Interview: Patricia Heller | Fotos: Digitale Massarbeit
Ortstermin bei Felchlin. Der junge Mann in zerrissenen, schwarzen Jeans trägt stolz seine weisse Kochbluse. Sein Name ist eingestickt: Christophe Loeffel. GaultMillaus «Pâtissier des Jahres»» aus dem 18-Punkte-Restaurant Le Pont de Brent in Brent ob Montreux ist ein Star: Auf Instagram hat er über 58'000 Follower, seine Reels werden über 100'000 Mal angeklickt. So geht Pâtissier heute! Und was macht so ein Kerl an seinem freien Tag? Dienstreise. Besichtigungstermin bei der Felchlin AG in Ibach SZ. Dort wird für ihn die beste Schokolade produziert. Das Interview:
Christophe, Sie sind ein Franzose. Und kaufen trotzdem in der Innerschweiz ein?
«Das ist auch dem Konzept des Restaurants «Pont de Brent» geschuldet. Wir verwenden Produkte aus der Region oder mit Schweizer Geschichte. Und Schweizer Schokolade hat Geschichte!»
Sie arbeiten seit fünf Jahren mit Felchlin-Produkten. Warum?
Seit ich in Brent bei Stéphane Décotterd arbeite, verwende ich diese Produkte. Davor habe ich diese Schokolade nicht gekannt. Aber heute weiss ich, hier stimmt alles: das Produkt, die familiären Beziehungen. Auch die Nachhaltigkeitsprojekte der Firma Felchlin, die sie bei den Kakao-Bauern vor Ort umsetzt, sind beeindruckend. Felchlin übernimmt beispielsweise für die nächsten zehn Jahre für über 600 Bauernfamilien in Madagaskar die Krankenkassen-Rechnung. Das Engagement in den Herstellungsländern ist langfristig und soll auch die künftigen Generationen der Bauern sichern. Dieser Gedanke gefällt mir sehr.
Was schätzen Sie am Sortiment besonders?
Die «Bolivia». Es ist die einzige wilde Kakaobohne. Sie hat eine komplexe, fruchtige Note, die jeder mag. Ich bestelle alle drei Monate eine andere Auswahl, weil ich ja unsere Pralinen und Bonbons von Hand mache. Da braucht es etwas Abwechslung. Persönlich liebe ich die «Java». Ich mag diesen rauchigen, torfigen, fast aschigen Geschmack im Mund. Er ist so präzise im Mund. Unvergleichlich.
Welche Schokolade beschäftigt Sie im Moment?
Die Milchschokolade Opus Lait de Terroir. Aber die ist echt schwierig zum Verarbeiten. Ich habe letzte Woche damit Pralinen von Hand gemacht, bei 26 Grad Aussentemperatur. Es war eine echte Challenge.
Sie arbeiten für einen berühmten Chef, für Stéphane Décotterd. Lässt er Ihnen die Freiheiten, die Sie brauchen?
Stéphane hat sein Konzept umgestellt. Er setzt konsequent auf Produkte aus der Region, so, wie es in der Deutschschweiz schon länger en vogue ist. Stéphane lässt mich aber machen, meine Desserts müssen einfach ins Menü passen, und das klappt eigentlich ganz gut. Aktuell sind die Erdbeeren reif. Also kreiere ich etwas mit diesen Früchten, zeige es dem Chef und mache dann noch ein paar Anpassungen. Aktuell servieren wir «Mara des Bois»-Erdbeeren mit Doppelrahm, getoasteter Brioche und Agastache, einer Blüte, die an Minze und Anis erinnert. Dieses Dessert ist so etwas wie ein Erdbeerschnittli auf Einback!
Was ist Ihr Felchlin-Klassiker im Repertoire?
Eiskaffee mit der Opus-Milchschokolade. Vanille-Eis, kalter Kaffee mit viel Textur, Schokolade, Crémeux und Espuma. Dieses Dessert erinnert mich an meine Jugend, als ich mit meinen Freunden im Elsass auf dem Fahrrad unterwegs war. Da sind wir immer Richtung deutsche Grenze gefahren und haben Eiskaffee bestellt. Ein Schokoladen-Dessert ist in Brent immer auf der Karte!
Sie sind GaultMillaus «Pâtissier des Jahres». Was hat es gebracht?
Als ich in die Schweiz gekommen bin, war das mein Ziel. Und ich habe es geschafft. Ich arbeite viel mit Mindset. Heisst: Wenn du etwas willst, musst du dafür arbeiten. Du musst dich immer wieder infrage stellen, deine Ideen, aber auch dein Umgang mit den Mitarbeitern. Das tue ich, auch wenn ich erst 25 Jahre alt bin.
Sie stellen sich auch dem Wettbewerb.
Die Chefs in Frankreich sagen dir nicht, ob du gut bist oder nicht. Deshalb habe ich letztes Jahr in Frankreich am Wettbewerb der französischen Meisterschaft für den besten Dessert-Teller mitgemacht; das entspricht etwa dem «Goldenen Koch»-Wettbewerb in der Schweiz. Da wurde ich letztes Jahr mit meinem Dessert «Bergamotte mit Maggikraut & Szechuan-Button» Dritter. Ein Supererfolg: Da nehmen Patissiers aus Zwei- und Dreisterne-Restaurants teil. Sie sind älter als ich, versuchen es immer wieder. Und ich kam bei der ersten Teilnahme gleich auf Rang 3!
Sie sind ein Instagram-Champion, haben über 58'000 Fans. Welche Desserts kommen am besten an?
Es sind nicht die professionellsten Desserts, die am besten ankommen. Ich bereite etwas in der Küche zu, stelle es kurz mit weissem Hintergrund vor meine Kamera und schon geht’s ab in die Community. Noch besser als die Fotos gehen im Moment die Reels ab. Das ist crazy, da gibt’s Filmli mit über 100'000 Klicks.
Desserts mit Gemüse. Passt das?
Als ich klein war, habe ich kein Gemüse gegessen, aber jetzt arbeite ich viel mit Gemüse. Das ist auch dem Konzept von Stéphane Décotterd geschuldet. Ich kann im Winter nicht einfach auf exotische Früchte zurückgreifen, also verwende ich dann gerne Kürbis oder Rüebli. Das sind so Desserts, die ich gerne mag. Das ist nicht grundsätzlich falsch, man denke nur an die Rüeblitorte! Alles hat seinen Platz, auch süss-saure Desserts. Die Balance muss einfach stimmen.
Gute Pâtissiers sind begehrt in der Branche. Aber sie bleiben im Hintergrund. Stört Sie das?
Nein, absolut nicht. Der Gast soll nicht auf das Dessert warten und dann urteilen, ob es gut oder schlecht war. Mein Ziel ist es, dass der Gast einen schönen Moment hatte, einen schönen Abend. Der Gesamteindruck muss stimmen.
www.felchlin.com
www.lepontdebrent.ch
Instagram: @christopheloeffel