Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Junges Talent. In Zürich gibts den klassischen Beck, verschiedene Konditoreien und seit geraumer Zeit mehrere Bakeries. Aber nach einer traditionellen französischen Boulangerie-Pâtisserie muss man lange suchen. Bis jetzt. Denn am Montag eröffnet «Juliette – pain d’amour» gleich an zwei Standorten. Einmal am Bleicherweg, direkt bei der Haltestelle Tunnelstrasse, und am Vulkanplatz in Altstetten. Die Boulangerie verspricht echte französische Baguettes. Das ist wörtlich zu nehmen. Denn in der Backstube steht ein Franzose. Émile Jeannenot ist im französischen Jura aufgewachsen. Im Alter von 15 Jahren hat er seine Leidenschaft für Brot entdeckt und eine Bäckerlehre in Angriff genommen. 2018 wurde er zum besten Bäcker-Lehrling Frankreichs gekürt. Und heute, mit nur 22 Jahren, ist Émile Chef-Bäcker in Zürich.
Handarbeit. Das Baguette von Juliette – beziehungsweise Émile – ist aussen knusprig und innen luftig und weich. Und aus französischem Mehl gefertigt. Eigentlich ein simples Produkt, besteht es doch nur aus Wasser, Mehl, Salz und Hefe sowie Sauerteig. Und doch ist ein richtig gutes Baguette nicht an jeder Ecke erhältlich. «Das Geheimnis ist die Zeit», erklärt Émile. «Der Teig muss lange gären und das muss ich als Bäcker respektieren.» Hinzu kommt, dass in der Boulangerie «Juliette» alles von Hand gemacht wird. «Für die Façonnage gibt es heute Maschinen. Aber ich forme jedes Baguette von Hand.» Eine Maschine wallt lediglich den Teig für die Croissants aus. Émile schneidet den Teig anschliessend mit chirurgischer Genauigkeit in gleichgrosse Stücke. Die Croissants gibts nature, als Pain au chocolat und als Himbeer-Croissants, gefüllt mit Himbeerkonfitüre. Émile fertigt auch Brote aus Sauerteig, mit Roggen oder Gojibeeren und Leinsamen. Das Baguette gibts klassisch und in einer Vollkorn-Variante.
Millefeuille au caramel beurre salé. Neben einem Chef-Boulanger gibt es auch einen Chef-Pâtissier. Julien Mallé hat sein Reich im Atelier am Vulkanplatz. Er ist verantwortlich für Eclairs und Co. Für ihn ist Handarbeit ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Schliesslich hat er bei der französischen Pâtisserie-Legende Yves Thuriès gelernt, der zweimal zum «Meilleur Ouvrier de France» gekürt wurde. Julien gibt der Tarte au citron den letzten Schliff und flämmt mit dem Bunsenbrenner die Meringue ab. Beim Wort Cremeschnitte stellt es den Franzosen die Nackenhaare auf. Millefeuille klingt tatsächlich tausendmal schöner. Zwischen die Blätterteigschichten füllt Julien eine Crème Pâtisserie, dazwischen versteckt er feine Bahnen aus Karamell und Beurre salé.
Das beste Baguette der Stadt? Stellt sich nur noch die Frage: Wer ist eigentlich Juliette? «Das ist meine Grossmutter. Sie hat schon immer gerne für die Familie gebacken», sagt Stéphanie Borge. Stéphanie hat «Juliette – Pain d’amour» zusammen mit Nicolao Colombo und Rolf Lüthy gegründet. Borge ist in Paris geboren und aufgewachsen, lebt aber schon seit vielen Jahren in Zürich. «Ich habe mich immer gewundert, dass es in Zürich keine französische Bäckerei gibt, obwohl 40’000 Französinnen und Franzosen hier leben und die Zürcher Bevölkerung grundsätzlich ein Faible für französische Backwaren hat.» Mit Seri Wada oder John Baker gebe es durchaus gute Baguette-Bäcker in der Stadt. Doch der feine Unterschied macht das Mehl: «Wir beziehen das Mehl aus einer Mühle in Frankreich. Ich sage nicht, dass unser Mehl besser ist. Es ist einfach anders. Es ist wie beim Wein: Das Terroir hat einen Einfluss auf das, was im Boden wächst.»
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