Text/Fotos: David Schnapp
1 — DAS LOKAL
Das erste «Più» an der Europaallee war für die Bindella-Gruppe ein grosser Schritt nach vorn und durchaus auch ein Wagnis. Rudi Bindella Jr., der das Konzept entwickelt hat, wollte eine urbane moderne Pizzeria schaffen. Ins «Più» flossen aber auch die Erfahrungen von Bruder Christian Bindella ein, der ein Restaurant in Tel Aviv betrieben hatte. Gleichzeitig hat man sich ins Take-Away-Geschäft vorgewagt. Auch wenn das natürlich den Zeichen der Zeit entspricht, war es trotzdem kein ganz einfacher Schritt, der auch etwas Lehrgeld gekostet hat, wie Rudi Jr. heute zugibt.
Im Herbst 2017 öffnete das «Più Schiffbau», das Konzept hatte sich als so erfolgreich erwiesen, dass ein weiterer Standort fast zwingend war. Im Einzugsgebiet des hellen, geschmackvoll eingerichteten Lokals liegen der Prime Tower, Banken, prominente Anwaltskanzleien, die Tonhalle Maag und natürlich das Theater Schiffbau. So ändert sich das Gästeprofil immer wieder, mittags ist Business-Lunch angesagt, abends und am Wochenende beginnt man seinen Ausgang hier und am Wochenende werden Geburtstage gefeiert oder Familien mit Kindern kehren ein. Dass Gastgeber James Nicklin an einem Tag 500 Gäste empfängt, ist eher die Regel als die Ausnahme. Er habe an einem besonders starken Wochenende einen Tisch auch schon viermal besetzen können, verrät der Restaurantleiter.
2 — DIE GASTGEBER
KÜCHENCHEF: Federico Pinelli
GASTGEBER: James Nicklin
SERVICE: Alessia Sgroi
James Nicklin steht seit der Eröffnung des «Più Schiffbau» an der Front, davor war er unter anderem im «Terrasse» am Bellevue oder im «Santa Lucia» Schaffhausen. Er versteht seine Rolle als Restaurantleiter so: «Ich bin der Gärtner, der den Humus bereitstellt, auf dem die Dinge wachsen können.» Nicklin schafft eine Atmosphäre, in der seine Leute Spass an der Arbeit haben, «und das spüren die Gäste sofort», sagt er.
Neben erfahrenen Servicekräften wie Alessia Sgroi, die schon im «Più Europaallee» die Gäste versorgt hat, ist Küchenchef Federico Pinelli ein wichtiger Erfolgsfaktor des modernen Ristorante. Der Italiener aus Verona hat fünf Jahre beim Schweizer Starchef Anton Mosimann in London gearbeitet, eineinhalb Jahre davon war er der Head Chef in Mosimanns Club-Restaurant, das nur für Mitglieder zugänglich ist. So verbindet Pinelli heute das Beste aus mehreren Welten: italienische Produkte, französische Kochtechnik und eine englische Note werden gekonnt kombiniert.
3 — DIE KARTE
Natürlich, das «Più Schiffbau» ist ein Pizzeria, fünf Pizzaiolos sind dafür verantwortlich, dass in dem wunderschön gemauerten Holzofen eine hervorragende Pizza in bester neapolitanischer Handwerkstradition gebacken wird. Zum «Più»-Prinzip gehört, dass man die Pizzas entweder fertig komponiert bestellt, oder aber es kommen verschiedene Zutaten nach Wunsch auf den Tisch, die man nach Lust und Laune teilen und über seine Pizza geben kann.
Trotzdem ist das «Più Schiffbau» weit mehr als eine Pizzeria. Dafür sorgt Frederico Pinelli, der eine hervorragende mediterrane Küche zubereitet, wovon sich leicht überzeugen lassen kann, wer ein paar Gerichte à la carte bestellt: Wir empfehlen etwa den kurzgebratenen Tunfisch in der Pistazienkruste mit würzigem, gut abgeschmecktem Tomatensalat. Oder die – natürlich! – perfekt al dente gekochten Spaghetti an einer einfachen, aber schmackhaften Sauce aus Tomaten und Auberginen. Dazu gibt es cremigen Burrata. Ein Highlight ist schliesslich das aufwendig zubereitete Lamm: Der Hals wird 24 Stunden in Flüssigbeize eingelegt, dann gerollt und sieben Stunden bei 85 Grad sous-vide langsam gegart. Das Resultat ist zartes Fleisch mit viel Geschmack, dazu gibt es rosa gebratene Racks und Liebesgrüsse aus England: das feine Minzpesto passt mit seiner Frische perfekt zum aromatischen Lamm und dem klassischen Jus. Kurz: Es lohnt sich, im «Più Schiffbau» über die Seite mit den Pizzas hinauszublättern.