Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Vronys Handschrift. Es gibt diese Lokale, die einfach halten, was sie versprechen. Das «@Paradise» in Findeln bei Zermatt ist in der Tat ein kleines Paradies. Von oben wirkt das Haus winzig, auf der Terrasse und im Innern wird grosses Spektakel geboten. Überall stehen Vasen mit Blumen, Töpfe mit Kräutern, sommerliche Strohschirme. Alles ist in den Farben Türkis, Taupe und Weiss gehalten. Das «@Paradise» trägt ganz klar die Handschrift vom nur wenige hundert Meter entfernten «Chez Vrony». Vrony und Max Cotting-Julen haben hier ihre Filiale eröffnet, Gastgeber sind Loredana Zurbriggen und ihr Mann, Ex-Skirennfahrer Elia Zurbriggen.
Grosses Bild oben: Vrony und Max Cotting-Julen, Loredana und Elia Zurbriggen (v.l.).
Neues ausprobieren. Das «@Paradise» ist aber nicht einfach ein Abklatsch des Mutterhauses, sondern eine ernstzunehmende Alternative. Und auch ein bisschen eine Spielwiese. «Im Chez Vrony die Karte zu wechseln, ist sehr schwierig. Die Gäste wären enttäuscht, wenn zum Beispiel die Bergkäse-Ravioli plötzlich weg wären. Hier konnten wir ganz neu starten und können auch mal etwas ausprobieren», erzählt Vrony.
Nur Walliser Winzerinnen! Das Konzept hat vor allem ihr Mann Max zu verantworten. Jung, frisch und unkompliziert lautet das Motto. Feine Tapas, spritzige Cocktails zum Apéro. Bucatini mit Cima di Rapa, ein veganer Pot-au-feu mit Quinoa und Süssmais oder ein Kalbspaillard mit Kalamansi, Spinat und Bergkartoffeln. Spannend sind auch die Bowls mit Maluns und wahlweise Lachsforelle, Schweinebauch oder Chicken. Auf der Weinkarte dominieren drei Walliser Super-Winzerinnen: Marie-Thérèse Chappaz, Sandrine Caloz und Valentina Andrei. «Bei den Schweizer Weinen haben wir nur solche von der Liste «GaultMillaus 150 beste Schweizer Weine»», sagt Max Cotting-Julen. Und fürs internationale Publikum gibts auch noch ein paar Trouvaillen aus Italien, Frankreich und Spanien.
Neue Herausforderung. Jetzt im Frühsommer 2021 wirkt bereits alles wie aus einem Guss. Lori und Elia sind extrem herzliche Gastgeber und wirken eingespielt. Dabei hatten sie im Dezember gerade mal zehn Tage geöffnet, der Restart erfolgte wie für viele andere erst im Mai. Das ist nur wenig Zeit, um sich im neuen Betrieb einzugewöhnen. Vor allem für Elia. Der Sohn von Pirmin Zurbriggen ist zwar in der Hotellerie gross geworden, hat aber sein Leben bislang vor allem dem Sport gewidmet. «Beides ist sehr streng, aber auf eine ganz andere Art. Beim Skifahren muss man in 1,5 Minuten alles geben. Und hier muss man den ganzen Tag fokussiert sein. Daran musste ich mich erst gewöhnen», gibt Elia offen zu.
Charmante Gastgeber. Vor der Eröffnung konnte er vor allem sein handwerkliches Talent unter Beweis stellen. Jetzt empfängt und platziert er die Gäste und serviert auch. «Ich musste viel lernen. Kalamansi? Ich hatte keine Ahnung, was das ist», sagt er und lacht. «Du machst es super, Amore!», findet Lori. Wenn er sich mit den Gästen unterhält, wirkt es tatsächlich, als hätte er nie etwas anderes gemacht. «Wenn ich zu lange schwatze, kommt Lori aber schon und erinnert mich, dass es noch andere Aufgaben gibt», scherzt er.
Volles Vertrauen. Für das junge Paar ist es auch eine Herausforderung für die Beziehung. Lori ist schliesslich Vollprofi, arbeitete sieben Jahre im «Chez Vrony». «Wir haben einen gewissen Standard und dem wollen wir gerecht werden. Aber auf der anderen Seite will ich auch nicht immer den Boss markieren und Elia alles vorschreiben», sagt Lori. Mittlerweile haben beide ihre Bereiche, in denen sie sich verwirklichen können und funktionieren bestens - auch mit der Betreuung der beiden kleinen Kids (2,5 und 1 Jahr). Und dann sind da ja immer noch Vrony und Max, die auf ihrem Arbeitsweg jeweils nach dem Rechten sehen. «Wir schauen vorbei, aber wir haben auch volles Vertrauen in die beiden», sagt Vrony. «Und wenn sie Fragen haben, können sie jederzeit zu uns kommen.»