Text: Patricia Heller
«Athletes powered by science». Hans-Peter Strebel ist promovierter Doktor der Naturwissenschaften, war Apotheker in Muri AG und entwickelte mit einem Team ein Medikament gegen Multiple Sklerose. Diese «Erfindung» machte ihn zum Milliardär. «HP», so nennen ihn freundschaftlich unkompliziert auch die jüngsten Athleten im Zentrum, gibt der Gesellschaft einen Teil seines Vermögens zurück. Er baute in Cham für 100 Millionen Franken das Sportzentrum OYM («On Your Marks»). Die Schweizer Meister «seines» EV Zug trainieren hier, aber auch Olympia-Skirennfahrer (Ramon Zenhäusern, Aline Danioth), Handballerinnen und Golfer. Die Ansage: «Athletes powered by science». Im OYM wird auf streng wissenschaftlicher Arbeit gearbeitet. Gilt auch für die sieben (Diät-)Köche: Sie bauen ein fantastisches Buffet mit erstklassigen Produkten und 40 täglich wechselnden Komponenten auf, individuell zugeschnitten auf jeden Athleten. Das Interview mit Küchenchef Christoph Schär (Bild oben).
Im OYM wird auch auf dem Gebiet der Ernährung revolutionär gearbeitet. Einfach nur Kalorienbunkern wie früher im Sport ist out. Ihr Ansatz?
Wir möchten, dass unsere Athleten gesund sind und gesund bleiben. Wir unterstützen durch höchstwertige und zeitlich abgestimmte Nährstoffzufuhr das Athletiktraining. Wir wollen mit gezielter Nährstoffzufuhr die Wettkampfleistung maximieren. Wir Diätköche stimmen also die Ernährung zusammen mit unseren Ernährungswissenschaftlern gezielt auf jeden einzelnen Athleten ab.
In Ihrem OYM-Restaurant haben Sie Alkohol, Desserts und Zucker gestrichen. Wie gehen Sie vor, dass die Sportler trotzdem glücklich sind?
Wir haben von Beginn an viel Energie und Zeit in die Ausarbeitung der mittlerweile über 900 Rezepte gelegt, um den Athleten und Athletinnen ein kulinarisch hochstehendes Buffet mit über 40 verschiedenen, täglich wechselnden Komponenten anzubieten. Uns war immer bewusst, dass ein nur «gesundes» Buffet nicht genügt, um den teilweise auch sehr jungen Kunden und Kundinnen gerecht zu werden. Wir stellen den Menüplan so zusammen, dass wir für jeden Geschmack etwas bereitstellen können. Auf Wünsche und Probleme können wir individuell eingehen. Unser OYM Nutrition Angebot begleitet einige Athleten auch an die Olympischen Spiele. Dass wir keine Süssspeisen im klassischen Sinn anbieten, haben wir den Athleten erklärt. Das ist kein Thema mehr.
Die Athleten halten sich innerhalb der Anlage sehr genau an die Vorschriften. Sind Sie sicher, dass gerade die jungen Sportler danach nicht zum Döner-Stand rennen?
Wir versuchen, den Athleten aufzuzeigen, wie sie sich auch ausserhalb von OYM optimal ernähren können. Als Beispiel haben wir alle Nachwuchsteams in Sachen Frühstück unterstützt, seither ist als Beispiel der Birchermüesli-Verkauf an unserer «SMS Bar» im OYM massiv gestiegen. Die Sportler vertrauen uns. Wir fördern ihre Sozialkompetenz. Wollen Sie an die Spitze kommen, unterstützten wir sie mit vollem Engagement.
Fisch aus Bremgarten, ausgesuchtes Demeter-Olivenöl, teures Bio-Poulet statt ein normales Poulet. Sie schöpfen aus dem Vollen wie Ihre Kollegen im Gourmet-Restaurant. Ein Privileg?
Natürlich ist dies ein Privileg, dass wir hier mit gesunden Lebensmitteln in Bio-Qualität arbeiten dürfen. Wir verwenden Bio-Lebensmittel nicht, weil wir glauben, dass diese in jedem Fall ein «besseres» Lebensmittel darstellen, sondern weil uns dieses Label die Garantie gibt, dass gewisse Stoffe nicht enthalten sind wie zum Beispiel hormonaktive Substanzen und Pestizide.
