Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Fabienne Bühler
Vier Standorte, 200 Völker. Mónika Istók schlüpft in den beigen Anzug, gekonnt verschliesst sie alle Löcher und klettert mit Hilfe einer Leiter durch das Dachfenster auf das Hotel Alex Lake in Thalwil. Jörg Arnold, der General Manager der Hotels Storchen und Widder tut es ihr gleich. Die beiden wollen nach den Bienenvölkern sehen. Mónika ist Imkerin und verantwortlich für sämtliche Bienenvölker im «The Living Circle». Das Projekt ist neu und eine Herzensangelegenheit von Arnold. «Ich finde das Thema unheimlich spannend und sehr komplex. Und ich liebe Honig», sagt Arnold.
Von der Kindergärtnerin zur Imkerin. Mit Mónika Istók konnte er eine Profi-Imkerin für den Living-Circle-Honig gewinnen. Die 31-jährige Rumänin ist eigentlich gelernte Kindergärtnerin. «Ein befreundeter Imker riet mir, mich zur Imkerin ausbilden zu lassen. Der Job sei perfekt: ein halbes Jahr arbeiten, ein halbes Jahr Pause. Es stellte sich schnell heraus, dass das überhaupt nicht stimmt», erzählt sie. Wie eine typische Imkerin sieht sie nicht aus und das liess man sie auch spüren. «Andere Imker haben mir gesagt: Wie willst du das denn machen mit deinen Fingernägeln?» Mónika ignoriert die Sprüche und macht ihr eigenes Ding. Sie produzierte erst Honig in Rumänien und verkaufte ihn in der Schweiz. Seit zehn Jahren lebt sie nun hier und besitzt noch immer über 200 Bienenvölker in Osteuropa.
Stadt-Honig. Das Alex-Dach ist die erste Station. Genau wie die Hotelgäste haben die Bienen Seesicht. Wichtig bei grosser Hitze ist, dass es auf dem Dach eine Schüssel mit Wasser hat. Damit die Bienen genügend zu trinken haben und nicht runter zum See fliegen und die Gäste belästigen. Die zweite Station ist auf dem Dach des Hotel Storchen, mitten in der Altstadt. Etwas versteckt hinter der Belüftungsanlage, Kaminen und anderen Schächten befinden sich die Bienenkästen. Auffallend: Jeder Kasten hat einen bunt bemalten «Eingangsbereich». «Die Bienen haben zwar ein natürliches GPS und finden immer wieder nach Hause, doch die Farben helfen zusätzlich», erklärt Mónika.
Neuer Schwarm. Es sind nicht die einzigen Bienenvölker, die in der Stadt leben. Die Biodiversität in der Stadt ist wesentlich grösser, als man denkt. Die unterschiedlichen Blumen und Bäume blühen über eine längere Zeit. Und man kann auch mal unverhofft zu einem neuen Volk kommen. «Wir hatten einen Schwarm in einem Baum vor dem Storchen», erzählt Jörg Arnold. Mónika fing die Bienen ein und gliederte sie in den Kreis des Living Circles ein. «Vielleicht kommen die Bienen aus dem Baur au Lac. Wir wissen es nicht, sie sind ja nicht angeschrieben.»
Neue Königinnen. Die dritte und letzte Station des Tages ist in Herrliberg beim Schlattgut. Hier züchtet Mónika Istók neue Königinnen heran. Sie leben in kleineren Bienenstöcken, wo sie von zig tausend Arbeiterinnen gefüttert werden. «Ich habe hier zwei Bienenvölker, die recht aggressiv sind. Deshalb tausche ich die Königin aus. Das Volk passt sich immer dem Charakter der Königin an.» Mónika öffnet den Stock und schon nach kurzer Zeit hat sie die Königin erblickt. Sie ist ein rechtes Stück grösser. Vorsichtig greift sie nach ihr und legt sie in eine mit Zuckerteig verschlossene Vorrichtung und setzt diese im neuen Stock ein. «Die Königin frisst von der einen Seite, ihr neues Volk von der anderen Seite, bis sie draussen ist.»
Vier bis fünf Tonnen. Der Honig von allen drei Standorten bringt Mónika ins Tessin, wo es noch weitere Völker gibt. Dort schleudert sie den Honig und füllt ihn in Gläser ab – deshalb verbringt sie im Moment auch die meiste Zeit im Tessin. «Der Honig ist auch nach dem Schleudern noch jedem Standort zuzuordnen. Und jeder schmeckt unterschiedlich.» Der Plan von «The Living Circle»: rund vier bis fünf Tonnen Honig zu produzieren. Wer Mónikas Honig vor allen anderen probieren möchte, kann das am Food Festival @Buech machen, wo die Imkerin einen eigenen Honig-Stand hat.