Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Nik Hunger

Zürcher Mozzarella! Die Schweiz ist eine Käse-Nation. Da lassen wir uns nichts anderes erzählen. Doch wir fahren noch lange nicht in allen Disziplinen aufs Podest. Wenn es um Mozzarella geht, haben unsere südlichen Nachbarn klar die Nase vorn. Das Team der «Stadtkäserei will dies ändern. Das Restaurant direkt am Gleis 18 am Zürcher HB verfügt über eine eigene Käserei, stellt Frischkäse, Halbhartkäse und Rotschmierkäse in Eigenregie für die Gäste her. Und jetzt soll es auch einen städtischen Mozzarella geben. 

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Im heissen Wasser verändert sich die Beschaffenheit des Mozzarellas. 

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Der Käsebruch muss einen bestimmten pH-Wert annehmen, bevor Devis mit der Produktion weitermachen kann. 

Der Experte. Für die Produktion der verschiedenen Sorten engagieren die Betreiber der «Stadtkäserei» professionelle Käser. Peter Limacher ist Käser im Entlebuch, Bettina Rohrer arbeitet eigentlich als Apothekerin, ihre Leidenschaft ist aber das Herstellen von Käse. Beide käsen regelmässig in der «Stadtkäserei» und teilen ihr Wissen an Kursen und Workshops. Doch wenn es um Spezialitäten wie Mozzarella geht, werden die Lehrer auch gerne zu Schülern. Deshalb haben sie «Mr. Mozzarella» Devis Annibaldi eingeladen. Er zeigt Limacher und Rohrer einen Tag lang, wie Mozzarella hergestellt wird. 

Koch, Musiker, Künstler. Devis kommt aus der Nähe von Rom, lebt aber seit einigen Jahren in der Schweiz. Er ist ein Tausendsassa wie er im Bilderbuch steht. Er ist gelernter Koch, Musiker, Künstler und Regisseur. «Das Mozzarella-Handwerk habe ich von meinem Grossvater gelernt», erzählt der 48-Jährige. Keine einfache Sache, gibt er sofort zu verstehen. «Mozzarella braucht viel Zeit und Gefühl.» Mozzarella funktioniert in der Herstellung zunächst genau gleich wie jeder andere Käse: Die Rohmilch wird erhitzt, Lab und Kultur -  in diesem Fall Joghurt - werden hinzugefügt. Dann wird der Käsebruch aus der Molke gehoben. Die Molke wirft man in der «Stadtkäserei» übrigens nie weg. Sie wird zu einem Milchserum-Sirup verarbeitet. Die Barkeeper mixen daraus Cocktails auf Molkebasis.

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Mit der Zeit lässt sich der Käse immer besser ziehen, genau so muss es sein.

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Am Ende formt Devis Annibaldi den Mozzarella zu den typischen Kugeln. 

Ziehen und formen. Ab jetzt unterscheidet sich das Verfahren. Der Bruch für den Mozzarella muss einen bestimmten pH-Wert erreichen, dafür muss er längere Zeit ruhen. Bei Halbhartkäse passiert dieser Säuresturz erst nach dem Pressen, also wenn er bereits im Keller ist und reift. Doch der Mozzarella muss erst gezogen und geformt werden, das geschieht aber erst bei der richtigen Konsistenz und die hängt vom richtigen pH-Wert ab. Den kann man messen oder wie Devis fühlen. Immer wieder übergiesst er ein bisschen Bruch mit kochend heissem Wasser, knetet und zieht den «Teig». Bis er zufrieden ist, dauert es. 

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Perfekt geformt: der Mozzarella von Devis Annibaldi.

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Der perfekte Snack: frischer (noch warmer) Mozzarella mit Olivenöl und Pfeffer.

Milch von Kiwi-Cross-Kühen. Das gibt Devis die Gelegenheit, den Käsern zu zeigen, was er aus der übrig gebliebenen Molke macht: Primosale! Ein sizilianischer Käse, der in der Konsistenz ein bisschen einem Ricotta ähnelt. Er versetzt ihn mit Chili und Zitronenzeste. Geniale «Resteverwertung». Peter Limacher erzählt dem Italiener im Gegenzug, was es mit der Milch auf sich hat, die sie hier verwenden. Die stammt nämlich vom Burgers Hof in Rudolfstetten. Entfernung zur «Stadtkäserei»: gerade mal etwa 13 Kilometer. «Die Bio-Milch stammt von sogenannten Kiwi-Cross-Kühen. Einer Kreuzung aus Holenstein- mit Jersey-Kühen. Die heissen so, weil diese Kreuzung vor allem in Neuseeland verbreitet ist», sagt Limacher. Die Tiere fressen ausschliesslich Gras. 

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

In der «Stadtkäserei» werden verschiedene Käse-Spezialitäten hergestellt. Halbhart, Blauschimmelkäse, Frischkäse oder Rotschmierkäse.

Fingerspitzengefühl. Jetzt ist endlich der grosse Moment gekommen. Die Konsistenz des Käsebruchs ist zu Devis’ Zufriedenheit. Jetzt muss es schnell gehen. Gehilfin Bettina Rohrer reicht dem Experten ca. 90 Grad heisses Wasser und giesst es über die Käsemasse. Devis rührt alles mit einer Kelle um, knetet und streicht die Masse, die sich immer mehr wie ein Brotteig verhält. Auch hier ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Devis kühlt immer wieder seine Hände, die im süttig heissen Wasser arbeiten. 

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Bettina Rohrer schmiert den Halbhartkäse, den sie produziert hat, ein. 

Stadtkäserei Zürich Mozzarella

Molke, ein Nebenprodukt der Käseproduktion, wird in der «Stadtkäserei» für Cocktails verwendet.

Sofort verzehren. Dann gehts ans Formen. Devis formt den Mozzarella zu Kugeln, klemmt mit den Fingern die Kugel vom restlichen Käse ab. Diesen Vorgang nennen die Italiener «mozzare». Dann wirft er die Kugeln ins kalte Wasser. Das Gute am Mozzarella? Man muss jetzt nicht monatelang warten, bis man probieren kann. Der noch warme Mozzarella kann sofort degustiert werden. Mit ein bisschen Pfeffer und hochwertigem Olivenöl. Das Urteil des Experten fällt positiv aus: «Molto bene», sagt Devis. 

 

www.restaurant-stadtkaeserei.ch