Text: Anita Lehmeier | Fotos: David Birri
SBRINZ AOP VON DER ALP ENGENLAUENEN. Das Entlebuch bringt richtig starke Typen hervor. Zum Beispiel den frisch gekürten Schwingerkönig Joel Wicki aus Sörenberg. Oder den kräftig-charaktervollen Alp Sbrinz AOP von Peter Portmann aus Schüpfheim. Während der 120 Alptage im Sommer leben und arbeiten Portmann und seine Partnerin Susanna auf der Alp Engenlauenen in einer der urigsten Alpkäsereien des Landes. Auf 1294 Meter über Meer gelegen, fernab von stabilem Handynetz und GPS-Ortung. Der Weg hoch zur Alpkäserei führt über einspurige Naturstrassen, durch Wälder und Wiesen und den Klein-Gotthard, einen Mini-Tunnel durch eine Felsnase, ein paar Kurven und Höhenmeter weiter hoch am Fruttegg-Beizli vorbei. Der Betrieb liegt eingebettet zwischen den sanften, grünen Hügeln des Entlebuchs und dem schroffen Felsmassiv der Schafmatt, das sich fast 2000 Meter imposant hoch in den Himmel erhebt. Haus, Stall und Käserei wurden 1959 erbaut und bis 1981 von Portmanns Onkel betrieben, dann übernahm Peter die Alpkäserei. Grosses Bild oben: Hoch oben im Entlebuch auf 1294 Meter liegt die Engenlauenen-Alp, ein Paradies für Kühe. Hier fertigt Peter Portmann an jedem der 120 Alptage einen Alp Sbrinz AOP.
POWER-DUO AM KESSI. Seit 16 Jahren steht ihm Susanna Lardi tatkräftig zur Seite. Die Lebensmittel-Ingenieurin aus dem Tessin hatte einen Sommer lang ihre Auszeit vom Labor hier oben auf der Engenlauenen-Alp verbracht – und ist geblieben. Mittlerweile hat sie das Käsen ebenso sicher im Griff und im Gespür wie der Hausherr. Bei unserem Besuch war sie es, die den täglichen Laib Alp Sbrinz AOP herstellte – ein seltener Anblick. Denn käsende Frauen sind hierzulande so rar wie Schwingerkönige. Nur die letzte Aufgabe des Tages, das Runtertragen des 40 Kilo schweren Laibes von der Käsi über die Aussentreppen in den Keller, überlässt sie gern ihm, dem Mann mit den muskulösen Armen. Unterirdisch im Dunkeln ruhen die Laibe zwei Tage, bevor sie für achtzehn Tage im Salzbad schwimmen und regelmässig gedreht werden. Täglich kommt einer rein und einer raus. Das Wasser in der 1500-Liter-Wanne ist mit 400 Kilo Salz gesättigt, täglich streut Portmann weitere ein bis zwei Kilo Salz auf die Laibe. Die Lake dringt tief in den Käse, verleiht ihm Aroma und Rinde. Nach dem Bad kommen die Laibe erst in den Schwitz-, dann in den Lagerkeller, wo sie dreimal wöchentlich gedreht und abgerieben werden – natürlich von Hand.
VON HAND EINGEFEUERT. In jedem Alp Sbrinz AOP steckt eine Menge Handarbeit, bei Portmanns noch ein bisschen mehr. Sie ziehen zum Beispiel die Kulturen zum Käsen selber, aus der Molke vom Vortag. «Die brauchen dasselbe wie wir Menschen: Wärme, Flüssigkeit, Nährstoffe und Sauerstoff», erklärt Portmann. Die Kulturen lagern in einem Steingut-Butterfass in einem Gänterli neben der Käsi. Auf der Engenlauenen-Alp wird das mächtige 500-Liter-Kupferkessi von Hand eingefeuert, mit eigenem Tannenholz, das Portmann selbst spaltet, sieben Klafter pro Alpsaison. Der Besmer-Ofen, der das Kessi heizt, hat das gleiche Baujahr wie der Alpbetrieb, 1959. «Er funktioniert so gut wie am ersten Tag», sagt Portmann. Einheizen und Regulieren der Temperatur brauchen Muskelkraft und Erfahrung, immer wieder legt Susanna Holzscheite in den rotglühenden Ofenschlund nach. Zusätzlich zum Zwei-Gang-Rührwerk, das auf den Kessel montiert ist, rührt die Käserin die Gallerte mit einer Holzkelle kräftig durch. «Das ist nötig, weil der Ofen nur von einer Seite her heizt und die Temperatur überall im Kessel gleich sein muss», erklärt sie. Wenn die Plastikschaufel in der Masse stecken bleibt, hat sie die richtige Konsistenz. Nun zieht die Käserin eine Harfe mit Metallsaiten ausdauernd und doppelhändig durchs Kessi, bis der Bruch so klein ist wie Perlen. Zum Abpumpen kommt nun ein Motörchen zum Einsatz, das neben dem Haus vor sich hin knattert. Ebenfalls eine Antiquität, die ihren Dienst seit Jahrzehnten tadellos tut. Die Masse wird dann durch einen dicken Schlauch in die Pressform mit Löchern abgepumpt. Die Molke fliesst durch die Löcher ab, wird in Eimern aufgefangen und in eine Wanne mit Rädern umgefüllt. Eine Presse mit tausend Kilo Druckkraft quetscht weitere Flüssigkeit aus dem Bruch, während Susanna schon mit dem Scheuern des Kessi und dem Putzen des Raumes anfängt. «Über die Hälfte aller Arbeiten ist Reinigung. Die Hygieneregeln gelten hier so strikt wie überall», erklärt die Fachfrau.
25 MITARBEITERINNEN, 34 KOSTGÄNGER. Peter Portmann wird die süssliche Molke später in den Stall schieben zu seinen 34 Alpsäuli, die ihren Bauer und ihre Leibspeise mit lautem Gequieke willkommen heissen. Er ist auch für die 25 Kühe zuständig, die die Milch für seinen Alp Sbrinz AOP liefern. Zusätzlich bezieht Portmann Milch von den Kühen seines Bruders Josef von Nachbarhof, 50 bis 150 Liter täglich. In der Alpkäserei entstehen so pro Saison 120 bis 130 Laibe, rund fünf bis sechs Tonnen Alp Sbrinz AOP. Einen Teil davon verkauft er ab Hof, viele Biker und Wanderinnen, die die idyllische Landschaft für sich entdeckt haben, shoppen direkt ab Alp. Einen anderen Teil der Laibe holt Ende Sommer der Chamer Händler Lustenberger & Dürst ab. Und ein Teil kommt bei Peter und Susanne auf den Tisch, täglich. «Ich mag den jüngeren lieber als den alten. Da schmeckt man die gute Milch des Entlebuchs noch besser raus», schwärmt Portmann.
>> Käserei Engenlauenen-Alp
Peter Portmann
Taladresse:
Obermoos
6170 Schüpfheim
Tel. 041 484 22 52
www.sbrinz.ch/herkunft/#die-kaeser
>> Tipp zur Anreise: Im GPS Käserei Engenlauenen-Alp eingeben, Eingabe Alp Engenlauenen führt ins Abseits.