Text: David Schnapp Fotos: Valeriano Di Domenico
Herzblut statt Punkte. Souverän posiert die Frau der Stunde mit Blumenstrauss und gelber Tafel: Marlene Halter, die Köchin und Inhaber der «Metzg», mitten im Zürcher Kreis 4, hat eben die Auszeichnung für das erste GaultMillau POP des Jahres überhaupt bekommen. Diese neue, junge und urbane Restaurant-Kategorie dreht sich nicht um Punkte sondern um Leute wie Marlene Halter (grosses Bild oben mit Blogger Pascal Grob), die aus Überzeugung und mit Herzblut Gastronomie betreiben. Ihr Ziel ist es, das Einfache aussergewöhnlich gut zu machen. Partner für GaultMillau POP: American Express.
Neue Lockerheit. «Die Szene bewegt sich und wir bewegen uns mit», sagt GaultMillau-Chefredaktor Urs Heller über die neue POP-Welt. Und Züri-isst-Blogger Pascal Grob, einer der Entdecker der «Metzg», erklärt, was den Ort einzigartig macht: «Solche Lokale haben eine neue Lockerheit in die Gastronomie gebracht und gleichzeitig verfolgt Marlene ihre Ideen konsequent und kompromisslos. Fleisch ist hier das Thema, und es erfährt eine einmalige Wertschätzung. Aber auch die Gemüsebeilagen sind besser als anderswo.» Die «Metzg» sei aber nicht nur Beiz sondern auch Metzgerei und Naturweinhandel, auch diese Vielfältigkeit zeichne sie aus, so Food-Blogger Grob.
«Etwas mit Fleisch.» Marlene Halter bringt ihre Idee vom eigenen Lokal mit wenigen Worten auf den Punkt: «Ich wollte etwas mit Fleisch machen.» Den überstrapazierten Ausdruck «Nose to tail» will sie nicht verwenden, für sie ist die Verwertung ganzer Tiere kein Marketing-Gag sondern eine Selbstverständlichkeit: «Kalbfleisch und Edelstücke finde ich kulinarisch uninteressant, bei uns gibt es stattdessen Schwein, Lamm, Gitzi, Damhirsch und Rind.» Die Gäste der POP-des-Jahres Party werden überrascht mit hervorragenden Häppchen wie hausgemachter Trüffelwurst und Fenchelsalsicca, Damhirschherz mit Shiso, Hals von der Molkensau, Fleischkäse, Feige mit Geisskäse oder Gitzirippli mit Honig und Rosmarin.
In zwei Welten zu Hause. Unter den Gästen ist auch Koch des Jahres Heiko Nieder mit Gattin Daniela und den beiden Töchtern Lisa und Amelie. Daniela Nieder ist von einem rein vegetarischen Häppchen begeistert: Aubergine mit Miso und Sesam. «Kannst du das auch mal für mich kochen?», fragt sie ihren Mann. «Für dich koche ich alles», antwortet der 18-Punkte-Chef. Sein Kollege Nenad Mlinarevic kennt beide Welten, weiss wie man auf höchstem Niveau arbeitet, aber auch wie «einfach und gut» geht. Zusammen mit seinen Geschäftspartnern Patrick Schindler und Valentin Diem eröffnet er Ende Jahr die «Neue Taverne», wo Fleisch statt Gemüse im Mittelpunkt steht. «Wir haben eben den Steinbelag ausgewählt, den wir in der Küche verbauen lassen», erzählt Mlinarevic.
Diskussion unter Gastronomen. Grosses Thema unter den anwesenden jungen Gastronomen, die Zürich gerade ein neues kulinarisches Gesicht geben, ist das modische Sharing, wie es nicht nur in Nenads «Bauernschänke», sondern auch im «Gül» und «Rosi» von Elif Oskan und Markus Stöckle praktiziert wird. «Ich würde ja gar keine Gerichte zum Teilen servieren, aber meine Küche ist so klein, dass ich gar nichts Anderes machen kann», sagt lachend Marius Frehner, der mit «Gamper», «Gamper Bar» und «Wermut» drei innovative Betriebe im Kreis 4 führt.
Blut-Brownie zum Schluss. Zu den Unterstützern dieser neuen POP-Welt im GaultMillau gehört American Express. Swisscard-Geschäftsleitungsmitglied Alex Friedli erklärt, was ihn an coolen Beizen reizt: «Wir haben eine Klientel, die sehr gern isst.» Und diese Kunden schätze innovative Konzepte wie die «Metzg», sagt der Kreditkartenmanager. Als kleines Geschenk für die Auszeichnung «POP des Jahres» werden der «Metzg» für ein Jahr die Kreditkartengebühren erlassen. Marlene Halter feiert mit Freunden und Mitarbeitern, die zum Schluss noch drei Desserthäppchen herumreichen – ganz im «Metzg»-Stil natürlich: Brownie mit Blut, Kastanienkuchen mit Rahm und Zwetschenkuchen.