Wer auf wissenschaftlicher Basis arbeitet, benötigt sehr viel Fachwissen. Wie sind ihre sieben Köche ausgebildet?
Mein Team besteht aus gelernten Diätköchen EFZ. Ich selbst war unter anderem Berufsschullehrer der Diätköche in Bern und als Chef-Instruktor für die Hotel&Gastro Union während über 14 Jahren tätig. Daher hatte ich das Privileg, mein Team aus mir bekannten und fachlich äusserst versierten Personen zusammenzustellen. Wir sind ein sehr eingeschworenes Team. Dr. sc. nat. ETH Marco Toigo, der wissenschaftliche Leiter im OYM, unterstützt uns.
Lieblingsgericht im OYM ist die Tom Kha Gai. Wie kriegen Sie diese Thaisuppe hin, dass sie den Vorgaben entspricht?
Das Problem bei einer Tom Kha Gai ist unter anderem der hohe Fettgehalt. Hier haben wir immer wieder mit der Optimierung der Rohstoffe, etwa der Kokosmilch, experimentiert und das Rezept so gestaltet, dass es nun in unserem Ernährungsplan Platz gefunden hat. Der Koriander ist aber immer noch nicht bei allen gleich beliebt, daher können sich die Athleten die Suppe bis zu einem gewissen Teil am Buffet selbst zusammenstellen, unter anderem auch in fleischloser Form.
Sie stellen Protein-Drinks und Hypotonische Getränke her. Kann man die kaufen?
Wir haben inzwischen eine breite Auswahl an diversen Sportgetränken in Bio-Qualität. Diese kann man bis jetzt exklusiv bei Intersport beziehen oder auf unserer eigenen Homepage bestellen:
www.oym-nutrition.ch
Sie haben eine Barista im Team, was ist ihr Job?
Sie betreut unsere SMS Bar (Sports meets Sports Bar) unter anderem mit ihren speziell für OYM gerösteten und zusammengestellten Kaffee-Blends in Bio-Qualität. Weiter unterstützt sie uns in der Entwicklung der Sportgetränke. So konnten wir unter anderem einen Cold-Brew Coffein-Shot mit ihr zusammen entwickeln. Dieser enthält 200 mg Coffein und ist ein wichtiger Bestandteil der Wettkampf-Verpflegung geworden.
Wie reagiert ein Superstar wie Leonardo Genoni, wenn ihm plötzlich vorgeschrieben wird, was er zu essen hat?
Ihm wird nicht vorgeschrieben, was er zu essen hat. Aber wir unterstützen ihn beim richtigen Zusammenstellen seiner Ernährung. Leonardo ist ein Perfektionist. Er will von uns immer alles wissen, um auch in der Ernährung immer weiterzukommen. Der Austausch mit ihm ist für uns alle immer ein Highlight und von gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung geprägt. Er ist zusammen mit Jan Kovář für mich in der Zusammenarbeit mit der ganzen Mannschaft des EVZ in Sachen Ernährung sehr wichtig. Wir können so unsere Verpflegung, welche an den Spieltagen vom Frühstück, übers Mittagessen und Pre-Game Verpflegung bis hin zur Post-Game Verpflegung im Bus reicht, gezielt auf das Team ausrichten.
Viele Ihrer Sportler sind jetzt an den Olympischen Spielen in Peking. Machen Sie sich Sorgen um ihre Ernährung?
Nein, Sorgen mache ich mir nicht. Wir konnten ihnen gezielt Lebensmittel in OYM Qualität mitgeben, damit ihnen die wichtigsten Nährstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Den beiden Skirennfahrer Aline Danioth und Ramon Zenhäusern beispielsweise ein Bio-Proteinpulver und unsere eigens produzierte Fuelling-Konzentrate, damit sie auch in Peking auf höchstwertige Nährstoffe zählen können.
>> Fotos: Valentin Studerus, Lukas Schnurrenberger / AVP Media-Design GmbH, Florian Kalotay, Urs Flueeler / Keystone