Weinkarte (Grossflaschen!) und füllt den gewaltigen Humidor. Brigitte Frei, frühere Weltcup-Skirennfahrerin und Quereinsteigerin, powert an der Front, ist sich nicht zu schade, beim Zimmerservice anzupacken und als Nachtportier einzuspringen. Sie ist, erblich vorbelastet, auch die «Baumeisterin» im Haus: Die 46 Zimmer im feinen Alpenchic und die wunderschöne neue Lounge sind ihre Visitenkarte. Und in der Küche steht ein stiller Star: Marcel Reist. Er ist im Auftrag der Familie Ravet zuständig für das «Fine Dining» im «Esprit Ravet» (15 Punkte), setzt die Vorgaben der Starchefs souverän um. Und er sorgt im heimeligen Restaurant «La Gare» (13 Punkte) für echte Schweizer Küche: Militärkäseschnitte mit eigenem Käse aus Abländschen, Kabier-Wurstsalat vom Appenzeller Kult-Produzenten Sepp Dähler, Pot-au-Feu der Extraklasse, Fleisch aus der Region; Fondue und Raclette gibt es auch. Marcel Reist wirbelt durch alle Restaurants, genauso wie Giuseppe Di Bella, der freundliche Maître mit hoher Weinkompetenz.
Chef Loke & General Tso. Der frühere «Bernerhof»-Direktor hiess Herr Blunschi. Also heisst das China-Restaurant im Haus «Blun-Chi». In Gstaad eine Top-Adresse, in der Hochsaison zweimal pro Abend ausgebucht. Chef Kah Hing Loke (neu 14 Punkte) steht stumm in der offenen Küche, bereitet seine Klassiker zu und auf Vorbestellung auch mal «Peking Duck». Seine neuesten Kreationen: Spicy Chicken-Kugeln, benannt nach General Tso. Und erstklassige Swiss Shrimps auf Ingwer und Lauch. Sein Nachbar im Haus: Pizzaiolo Ivan Papa im «Basta».
Der Fall Abländschen. In Abländschen, einem abgelegenen Tal, das aber politisch zu Gstaad gehört, gibt es 38 Einwohner und 40 Kühe. Und eine gemütliche Beiz (mit liebevoll eingerichteten Zimmern): «Zur Sau», geführt von Thomas und Brigitte Frei. Der Name ist Programm: Das Beste vom Schwein ziert die Speisekarte, das «Côte de Cochon» ist die Spezialität des Hauses. Thomas Frei: «Wir wollen im kleinesten Kreis etwas bewirken.» Kartoffeln werden angebaut, mit Perlhühnern experimentiert, und der eigene Rohmilchkäse überrascht Gäste und Fachleute. Natürlich ist auch das Fondue erstklassig; «Bernerhof»-Gäste nehmen die «Fondue Dorfmischung» (70 Prozent Abländscher Bergkäse, 30 Prozent Vacherin Fribourgois) mit nach Hause. Easy Zubereitung, viel Genuss.
Die Saanenländer Viersterne-Szene. Gstaad steht für Luxushotellerie: Vor allem «Palace» (15 Punkte), «The Alpina» (18 & 15 Punkte) und das «Grand Bellevue» (neu 16 Punkte) ragen heraus, auch kulinarisch. Aber im Saanenland haben auch die Viersterne-Hotels Klasse. Bestätigt auch die Bestenliste des NZZ Magazins: Neben dem «Bernerhof» sind auch das «Golfhotel les Hauts de Gstaad» in Saanenmöser, das «Huus» in Saanen (13 Punkte) und das formidable «Le Grand Chalet» ob Gstaad (16 Punkte) gelistet. Gstaad weiss, wie man Gäste glücklich macht. In allen Kategorien.
>> Fotos: Marcus Gyger, Adrian Ehrbar, Kurt Reichenbach, Digitale Massarbeit, Thomas Buchwalder, HO