Interview: Max Fischer | Fotos: David Birri

Er ist Architekt und Künstler. Der 80-jährige Mario Botta hat in Wingen-sur-Moder im Elsass für die Lalique-Gruppe von Silvio Denz das Restaurant für das Hotel Villa René Lalique erbaut, dazu den Pavillon Hochberg – und jetzt die neue Lalique-Boutique auf 120 Quadratmetern. Dort gibt’s edle edle Dekorationsobjekte, Duftkerzen und Parfums der weltbekannten Kristallmanufaktur. Und bestaunen können Besucher auch eine vom «Maestro» selber kreierte Vase.

Sie haben viele Sakralbauten gebaut und in St. Emilion auf Château Faugères für Silvio Denz einen ganz besonderen Weinkeller, die «Kathedrale des Weins». Sind Sie ein Weinliebhaber?

Ich trinke gern Wein, ich bin aber kein Profi.

Dafür haben Sie sich hier in Wingen-sur-Moder verliebt – in die Lalique-Kristallmanufaktur.

Während der Planung und den Bauarbeiten besichtigte ich mehrmals die Manufaktur und kam so auch mit den Kunsthandwerkern in Kontakt. Ich war beeindruckt von ihrem Können und ihrer Arbeitsweise. Durch das Feuer und die Kristalle habe ich viel Kraft gespürt.

Es dauerte nicht lange und sie schlugen auf einer Papierskizze eine Vase vor. Ein perfektes Quadrat, gespickt mit Pyramiden.

Géo! Diese Vase kann man als Miniatur eines grossen Palastes interpretieren. Mit Hilfe der alten Technik ist ein zeitgenössisches Objekt entstanden. Ich habe die Erinnerung sozusagen neu interpretiert.

Silvio Denz und Mario.Botta.

80 Jahre alt – und kein bisschen müde: Mario Botta schöpft aus seiner Arbeit Energie und Kraft.

Silvio Denz und Mario.Botta. Aufgenommen am 6.10.2023 ©David Birri

Das Objekt und sein Schöpfer: der «Maestro» neben der von ihm entworfenen Vase «Géo».

Heute ist Géo in der Lalique-Kollektion «Crystal Architecture» erhältlich. Gibt es schon ein nächstes Projekt?

Es gibt den Protoyp für einen Tisch. Das ist aber noch nicht spruchreif.

Zurück zu den Kirchen. Weshalb bauen Sie so viele sakrale Bauten?

Es ist nicht der Architekt, der sagt, was er gerne errichten möchte. Man wird von Auftraggebern angefragt. Und ich baue als Architekt nicht einfach an einem Ort, sondern an dem bestimmten Ort. Die Architektur wird Teil der Landschaft, des geografischen Kontextes und der Zeit. Wir arbeiten für die Gesellschaft. Jedes Objekt berührt den Lebensraum der Menschen.

Was heisst das beispielsweise für ein Wohnhaus?

Man muss sich nicht nur mit den Quadratmetern auseinandersetzen. Man muss sich auch Gedanken darüber machen, wie sich das Wohnen heute im Vergleich zur Vergangenheit verändert hat.

Silvio Denz und Mario.Botta.

Unternehmer Silvio Denz und Mario Botta vor der vom Tessiner Architekten entworfenen Lalique Boutique.

Sie bauen in der ganzen Welt, sind mit 80 Jahren noch ständig unterwegs. Weshalb lebten sie immer in Mendrisio im Tessin?

Weil ich dort geboren worden bin. Es ist leichter, einen Ort zu kennen, wenn man dort auf die Welt gekommen ist. Die Herkunft, die Geschichte, die Erinnerungen – all diese Elemente halten uns lebendig und interessant. 

Sie arbeiten viel im Ausland.

Ich würde gern mehr in meiner Heimat tätig sein. Aber es ist für mich oft schwieriger, hier im Tessin oder in der Schweiz einen Auftrag zu bekommen als im Ausland.

Weshalb?

Es gilt wohl auf für mich das Sprichwort «Niemand ist Prophet in seinem eigenen Land.»

Ihr Traum soll es sein, ein Kloster zu bauen.

Ja. Aber es fehlen mir die Kunden! (lacht)

Villa René Lalique. Aufgenommen am 6.10.2023

Juwel im Elsass: Das Hotel Villa René Lalique mit dem von Botta entworfenen Restaurant.

Weshalb denn ein Kloster?

Es ist die ideale Stadt, weil die Leute es wählen, dort zu leben. Die Kirche muss schön sein, das Refektorium herrlich und die Gänge inspirierend. Alle Räume müssen die gleiche Intensität haben: eine hohe Qualität der Materialien und eine achtsame Lichtführung über alle Jahreszeiten.

Woher schöpfen Sie auch mit 80 noch so viel Kraft und Energie.

Aus der Arbeit. Ferien sollte man abschaffen (lacht). Ich mache nur zwei Tage im Jahr Ferien: über Weihnachten.

 

www.lalique.com