Fotos: Christopher Kuhn

Heiss begehrte Rotweine. «Das ist phänomenal!» Top-Winzer Peter Sisseck war plötzlich richtig, richtig begeistert. Wie gut die Sauce der rosa Taubenbrust von Heiko Nieder (19 Punkte) zu seinem «Pingus 2022» passte, das schien ihn merklich zu begeistern. Der 62-Jährige war zu Gast in Zürich, um im Rahmen einer Masterclass seine kultigen, heiss begehrten Weine aus Spanien zu zeigen. Eingefädelt hatte die Visite die «Casa del Vino». Und die Gastgeber liessen es sich auch nicht nehmen, die Teilnehmer anschliessend geschlossen ins 19-Punkte-Restaurant im Dolder Grand einzuladen. Grosses Bild oben: Peter Sisseck mit seinem Sherry «Corrales».

Sommeliers mit über 150 Punkten. Wenn eine Winzer-Ikone wie Sisseck ruft, dann lassen sich die besten Sommeliers des Landes nicht zweimal bitten! Erst recht nicht, wenn danach ein so himmlischen Mittagessen ansteht. Das Line-Up der Masterclass: Ines Triebenbacher («Igniv», Zürich, «Gastgeberin des Jahres»); Amanda Wassmer («Sven Wassmer Memories», Bad Ragaz), Basile Schneider («Skins», Lenzburg), Luca Marzullo («Schloss Schauenstein», Fürstenau), Loris Lenzo («Einstein Gourmet», St. Gallen), Katharina Sarrot («The Restaurant» im Dolder Grand, Zürich) und weitere. Die Anwesenden waren selbst überrascht, dass da über 150 GaultMillau-Punkte vertreten waren. 

GMC Masterclass Peter Sisseck

Kam während der Masterclass immer mehr in Fahrt: Kultwinzer Peter Sisseck.

«Ich lasse lieber die Weine sprechen.» War es Nervosität? Oder einfach noch zu früh für den in Kopenhagen geborenen Sisseck? Bevor es um 10 Uhr losging, hielt er seine Begrüssungsformeln eher kurz und studierte stattdessen die aufgehängten Landkarten verschiedener Weinregionen - jedenfalls war er weniger extrovertiert, als man angesichts seiner charaktervollen Weine vermutet hätte. «Ich mag solche Veranstaltungen nicht allzu gerne», konnte man ihm später während des Tages entlocken. «Eigentlich bin ich lieber im Weinberg oder im Keller – und lasse wenn möglich die Weine für sich sprechen.» 

Pingus: Schon nach wenigen Jahren 100 Parker-Punkte. Und was für Weine das sind! Allen voran der Spitzenwein «Pingus» aus dem Ribera del Duero, einen der begehrtesten Weine der Welt, von dem allerdings bloss wenige tausend Flaschen jährlich gekeltert werden. Seit 1995 wird der Tropfen produziert, Robert Parker gab ihm bereits im Jahr 2004 erstmals 100 Punkte! Wer den Kultwein im Mund hat, versteht schnell, wieso Peter Sisseck (sein Spitzname übrigens: Pingus!) hier von «dreidimensionalen Tanninen» spricht. Solch bemerkenswert runde Gerbstoffe finden sich auch im «PSI», einem weiteren Flagschiff des Winemakers, der in wesentlich grösseren Mengen produziert wird und darum um Längen erschwinglicher ist. «Es ist wichtig, dass es auch bemerkenswerte Weine gibt, die nicht alle Welt kosten», so Sisseck. 

GMC Masterclass Peter Sisseck. Koch: Heiko Nieder. Gerichte: Hummer mit grünem Curry, Avocado & Kräutern - Auster mit Koriander, peperoni & Sesam - Nüssli Salat mit Ei und Kaviar des Feldes

Gerichte von Heiko Nieder: Hummer mit grünem Curry, Auster mit Koriander, Nüsslisalat mit Ei. 

Starchef Heiko Nieder & Kultwinzer Peter Sisseck (v.l.).

Da haben sich zwei gefunden: Starchef Heiko Nieder & Kultwinzer Peter Sisseck (v.l.).

GMC Masterclass Peter Sisseck. Koch: Heiko Nieder. Gerichte: Rind und Gänsemastleber mit Meeresgrün und Sancho Pfeffer - Wagyu mit Kohl, Kimchi Gewürz & Sesam - Taube mit Perigord Trüffel, Morcheln und Vin jaune

Heiko Nieders Hauptgänge: Rind mit Meeresgrün, Wagyu mit Kohl & Sesam, Taube mit Trüffel & Morcheln.

Entdeckung der Starsommeliers: Zweitwein & Sherry. Doch die heimlichen Stars der Degustation waren die zwei weiteren Abfüllungen, die Sisseck präsentierte: Der Zweitwein «Flor de Pingus», der Amanda Wassmer und Ines Triebenbacher, wie sie im Anschluss zugeben mussten, fast am besten geschmeckt hat. Und der Fino «Corrales» aus dem Jerez, der sich als idealer Speisebegleiter erwies: «Ich serviere ihn manchmal zu den Tortellini mit Kalbfleisch und Nussbutterschaum meines Chefs», sagte Luca Marzullo, Head Sommelier im Schloss von Andreas Caminada. Was während der Masterclass auffiel: Dass Peter Sisseck immer mehr aufblühte. Und dass er bei seinen Ausführungen – obwohl er als durchaus technisch versierter Fachmann gilt – äusserst konkret und bodenständig blieb. 

Der ‹Dane in Spain› fühlt sich als Europäer. Was man auch bemerkte: Dass sein Englisch zwar noch immer einen dänischen Akzent hat, er aber Worte wie «Jerez» oder «Oloroso» spanischer aussprach als mancher Spanier! Schliesslich lebt er seit über 30 Jahren auf der iberischen Halbinsel. Wo sieht er denn seine Heimat? «Ich bin zwar ein ‹Dane in Spain›», reimte er, «aber ich fühle mich in erster Linie als Europäer.» Und welche Weine mag er am wenigsten? Klare Antwort: «Die langweiligen.»  Dass die erste Fassprobe, die er im Leben erlebt hat, sich mit dem französischen Überjahrgang 1982 befasste, mache für ihn die Sache auch nicht einfacher. «Wer weiss, ob ich jemals wieder einen solchen Jahrgang verkosten darf?» 

Sissecks Lob für Starchef Heiko Nieder. Beim Essen in «The Restaurant» im Hotel Dolder Grand kam schliesslich Sissecks jüngster Jahrgang ins Glas. Und allmählich schien sich der Kultwinzer wohler zu fühlen. Er erzählte pointiert, dass er weder Möchtegern-Winzer noch Möchtegern-Küchenchefs allzu toll findet. Und dass er manchmal Mühe habe mit der dunklen Farbe seiner eigenen Weine: «Sie suggeriert etwas anderes, als ich aromatisch eigentlich anstrebe.» Die besten Gänge, die Heiko zum munteren Tischgespräch auftischte? Hummer mit grünem Curry, Avocado und Kräutern. Blumenkohlsuppe mit Milken und Röstzwiebeln. Nicht zuletzt die besagte Taube mit Périgord-Trüffel, Morcheln und Vin Jaune. Jedenfalls stand für Peter Sisseck am Ende fest: «Dieser Heiko Nieder ist für mich definitiv kein Wannabe-Chef!» 

 

>> Sissecks Weine sind erhältlich bei www.casadelvino.ch