Text: Siméon Calame
3000 LAIBE UNTER DER ERDE. «Sein Alter ist beeindruckend, aber bei der kleinsten Erschütterung wird er zerbrechen.» René Ryser, seit 2011 Geschäftsführer der Milchgenossenschaft der Gemeinde Gstaad und Chef der Molkerei Gstaad, spricht über einen Laib Berner Alpkäse AOP, stolze 120 Jahre alt. Er lächelt, denn dieser ockerfarbene Laib ist fast anekdotisch im Vergleich zu den 3000 anderen Laiben, die in der berühmten Käsegrotte oberhalb von Gstaad (BE) in Richtung Turbach auf 20 Regalen gut 25 Meter unter der Erde reifen.
VON DER ZISTERNE ZUR KATHEDRALE. Besagte Käsegrotte erlangte international als «Käsekathedrale» Bekanntheit: «Bis 2005 war es eine Zisterne, dann hatte mein Vorgänger die Möglichkeit, den Käsekeller des Dorfes zu erweitern», erklärt Ryser. Hier reifen ein bis zwei Jahre lang die besten Laibe des Berner Alpkäses AOP, die nur in der Region Gstaad produziert werden. Die Höhle wird inzwischen auch touristisch genutzt.
HOBELKÄSE FÜR ALLE GÄSTE. Der gelernte Käser und Molkereifachmann ist mehrmals täglich in der Höhle anzutreffen - bei Touristenbesuchen, Geburtstagen oder anderen Festen: Hier, wo es selten über 11 °C warm wird, sieht der Mann jährlich 1500 Personen ein- und ausgehen, stets empfängt er sie zuvorkommend - und mit einem Käseaperitif: Nicht irgendeinen Käse tischt er auf, sondern Berner Hobelkäse AOP. Was das ist? Grundsätzlich auch ein Berner Alpkäse AOP, einfach 18 Monate lang gereift.
STRENGES PFLICHTENHEFT. Um besagte Ursprungsbezeichnung zu erhalten, müssen die rund 100 Produzenten der Genossenschaft ein strenges Pflichtenheft einhalten. Dazu gehört, dass die Kühe nur mit Alpenkräutern gefüttert werden; dass der Käse in holzbefeuerten Kupferkesseln hergestellt wird; dass die Laibe zwei Wochen auf dem Betrieb und mindestens viereinhalb Monate im Keller reifen. Das Ergebnis: ein unvergleichlich kräftiger Geschmack.
FERTIGFONDUE? JA; KLAR! Im Saanenland gibt es rund 8000 Kühe, gleich viele wie Einwohner. Zu Besuch auf der Alp entdeckt man einen hölzernen Tisch in Form eines riesigen Fondue-Caquelons (siehe Foto ganz oben). In diesen Caquelons, von denen es fünf in der Region gibt, können acht Personen Fertigfondue essen. Fertigfondue? Aber sicher! Das Tourismusbüro bietet eine vorgepackte Tasche an, die alle notwendigen Utensilien enthält, um Fondue an einem beliebigen Ort in der Natur zuzubereiten (ab zwei Personen, 18 Franken pro Person). Sitzt man an besagtem Tisch ist das Panorama auf die Berner Alpen ebenso atemberaubend wie die Käsemischung!
DER KLUG REIST MIT DER KUTSCHE! Etwas Bewegung gefällig? Machen Sie eine kleine Wanderung auf dem Käseweg ab dem Berghaus Wispile, einem Bauernhof zwischen den Tälern von Lauenen und Gsteig. Auf diesem familienfreundlichen Lehrpfad lernen Kinder (und Sie selbst!) die Feinheiten der traditionellen Käseherstellung kennen. Und wenn Sie wieder in Gstaad angekommen sind, können Sie im Dorfzentrum von Gstaad eine Kutschenfahrt durch das Dorf machen und (nochmals) ein Fondue genießen. Zögern Sie wirklich noch, ins Saanenland zu fahren?
Fotos: Destination Gstaad / Swiss Deluxe Hotels / Pascal Berger