Fotos: Fabian Häfeli

Sticheleien in der Familie. Giulio, 65, Paolo, 63, Dario, 34, und Luca Bianchi, 32, treffen sich zum Zwei-Generationen-Shooting auf dem Bianchi-Areal in Zufikon. Alle erscheinen in den schneeweissen Bianchi-Mänteln mit Hummer-Logo. Bei genauerem Hinsehen erkennt man bei Giulio und Paolo die Kugelschreiberstriche an den Brusttaschen. «Das ist ein Zeichen, dass wir etwas arbeiten», spottet Giulio mit Blick auf Sohn Dario und Neffe Luca. Die beiden lachen und nehmen es gelassen. Foppen gehört in der Famiglia Bianchi dazu. 

Grosses Bild oben: Paolo, Dario, Giulio und Luca Bianchi (v.l.).

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Ohne ihn gäbe es die Bianchi AG heute nicht: Paolo Bianchi übernahm das Geschäft vom Vater.

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Paolo Bianchi hat das Departement Fleisch geführt. Neffe Dario ist sein Nachfolger.

Digitale Transformation. Das Fehlen der Kugelschreiberstriche bei den aktuellen Geschäftsführern könnte auch Ausdruck sein für den Generationenwechsel, der in den vergangenen Jahren stattgefunden hat. Im Dezember 2021 haben Giulio und Paolo die Aktien – und somit das Zepter – ihren Söhnen übergeben. Seither haben Luca und Dario Bianchi beim Traditionsunternehmen erfolgreich die digitale Transformation herbeigeführt.

«Ich hatte null Bock.» Dass die Firma Bianchi in die Hände der fünften Generation übergeht, war nicht selbstverständlich. «Wir haben nie gesagt, unsere Kinder müssen die Firma übernehmen. Aber wir haben schon früh mit ihnen Gespräche darüber geführt – auch mit Darios Schwestern», sagt Giulio. «Denn wir wollten die Übergabe immer machen, wenn wir noch gesund sind. Aber das ist nicht einfach, Loslassen muss man lernen.» Sein Bruder ergänzt: «Bei unserem Vater war das anders: Der hat plötzlich gesagt: Ich kann nicht mehr, jetzt müsst ihr übernehmen.» Damals hat sich Paolo gemeldet und das Geschäft übernommen. «Ich habe geholfen, wollte aber nur ein Jahr bleiben. Ich hatte null Bock», erinnert sich Giulio. 

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Verstehen sich privat und wenn es um die Abteilung Fisch und Meeresfrüchte geht: Luca und Giulio Bianchi.

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Die Bianchis vor dem Riesen-Pulpo im neuen Eingangsbereich in Zufikon.

Geschäftsführer ist ein 24/7-Job. Ob es für Dario und Luca wirklich das Richtige ist, das wussten sie nicht von Beginn an. Denn der Job ist hart. «Ich konnte mir nicht vorstellen, für den Rest meines Lebens um 4 Uhr aufzustehen. Also haben wir uns Zeit gegeben, den Betrieb kennenzulernen und uns dann zu entscheiden», sagt Dario. Lange haben sie allerdings nicht gebraucht für diesen Entschluss. «Was es braucht, ist Leidenschaft. Ohne das geht es nicht. Und man muss bereit sein 24/7 zu arbeiten», weiss Paolo. 

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Er hatte zuerst gar kein Bock auf das Familienunternehmen: Giulio Bianchi blieb trotzdem 40 Jahre.

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Ein perfekter Red Snapper. Die Bianchi AG garantiert die beste Qualität.

Onkel & Neffe statt Vater & Sohn. Schon bei Giulio und Paolo waren die Aufgaben klar verteilt: Der Ältere kümmerte sich um den Fisch, der Jüngere war fürs Fleisch verantwortlich. Auch die Söhne folgen dieser Arbeitsteilung, allerdings wird übers Kreuz gearbeitet, sodass immer Onkel und Neffe zusammenarbeiten. «Wir haben alle Konstellationen ausprobiert, so klappt es am besten», sagt Luca Bianchi. «Vielleicht sagt man dem Neffen noch eher mal die Meinung als dem Sohn», ergänzt sein Vater. 

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Haben nichts gegen etwas Nestwärme: Die vier Bianchis posieren im Oldtimer. 

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Fürs Manövrieren des alten Autos braucht es Teamwork – ganau wie im Betrieb.

Midnight Call von Peter Knogl. Ganz aus dem Betrieb raus sind Paolo und Giulio nicht. Einer von beiden ist immer im Betrieb und kümmert sich um langjährige Kunden. «Das macht keinen Sinn, die noch umzuteilen. Peter Knogl vom Trois Rois ruft mich immer um Mitternacht an, um seine Bestellung durchzugeben – ganz zum Unmut meiner Frau», erzählt Giulio. «Diese permanente Erreichbarkeit ist schon eine Herausforderung», sagt Luca. 

«Das ist unsere Stärke» Doch genau das ist das Geheimnis von Bianchi: die Kundennähe. «Unser Job ist zu 80 Prozent operativ. Geschäftsführeraufgaben erledigt man über Mittag», sagt Dario Bianchi. Die neuen CEOs sitzen auch nicht in der Teppichetage, sondern mitten im Knäuel in der Telefon- und Verkaufszentrale. «Das ist unsere Stärke: Wir leben etwas vor und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ziehen mit. Egal, ob in der Produktion oder im Verkauf», sagt Paolo. Bianchi ist nicht nur nahe beim Kunden, sondern auch beim Produzenten. «Unser Erfolg, vor allem in der letzten Generation, liegt darin, dass wir Direktimporteure aus aller Welt geworden sind und, wo immer möglich, auf den Zwischenhandel verzichten. Dadurch haben wir die Qualität stets unter Kontrolle», versichert Dario Bianchi.

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Die 5. Generation hat übernommen: Die Cousins Dario und Luca Bianchi sind jetzt am Drücker.

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Bianchi ist nicht nur tief in der DNA verankert, sondern auch auf den Socken aufgedruckt.

Sonderwünsche und Extrawürste. Das System führt automatisch dazu, dass die Kunden immer wildere Wünsche anbringen. «Als Eric Vildgaard vom Jordnær in St. Moritz gekocht hat, hatte er ganz explizite Wünsche von einem Produzenten aus dem Norden Norwegens. Wir kannten den nicht und mussten alles in kürzester Zeit organisieren. Am Ende hat alles geklappt und wir haben einen neuen Produzenten, mit dem wir immer noch arbeiten», erzählt Paolo. «So ist das auch beim Epicure im Dolder. Die speziellen Wünsche der Weltstars, die dort kochen, sind eine Herausforderung, aber wir lernen auch immer extrem viel», ergänzt Luca Bianchi. Und dann gibt es noch die absurden Wünsche. «Der Fotograf Alberto Venzago bat mich, die grösste Auster der Welt zu organisieren. Er wollte seine Muse in der Badewanne fotografieren und die Auster sollte ihren Intimbereich verdecken», erzählt Giulio. Bei der Firma Bianchi hat man definitiv schon alles erlebt.