Text: Kathia Baltisberger Fotos: Pascal Grob/Tina Sturzenegger

Lausbub. Man nennt ihn auch den George Clooney unter den Metzgern: Ludwig Hatecke. Der Vergleich zwischen dem Engadiner und dem Hollywood-Star ist gar nicht so abwegig. Alle reissen sich um das Hatecke-Fleisch. Wird irgendwo Hatecke-Salsiz aufgetischt, steht der im Mittelpunkt. Die Familie Hatecke hat sich in den vergangenen 110 Jahren ein Geschäft aufgebaut, das Fleisch-Produkte von höchster Qualität anbietet. Sein Grossvater erlernte das Metzgerhandwerk und machte sich in den 1920er-Jahren selbständig. «Ich erinnere mich noch gut, wie ich als kleiner Bub in die Metzg ging. Dort hatte es so Lebern an einem Haken. Ich habe eine genommen und dem Bäcker rüber gebracht – ich wollte die Leber gegen Backwaren tauschen», erzählt Ludwig Hatecke.

Ludwig Hatecke Scuol

Das Hatecke-Fleisch lagert zum Trocknen in Scuol.

Metzger wider Willen. Dabei wollte der junge Ludwig gar nicht Metzger werden. "Ich bin ja damit aufgewachsen, aber das war schon eher eine raue Angelegenheit. Vor allem das Schlachten." Hochspannungsleitungen haben ihn immer fasziniert oder Bergführer wäre er gerne geworden. Ludwig Hatecke machte dennoch eine Metzger-Lehre, 1982 durfte er vom Vater die Metzgerei in Scuol übernehmen. Ein Haus mit Familiengeschichte: Hateckes Urgrossvater - ein Norddeutscher - wanderte 1864 ins Engadin aus und kaufte das Haus. Der Besitzer wechselte mehrmals, Ende der 70er kaufte es Vater Hatecke zurück. Noch heute wird dort geschlachtet und der grösste Teil der Trockenfleisch-Spezialitäten getrocknet. 

Schön durchzogen und ohne Salz - Hatecke-Trockenfleisch zergeht quasi auf der Zunge.

Ludwig Hatecke Scuol Zürich

In Scuol befindet sich die Metzgerei, die Ludwig Hatecke einst von seinem Vater übernahm.

Mega-Projekt. In Scuol baute die Familie zusätzlich zur Metzt einen Verkaufsladen. Eine grosse Aufgabe für den noch jungen Metzger. Doch Ludwig Hatecke wusste damals genau, dass er etwas anders machen muss. "Ich hatte immer das Gefühl, dass das Fleisch zu wenig wertgeschätzt wird. Ich wollte dem Fleisch den Respekt zukommen lassen, den es verdient." Und dann war da noch die Konkurrenz. Der Grossverteiler Coop machte sich im Engadin breit. "Man musste sich etwas einfallen lassen, um sich zu positionieren und  um sich abzugrenzen." Hatecke setzte auf die Ästhetik. Der Laden in Scuol wurde äusserst puristisch gestaltet, sämtliche Produkte wurden schön eingepackt in schwarzem Papier und mit einem Holzschild versehen - es ist noch heute das Markenzeichen der Metzgerei.

Ludwig Hatecke Scuol Zürich

Ludwig Hatecke steht oft selbst in der Zürcher Filiale hinter der Theke. Hier bereitet er ein Tatar zu.

Ein Traum: Das Hatecke-Plättli mit verschiedenem Trockenfleisch und Käse.

Chaotischer Perfektionist. Ludwig Hatecke ist ein Perfektionist: Das Plättli serviert er erst, wenn auch jede Scheibe richtig auf dem Teller positioniert ist. Mit seinem Sohn Noah diskutiert er, ob er das Fleisch in der Theke lieber aufstellen oder hinlegen soll. Fürs Foto will er sicherheitshalber ein frisches Hemd anziehen. Ein Pedant ist er aber nicht. «Zu Hause bin ich eine Katastrophe, ein richtiger Chaot. Termine? Das ist schlimm mit mir, ich vergesse alles», sagt Hatecke. Elf Anrufe in Abwesenheit auf seinem Handy unterstreichen seine Nonchalance. 

Ludwig Hatecke Scuol Zürich

Der Edelmetzger legt nicht nur Wert auf die Qualität des Fleisches, sondern auch auf die Qualität der Verpackung.

Ab ins Unterland. Vor sieben Monaten hat es Hatecke ins Unterland verschlagen. Er hat in Zürich am Löwenplatz eine weitere Filiale eröffnet. Ein weiter Weg für einen Bündner. «Engadiner!», korrigiert Hatecke. Doch er mag die Zürcher. «Die sind mir sympathisch.» Nur beim Hahnenwasser ist er skeptisch. «Uh, dieses Züri-Wasser... Ich weiss nicht recht. Trinken Sie lieber ein Bündner Mineralwasser.» Aufgenommen wurde er in der Stadt, wo er ein «Niemand» sei, aber bestens. Roger de Weck gehört zu seinen Kunden, Nenad Mlinarevic ist grosser Fan seiner Edelmetzgerei. «Hier weht zwar mehr Gegenwind. In der Zwischensaison haben wir aber nicht so viele Kunden im Engadin. Deshalb müssen wir dahin, wo die Leute sind.» Zürich ist trotzdem die letzte Destination. «Ich expandiere nicht mehr weiter. Das kann von mir aus mein Sohn machen, wenn er will.» Der ältere Sohn David hat - wie einst Ludwig Hatecke - bereits eine Filiale vom Vater übernommen. Die in St. Moritz. Das Rädchen der Familien-Metzgerei wird sich weiter drehen.

 

Filialen:

Usteristrasse 12, 8001 Zürich

Via Maistra 16, 7500 St. Moritz

Center Augustin Stradun 197, 7550 Scuol

www.hatecke.ch

 

Eine Auswahl an Hatecke-Produkten gibt es auch bei Globus.

www.globus.ch